Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 1. Leipzig, 1779.und des neuen Geschmacks in den Gärten. III. Anmerkungen über den alten und den neuen Geschmack. 1. Wir werden weiterhin zuweilen auf die Unschicklichkeit des alten und auf die Aus- Wenn wir das Wesen der alten Manier in der Symmetrie setzen, so wird man Weil die ersten und meisten Gärten neben Gebäuden angelegt wurden, so war Nur selten weiß der menschliche Geist auf der rechten Gränze stehen zu bleiben. bauet I Band. S
und des neuen Geſchmacks in den Gaͤrten. III. Anmerkungen uͤber den alten und den neuen Geſchmack. 1. Wir werden weiterhin zuweilen auf die Unſchicklichkeit des alten und auf die Aus- Wenn wir das Weſen der alten Manier in der Symmetrie ſetzen, ſo wird man Weil die erſten und meiſten Gaͤrten neben Gebaͤuden angelegt wurden, ſo war Nur ſelten weiß der menſchliche Geiſt auf der rechten Graͤnze ſtehen zu bleiben. bauet I Band. S
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und des neuen Geſchmacks in den Gaͤrten.
III.
Anmerkungen uͤber den alten und den neuen Geſchmack.
1.
Wir werden weiterhin zuweilen auf die Unſchicklichkeit des alten und auf die Aus-
ſchweifungen des neuen Geſchmacks ſtoßen; ehe wir dahin kommen, ſcheinen
einige allgemeine Bemerkungen uͤber beyde hier einen Platz zu fordern.
Wenn wir das Weſen der alten Manier in der Symmetrie ſetzen, ſo wird man
wohl ſchon ſo weit aufgeklaͤrt ſeyn, um uͤberhaupt zu wiſſen, daß herrſchende Sym-
metrie in Gaͤrten gegen die Anweiſung der Natur und gegen das Geſetz der Mannig-
faltigkeit iſt. Und wenn wir auch nicht laͤugnen, daß der Menſch ein Wohlgefallen
an Ebenmaaß hat, ſo iſt es doch nicht in den Gaͤrten, wo er dieſe Art des Vergnuͤ-
gens genießen ſoll.
Weil die erſten und meiſten Gaͤrten neben Gebaͤuden angelegt wurden, ſo war
der Irrthum leicht geboren, daß ein Garten nach eben den Regeln, wie ein Gebaͤude,
einzurichten waͤre. Daß der Irrthum entſtand, daruͤber darf man ſich nicht ver-
wundern; aber wohl daruͤber, daß er ſich ſo weit ausbreitete und ſo lange erhielt.
Die Symmetrie durfte nur in einigen Gaͤrten, die einen Ruf gewannen, eingefuͤhrt,
ſie durfte nur von einigen angeſehenen Lehrern der Baukunſt, welche die Gartenkunſt
bald mit unter ihre Herrſchaft zwangen, vorgezeichnet werden; ſo ward ſie leicht von
der Gewohnheit beguͤnſtigt und von dem Vorurtheil beſchuͤtzt. Bey der Leichtigkeit
der ſymmetriſchen Anlagen fand der nachahmende Geiſt ſeine Bequemlichkeit. Man
durfte nur das eine oder das andere Vorbild vor Augen haben, um es bald ohne Muͤ-
he nachzubilden. Und alles, was man an Veraͤnderungen der alten ſteifen Manier
anbringen wollte, blieb ſo klein, ſo unbedeutend, daß Gaͤrten und Gartenriſſe, von
einem Ende Europens bis zu dem andern, ſich faſt immer ſo aͤhnlich ſahen, als
wenn ſie in Einer Schule und nach Einem Modell gemacht waͤren. Wenn ſich der
Geſchmack an der unveraͤnderlichen Regelmaͤßigkeit noch laͤnger erhalten ſollte, ſo iſt
unſtreitig eine Urſache mehr davon dieſe, weil er das, was der mit der Natur uͤber-
einſtimmende Geſchmack erfordert, Beurtheilungskraft, Gefuͤhl und Genie, ſehr be-
quem entbehren kann.
Nur ſelten weiß der menſchliche Geiſt auf der rechten Graͤnze ſtehen zu bleiben.
Man bemerkte, daß dem zunaͤchſt um ein Wohngebaͤude liegenden Platz mehr Ord-
nung und Regelmaͤßigkeit, als den entferntern, zukomme; man vergaß aber zu be-
merken, daß, wenn ſich eben dieſer Platz weiter ausdehnte und zu einem Garten be-
bauet
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