[Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 1. Zürich u. a., 1841.XXVIII. Einer Schriftstellerin. Du willst den Lorber auf die Locken drücken, Nicht einsam mehr in stillen Nächten beten, Hin auf den Markt mit Deinen Thränen treten, Ein müssig Volk mit Deinem Schmerz beglücken? Nur Rosen sollten Deine Stirne schmücken, Und nicht die Martyrkrone des Poeten, Das ist fürwahr der Mund nicht zum Profeten, Und würd' mit Küssen leichter uns entzücken. Daß meine Nachtigall im Dunkeln bliebe! Schwer wird die Höh', nach der Du strebst, erklommen, Wär's auch, daß Dich ein starker Genius triebe. Nur Hekatomben werden angenommen Auf dem Altar des Ruhms, auf dem der Liebe -- -- O liebe! -- ist ein Schärflein auch willkommen. XXVIII. Einer Schriftſtellerin. Du willſt den Lorber auf die Locken drücken, Nicht einſam mehr in ſtillen Nächten beten, Hin auf den Markt mit Deinen Thränen treten, Ein müſſig Volk mit Deinem Schmerz beglücken? Nur Roſen ſollten Deine Stirne ſchmücken, Und nicht die Martyrkrone des Poeten, Das iſt fürwahr der Mund nicht zum Profeten, Und würd' mit Küſſen leichter uns entzücken. Daß meine Nachtigall im Dunkeln bliebe! Schwer wird die Höh', nach der Du ſtrebſt, erklommen, Wär's auch, daß Dich ein ſtarker Genius triebe. Nur Hekatomben werden angenommen Auf dem Altar des Ruhms, auf dem der Liebe — — O liebe! — iſt ein Schärflein auch willkommen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0164" n="158"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#aq">XXVIII.</hi><lb/> </head> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">Einer Schriftſtellerin.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Du willſt den Lorber auf die Locken drücken,</l><lb/> <l>Nicht einſam mehr in ſtillen Nächten beten,</l><lb/> <l>Hin auf den Markt mit Deinen Thränen treten,</l><lb/> <l>Ein müſſig Volk mit Deinem Schmerz beglücken?</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Nur Roſen ſollten Deine Stirne ſchmücken,</l><lb/> <l>Und nicht die Martyrkrone des Poeten,</l><lb/> <l>Das iſt fürwahr der Mund nicht zum Profeten,</l><lb/> <l>Und würd' mit Küſſen leichter uns entzücken.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Daß meine Nachtigall im Dunkeln bliebe!</l><lb/> <l>Schwer wird die Höh', nach der Du ſtrebſt, erklommen,</l><lb/> <l>Wär's auch, daß Dich ein ſtarker Genius triebe.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Nur Hekatomben werden angenommen</l><lb/> <l>Auf dem Altar des Ruhms, auf dem der Liebe —</l><lb/> <l>— O liebe! — iſt ein Schärflein auch willkommen.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [158/0164]
XXVIII.
Einer Schriftſtellerin.
Du willſt den Lorber auf die Locken drücken,
Nicht einſam mehr in ſtillen Nächten beten,
Hin auf den Markt mit Deinen Thränen treten,
Ein müſſig Volk mit Deinem Schmerz beglücken?
Nur Roſen ſollten Deine Stirne ſchmücken,
Und nicht die Martyrkrone des Poeten,
Das iſt fürwahr der Mund nicht zum Profeten,
Und würd' mit Küſſen leichter uns entzücken.
Daß meine Nachtigall im Dunkeln bliebe!
Schwer wird die Höh', nach der Du ſtrebſt, erklommen,
Wär's auch, daß Dich ein ſtarker Genius triebe.
Nur Hekatomben werden angenommen
Auf dem Altar des Ruhms, auf dem der Liebe —
— O liebe! — iſt ein Schärflein auch willkommen.
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