Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 1. Leipzig, 1779.Erster Abschnitt. Aussicht in die Gärten 7. Gärten in Deutschland. Die Gärten in Deutschland sind lange durchgängig der symmetrischen Ma- Vernunft und Geschmack fangen indessen jetzt an, wenigstens als eine schöne Die Nachrichten von der engländischen Gartenverbesserung haben, die Wahr- Erwar-
Erſter Abſchnitt. Ausſicht in die Gaͤrten 7. Gaͤrten in Deutſchland. Die Gaͤrten in Deutſchland ſind lange durchgaͤngig der ſymmetriſchen Ma- Vernunft und Geſchmack fangen indeſſen jetzt an, wenigſtens als eine ſchoͤne Die Nachrichten von der englaͤndiſchen Gartenverbeſſerung haben, die Wahr- Erwar-
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Erſter Abſchnitt. Ausſicht in die Gaͤrten
7.
Gaͤrten in Deutſchland.
Die Gaͤrten in Deutſchland ſind lange durchgaͤngig der ſymmetriſchen Ma-
nier unterworfen geweſen, und man glaubte bey uns, ſo wie in andern Laͤndern, daß
nur dieſe die richtige ſey. Unſre Architekturlehrer, welche ebenfalls die Anlage der
Gaͤrten unter ihr Gebiet zogen, verbreiteten dieſes Vorurtheil, indem ſie ihr die Re-
gelmaͤßigkeit vorzeichneten. Noch mehr wirkte die Gallomanie, eine ſonderbare
Krankheit bey unſerer Nation, die einen großen Theil derſelben von den Fuͤrſten an
bis zu den Kraͤmern beherrſchte, und gegen welche weder der Spott der Patrioten,
noch die Denkmaͤler, die unſre eigene Kraft und Wuͤrde beweiſen, maͤchtig genug
ſchienen. „So machts der Franzoſe, ſo hab ichs in Frankreich geſehen.“ Dies
war genug, um den erfindſamen Deutſchen zum Nachahmer herabzuwuͤrdigen.
Wir bekamen franzoͤſiſche Gaͤrten, ſo wie wir franzoͤſiſche Moden hatten. Und
um die Nachahmung deſto geſchwinder und allgemeiner zu machen, ſo geruheten un-
ſre Großen das erſte Beyſpiel zu geben, und bald ein klein Verſailles, bald ein klein
Marly, bald ein klein Trianon, alles aber in beſcheidener Miniatur, anlegen zu
laſſen. Bald pfropften wir unſere Gaͤrten, anſtatt edler Baͤume, mit elenden Klum-
pen von todtem Holz und Stein voll, die mit dem Namen von Statuen beehrt wur-
den; bald ahmten wir dem verſchwenderiſchen Pomp hollaͤndiſcher Blumenflu-
ren nach.
Vernunft und Geſchmack fangen indeſſen jetzt an, wenigſtens als eine ſchoͤne
Morgenroͤthe, uͤber unſre Gaͤrten aufzugehen. Bey einer Nation, die vielleicht mehr
als eine andere gegen die Schoͤnheiten der Natur empfindlich iſt, mehr als eine an-
dere die maleriſche Idylle liebt, konnte es nur die Verblendung der Nachahmung
ſeyn, die ſie auf eine Zeit taͤuſchte. Ein Selbſtbetrug, der ſo wahren und ſo maͤch-
tigen Gefuͤhlen entgegen war, konnte nicht lange dauern; und die Nachahmung
mußte wenigſtens einen Stillſtand haben, nachdem man es einmal empfand, wie
weit ſie irre fuͤhrte.
Die Nachrichten von der englaͤndiſchen Gartenverbeſſerung haben, die Wahr-
heit zu geſtehen, wohl die erſte Aufheiterung uͤber dieſen Gegenſtand in Deutſchland
vorbereitet. Wir duͤrfen noch uͤber keine ploͤtzliche Revolution, keine ſehr verbreitete
Nachahmung klagen. Es ſcheint, daß eigene Ueberlegung wirkſam wird, die im-
mer einen langſamern Gang haͤlt, als bloße Nachahmung. Es mag hie und da
wohl einzelne unuͤberlegte Copien der englaͤndiſchen Manier, ſelbſt einige Nachaͤffun-
gen chineſiſcher Seltſamkeiten geben. Aber im Ganzen ſcheint doch die angenehme
Erwar-
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