Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 1. Leipzig, 1779.der Alten und der Neuen. II. Gärten des Alterthums. Unter allen Nationen des Alterthums sind die Römer am meisten wegen ihrer 1. Schwebende Gärten der Babylonier. Man hat der Babylonischen Gärten nicht gedenken können, ohne in eine Art Man nehme auf einige Augenblicke an, daß die Beschreibungen des Dio- Aber wenn es nun auch mit der Glaubwürdigkeit dieser Schriftsteller nicht gar raculum *) Lib. 2. cap. 4. **) Lib. 15. ***) Lib. 5. cap. 1.
der Alten und der Neuen. II. Gaͤrten des Alterthums. Unter allen Nationen des Alterthums ſind die Roͤmer am meiſten wegen ihrer 1. Schwebende Gaͤrten der Babylonier. Man hat der Babyloniſchen Gaͤrten nicht gedenken koͤnnen, ohne in eine Art Man nehme auf einige Augenblicke an, daß die Beſchreibungen des Dio- Aber wenn es nun auch mit der Glaubwuͤrdigkeit dieſer Schriftſteller nicht gar raculum *) Lib. 2. cap. 4. **) Lib. 15. ***) Lib. 5. cap. 1.
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der Alten und der Neuen.
II.
Gaͤrten des Alterthums.
Unter allen Nationen des Alterthums ſind die Roͤmer am meiſten wegen ihrer
Landhaͤuſer und Gaͤrten beruͤhmt geweſen. Gleichwohl geſchiehet ſchon lange
vor ihnen bey aͤltern Voͤlkern Erwaͤhnung von Gaͤrten, die damals nach dem Ge-
ſchmack der Zeit ihren Werth moͤgen gehabt haben, die aber von einigen neuern
Schriftſtellern uͤbermaͤßig erhoben worden, weil ſie, anſtatt ſie naͤher zu unterſuchen,
den uͤbertriebenen Lobſpruͤchen anderer nachzulallen bequemer fanden.
1.
Schwebende Gaͤrten der Babylonier.
Man hat der Babyloniſchen Gaͤrten nicht gedenken koͤnnen, ohne in eine Art
von Erſtaunen zu fallen, ohne dabey zu wiſſen, woruͤber man erſtaunte. Selbſt der
beruͤhmte Temple trug kein Bedenken zu behaupten, es waͤren die praͤchtigſten Gaͤrten
geweſen, die jemals die Welt geſehen haͤtte. Bey einer naͤhern Betrachtung dieſer
ſchwebenden Gaͤrten aber verliert ſich ein großer Theil von ihrer wunderbaren
Pracht.
Man nehme auf einige Augenblicke an, daß die Beſchreibungen des Dio-
dor, *) Strabo **) und Curtius ***) ihre hiſtoriſche Richtigkeit haben. Nach
dieſen Schriftſtellern waren es kuͤnſtliche Erhoͤhungen, die unten auf Pfeilern ruheten,
oben in dem aufgetragenen Erdreich mit Baͤumen bepflanzt, in verſchiedene Abſaͤtze
vertheilt, und durch eine gewiſſe Waſſerkunſt befruchtet waren. Ich ſehe hier nichts
anders, als ein Werk eines kuͤhnen Geiſtes, der etwas ſeltſames unternehmen wollte,
ohne ſich von einer richtigen Beurtheilung leiten zu laſſen. Es war ein Werk, das
der Natur Trotz bieten ſollte, ein einzelnes gewagtes Werk, das nicht wohl einer
Nachahmung faͤhig war. Noch weniger laͤßt ſich begreifen, wie es den Namen
eines Garten anders, als in einem ſehr ungewoͤhnlichen Verſtande, verdienen
koͤnnen.
Aber wenn es nun auch mit der Glaubwuͤrdigkeit dieſer Schriftſteller nicht gar
zu ſicher ſtuͤnde? Nur der einzige verdaͤchtige Beroſus, der gar zu gern die Selten-
heiten ſeines Landes auf Koſten der Wahrheit erhebt, redet von den Gaͤrten aus ſei-
nem eigenen Zeugniſſe; die andern berichten blos nach andern; und ſelbſt Curtius
ſcheint an ihrer Wirklichkeit zu zweifeln, da er ſie vulgatum Graecorum fabulis mi-
raculum
*) Lib. 2. cap. 4.
**) Lib. 15.
***) Lib. 5. cap. 1.
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