Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 4. Leipzig, 1782.nach dem Charakter der Gegenden. Reihe von romantischen Anlagen und Gärten denken läßt, die sich alle neben einanderdurch starke ausgezeichnete Pinselstriche unterscheiden. Nur darf der Gartenkünstler hier, wo fast alles auf die Laune der Natur ankommt, am wenigsten verlangen, daß sie gerade in seiner Gegend alle Züge des Romantischen vereinige, die sie hin und wie- der in ihren Gemälden erscheinen läßt. Wie viel Abwechselung von Zügen in diesen Gemälden des Romantischen! a. Der Waldstädter-See in der Schweitz.*) Der Waldstädter-See, oder der See der IV Cantons, ist ohne Vergleich ger, *) Coxe Briefe über die Schweitz. Aus dem Engl. 8. 1781. 11ter Br. M 2
nach dem Charakter der Gegenden. Reihe von romantiſchen Anlagen und Gaͤrten denken laͤßt, die ſich alle neben einanderdurch ſtarke ausgezeichnete Pinſelſtriche unterſcheiden. Nur darf der Gartenkuͤnſtler hier, wo faſt alles auf die Laune der Natur ankommt, am wenigſten verlangen, daß ſie gerade in ſeiner Gegend alle Zuͤge des Romantiſchen vereinige, die ſie hin und wie- der in ihren Gemaͤlden erſcheinen laͤßt. Wie viel Abwechſelung von Zuͤgen in dieſen Gemaͤlden des Romantiſchen! a. Der Waldſtaͤdter-See in der Schweitz.*) Der Waldſtaͤdter-See, oder der See der IV Cantons, iſt ohne Vergleich ger, *) Coxe Briefe uͤber die Schweitz. Aus dem Engl. 8. 1781. 11ter Br. M 2
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nach dem Charakter der Gegenden.
Reihe von romantiſchen Anlagen und Gaͤrten denken laͤßt, die ſich alle neben einander
durch ſtarke ausgezeichnete Pinſelſtriche unterſcheiden. Nur darf der Gartenkuͤnſtler
hier, wo faſt alles auf die Laune der Natur ankommt, am wenigſten verlangen, daß
ſie gerade in ſeiner Gegend alle Zuͤge des Romantiſchen vereinige, die ſie hin und wie-
der in ihren Gemaͤlden erſcheinen laͤßt.
Wie viel Abwechſelung von Zuͤgen in dieſen Gemaͤlden des Romantiſchen!
Bald iſt es ein Klump waldigter Inſeln, die in geſpitzten Hoͤhen vom Rande des
Waſſers ſich erheben, wo die Zweige der Baͤume in den See tauchen; ſo ſteigen in
dem See Earne in Irland unzaͤhlige Huͤgel mit dunkeln Waͤldern aus der Waſſer-
flaͤche kuͤhn empor, und bilden gleichſam eine große krumme Straße, auf welcher die
Fahrzeuge durchſegeln. Bald iſt es eine Reihe von Bergen, mit Fichten bewachſen,
uͤber deren gruͤne Spitzen ſich der kahle mit beſtaͤndigem Schnee bedeckte Gipfel erhebt,
wie in ſo vielen Gegenden der Schweitz. Doch hier ſind einige ausfuͤhrliche Ge-
maͤlde von romantiſchen Gegenden.
a.
Der Waldſtaͤdter-See in der Schweitz. *)
Der Waldſtaͤdter-See, oder der See der IV Cantons, iſt ohne Vergleich
das ſchoͤnſte und mannigfaltigſte Gewaͤſſer, das man je von der Art ſehen kann. Der
obere Arm, oder der Lucerner-See, hat die Geſtalt eines Kreuzes, deſſen Seiten-
arme ſich von Kuͤßnacht nach Dallenwall, einem kleinen Dorf bey Stanz, dem
Hauptorte des Cantons Unterwalden, erſtrecken. Gegen die Stadt Lucern hin,
die auf dem nordweſtlichen Winkel des Sees herrlich ins Auge faͤllt, iſt er von ange-
bauten Huͤgeln eingeſchloſſen, welche ſich gegen das Waſſer herab ſtufenweiſe ernie-
drigen, und mit der ungeheuren Maſſe der nackten rauhen Felſen auf der andern Seite
ſtark abſtechen. Der Pilatusberg hebt ſich trotzig aus dem See, und iſt vielleicht
einer der hoͤchſten Berge in der Schweitz, wenn man ihn von ſeinem Fuß auf, und
nicht von der Oberflaͤche des Meeres meſſen will. Er iſt ein einzelner, abgerißner
Berg, und ſein Gipfel iſt in zwey rauhe Spitzen geſpalten, die das herrlichſte Anſe-
hen haben, wenn ſie mit Wolken bedeckt ſind. Gegen das Ende dieſes Arms draͤn-
gen ſich die Berge zuſammen, und ſchließen den See in einen Buſen ein, der kaum
eine halbe Stunde breit iſt; gleich darauf erweitert er ſich wieder, und da kommt man
in den zweyten Arm, oder den Schweitzerſee; gegen Weſten liegt der Canton Un-
terwalden, gegen Oſten der Canton Schweitz. Hier ſind die Berge viel praͤchti-
ger,
*) Coxe Briefe uͤber die Schweitz. Aus dem Engl. 8. 1781. 11ter Br.
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