Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855.Sechstes Capitel. Seit jenem Tage wohnte der Sohn nicht wieder In einem klaren Spätherbst finden wir Clemens Sechstes Capitel. Seit jenem Tage wohnte der Sohn nicht wieder In einem klaren Spätherbſt finden wir Clemens <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0067" n="55"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Sechstes Capitel.</hi><lb/> </head> <p>Seit jenem Tage wohnte der Sohn nicht wieder<lb/> längere Zeit in ſeiner Eltern Haus. Jedesmal fand<lb/> er den Vater herber und unduldſamer, die Mutter<lb/> immer in gleicher Liebe, aber verſchloſſener gegen ihn,<lb/> Marlene ruhig, aber bei dem Geſpräch der Männer<lb/> ſtumm. Sie ließ ſich dann auch wenig ſehn.</p><lb/> <p>In einem klaren Spätherbſt finden wir Clemens<lb/> wieder oben in der Kammer, in der er als Knabe<lb/> die Wochen der Geneſung zugebracht hatte. Einer<lb/> ſeiner Freunde und Studiengenoſſen hatte ihn begleitet.<lb/> Die herkömmliche Univerſitätszeit war hinter ihnen<lb/> und ſie kehrten von einer größern Reiſe zurück, auf<lb/> der Wolf ſich ein Unwohlſein zugezogen hatte, das<lb/> er in der Stille des Dorfs abzuwarten wünſchte.<lb/> Clemens mußte es geſchehen laſſen, obwohl er gerade<lb/> dieſen unter all ſeinen Bekannten am wenigſten ge¬<lb/> eignet wußte, dem Vater zu gefallen. Indeſſen rich¬<lb/> tete ſich der Fremde wider Erwarten mit Klugheit<lb/> und Gewandtheit nach der Sinnesart der alten Leute<lb/> und gewann beſonders die Mutter durch ein heiteres<lb/> Intereſſe, das er an häuslichen Dingen zu nehmen<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [55/0067]
Sechstes Capitel.
Seit jenem Tage wohnte der Sohn nicht wieder
längere Zeit in ſeiner Eltern Haus. Jedesmal fand
er den Vater herber und unduldſamer, die Mutter
immer in gleicher Liebe, aber verſchloſſener gegen ihn,
Marlene ruhig, aber bei dem Geſpräch der Männer
ſtumm. Sie ließ ſich dann auch wenig ſehn.
In einem klaren Spätherbſt finden wir Clemens
wieder oben in der Kammer, in der er als Knabe
die Wochen der Geneſung zugebracht hatte. Einer
ſeiner Freunde und Studiengenoſſen hatte ihn begleitet.
Die herkömmliche Univerſitätszeit war hinter ihnen
und ſie kehrten von einer größern Reiſe zurück, auf
der Wolf ſich ein Unwohlſein zugezogen hatte, das
er in der Stille des Dorfs abzuwarten wünſchte.
Clemens mußte es geſchehen laſſen, obwohl er gerade
dieſen unter all ſeinen Bekannten am wenigſten ge¬
eignet wußte, dem Vater zu gefallen. Indeſſen rich¬
tete ſich der Fremde wider Erwarten mit Klugheit
und Gewandtheit nach der Sinnesart der alten Leute
und gewann beſonders die Mutter durch ein heiteres
Intereſſe, das er an häuslichen Dingen zu nehmen
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