Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780.Beschreibungen von Gärten. verschiedenen Orten entdecken. Hinter den Ruinen ist eine Pflanzung von allerley Ar-ten feiner Nadelhölzer angelegt. Niedriger liegt ein kleines Eremitenhäuschen, das auf russische Art aus ganzen Stämmen erbauet, und mit Stroh gedeckt ist. Inwen- dig herrscht die niedlichste Sauberkeit und Einfalt. Von da geht ein Gang zu einem durch Kunst hervorgebrachten Berge, der sich mit einem von hohen Pappeln beschatte- ten runden Platz schließt. An der entgegengesetzten Seite ist der Küchengarten nebst der Wohnung des Gärtners angelegt. Das Ganze der Anlage bildet den pikantesten Anblick, und zeugt von der blü- 2. Näher nach der Stadt zu liegt auf derselben Anhöhe der Garten des Herrn Ober- 3. In der Stadt Darmstadt selbst, ist hinter dem Schloß der herrschaftliche Kü- von II Band. Y
Beſchreibungen von Gaͤrten. verſchiedenen Orten entdecken. Hinter den Ruinen iſt eine Pflanzung von allerley Ar-ten feiner Nadelhoͤlzer angelegt. Niedriger liegt ein kleines Eremitenhaͤuschen, das auf ruſſiſche Art aus ganzen Staͤmmen erbauet, und mit Stroh gedeckt iſt. Inwen- dig herrſcht die niedlichſte Sauberkeit und Einfalt. Von da geht ein Gang zu einem durch Kunſt hervorgebrachten Berge, der ſich mit einem von hohen Pappeln beſchatte- ten runden Platz ſchließt. An der entgegengeſetzten Seite iſt der Kuͤchengarten nebſt der Wohnung des Gaͤrtners angelegt. Das Ganze der Anlage bildet den pikanteſten Anblick, und zeugt von der bluͤ- 2. Naͤher nach der Stadt zu liegt auf derſelben Anhoͤhe der Garten des Herrn Ober- 3. In der Stadt Darmſtadt ſelbſt, iſt hinter dem Schloß der herrſchaftliche Kuͤ- von II Band. Y
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Beſchreibungen von Gaͤrten.
verſchiedenen Orten entdecken. Hinter den Ruinen iſt eine Pflanzung von allerley Ar-
ten feiner Nadelhoͤlzer angelegt. Niedriger liegt ein kleines Eremitenhaͤuschen, das
auf ruſſiſche Art aus ganzen Staͤmmen erbauet, und mit Stroh gedeckt iſt. Inwen-
dig herrſcht die niedlichſte Sauberkeit und Einfalt. Von da geht ein Gang zu einem
durch Kunſt hervorgebrachten Berge, der ſich mit einem von hohen Pappeln beſchatte-
ten runden Platz ſchließt. An der entgegengeſetzten Seite iſt der Kuͤchengarten nebſt
der Wohnung des Gaͤrtners angelegt.
Das Ganze der Anlage bildet den pikanteſten Anblick, und zeugt von der bluͤ-
henden Imagination ſeines Erfinders. Bey einer gluͤcklichen Beleuchtung entdeckt
man die ſchoͤnſten Maſſen, und der Zeichner wird uͤberall verſucht, ſein Portefeuille aufs
Knie zu nehmen. Die gluͤcklichſten Einfaͤlle ſind uͤberall mit einer ſolchen Klugheit
ausgefuͤhrt, und die Wirkung iſt ſo fein berechnet, daß man nicht weiß, ob man mehr
der Beurtheilung oder dem Gefuͤhl das Lob ſprechen ſoll. Man hat weder verſucht,
eine Wildniß zu erſchaffen, noch das Große der Natur auf einen Tiſch zu zaubern,
wie ſo viele mit Aengſtlichkeit ſuchen; ſondern es iſt ein angenehmer Morgentraum rea-
liſirt, und ein heitrer Ruheort fuͤr die Seele des empfindungsvollen Beobachters be-
reitet worden.
2.
Naͤher nach der Stadt zu liegt auf derſelben Anhoͤhe der Garten des Herrn Ober-
jaͤgermeiſters, Baron von Riedeſel. Es iſt eigentlich eine große Meyerey, die viele
Morgen Landes mit den anmuthigſten Abhaͤngen enthaͤlt. Der Eingang iſt durch den
Hof des Hauſes. Hier ſieht man die ſchoͤnſte Art Schweizervieh in den reinlichſten
Staͤllen. Auf der einen Seite werden die feinſten Sorten von Obſt und Wein gezo-
gen. Wenn man zu dem Boſquet hinabgeht, zeigt ſich rechts ein Vogelhaus, und
gegenuͤber eine kleine Faſanerie, woran ein Teich ſtoͤßt, der mit den ſchoͤnſten baby-
loniſchen Weiden umgeben iſt, und gegenuͤber einen Salon von Linden hat. Die
Hauptallee endigt ſich mit einem Springbrunnen. Rechter Hand iſt am Ende des
Gartens ein chineſiſches Haus, das ein mit vielem Geſchmack angelegtes Bad enthaͤlt,
und die Ausſicht auf die Landſtraße genießen laͤßt. Geht man auf der andern Seite
hinauf, ſo ſieht man rechter Hand ein wohlgebautes weites Feld, woran oben links
ein Weinberg ſtoͤßt, rechts aber ſich ein kleines Gebuͤſch zeigt, worin ein Eremiten-
haͤuschen neben einer mineraliſchen Quelle gebauet iſt. Von Ferne ſieht man ein
Belvedere im chineſiſchen Geſchmack.
3.
In der Stadt Darmſtadt ſelbſt, iſt hinter dem Schloß der herrſchaftliche Kuͤ-
chengarten in einen Garten im neuen Geſchmack umgeſchaffen. Ein kleines Gehoͤlz
von
II Band. Y
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