Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.Achter Abschnitt. Gartenmäßige Verschönerung VII. Landstraße. 1. Nichts kündigt lebhafter die Cultur eines Landes und den weisen Geist seiner Re- Kein Volk hat jemals auf die Einrichtung seiner Landstraßen mehr Thätigkeit Land-
Achter Abſchnitt. Gartenmaͤßige Verſchoͤnerung VII. Landſtraße. 1. Nichts kuͤndigt lebhafter die Cultur eines Landes und den weiſen Geiſt ſeiner Re- Kein Volk hat jemals auf die Einrichtung ſeiner Landſtraßen mehr Thaͤtigkeit Land-
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Achter Abſchnitt. Gartenmaͤßige Verſchoͤnerung
VII.
Landſtraße.
1.
Nichts kuͤndigt lebhafter die Cultur eines Landes und den weiſen Geiſt ſeiner Re-
glerung an, als wohl angelegte Landſtraßen. Aber auch ihr gaͤnzlicher Man-
gel faͤllt dem gemeinſten Begriff von oͤffentlicher Ordnung ſchon ſo ſehr auf, daß da-
durch ein nachtheiliger Schluß auf Landesherren und Obrigkeiten faſt unvermeidlich
wird. Es iſt nicht genug, daß gute Landſtraßen die Verbindung unter den verſchie-
denen Theilen eines Reichs erleichtern, daß ſie das Reiſen und den Handel befoͤrdern,
daß ſie die Schoͤnheit ſowohl der Staͤdte als auch der Provinzen erhoͤhen. Sie ſind
ſelbſt unentbehrlich, um ganze Voͤlker vor Wildheit und Barbarey zu bewahren, um
ihre Unterwuͤrfigkeit unter dem Willen der Geſetze zu erleichtern, um den Gang der
Gerechtigkeit zu beſchleunigen, um die wohlthaͤtigen Wirkungen des geſellſchaftlichen
Lebens und um gegenſeitige Nothhuͤlfe zu befoͤrdern.
Kein Volk hat jemals auf die Einrichtung ſeiner Landſtraßen mehr Thaͤtigkeit
bewieſen, als die Roͤmer, die keine Art von großen und gemeinnuͤtzigen Unterneh-
mungen unterließen. Bey der ungeheuern Groͤße dieſes Reichs befoͤrderten die Land-
ſtraßen nicht blos die Bequemlichkeit der Reiſenden, die aus allen Laͤndern nach Rom
ſtroͤmten, ſondern auch die Maͤrſche der Armeen und die ſchnelle Verbreitung der
Verordnungen der Regierung. Man ſah die Anlegung oder Verbeſſerung der Heer-
ſtraßen als ein ſo großes Verdienſt an, daß der Senat deswegen dem Auguſt, dem
Veſpaſian und dem Trajan Ehrenpforten errichtete. Die roͤmiſchen Heerſtraßen
erſtreckten ſich von den aͤußerſten abendlaͤndiſchen Gegenden von Europa und Africa
bis in klein Aſien. Sie hatten eine Laͤnge von 1500 bis 1600 Meilen, und in
dieſer Laͤnge liefen ſie von Rom an gerechnet fuͤnf und zwanzigmal durch das Reich.
Man gieng durch Seen und Moraͤſte, man durchbrach Berge und Felſen, um den
Heerſtraßen, ſo viel geſchehen konnte, den kuͤrzeſten und geradeſten Fortlauf zu ge-
ben. Jede Meile war mit einer Saͤule bemerkt. Dieſe Meilenſaͤulen waren bald
rund, bald viereckigt, bald von einer andern Figur; acht bis neun Fuß hoch; und
ſtanden auf kleinen Fußgeſtellen. Sie hatten Aufſchriften, welche die Meilenzahl
der Entfernung von Rom anzeigten, oft zugleich als Denkmaͤler zum Ruhm der
Wohlthaͤter, welche die Straße anlegen laſſen, errichtet waren. Neben den Mei-
lenſaͤulen pflegten die Roͤmer noch andere Steine hinzuſetzen, die wie Stufen oder
kleine Fußgeſtelle ausgehauen waren, und zum Ausruhen fuͤr muͤde Fußgaͤnger und
zum Aufſteigen der Reitenden dienten. Sie verſchoͤnerten außerdem die Seiten der
Land-
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