[Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 1. Zürich u. a., 1841.XVIII. Der Tod, ihr Freunde, ja, der Tod soll leben! Ich hab' ein glühend Lied in tiefster Nacht Dem treusten Freund der Erde angefacht; Die Toten will ich und den Tod erheben! Wir sind nur Kinder, die mit Widerstreben, Gleich Tropfen von dem Meer, sich losgemacht, Und die vom Tode werden heimgebracht Und liebend an das All zurückgegeben. Vernichtung dünkt Euch eine herbe Pille? Doch -- heischt' das Element nicht diesen Zoll, Das Sterben würde unser eigner Wille. Das Sterben macht das Leben ganz und voll; Erst sei das Herz in unsrem Busen stille, Wenn's in der Brust der Menschheit schlagen soll. XVIII. Der Tod, ihr Freunde, ja, der Tod ſoll leben! Ich hab' ein glühend Lied in tiefſter Nacht Dem treuſten Freund der Erde angefacht; Die Toten will ich und den Tod erheben! Wir ſind nur Kinder, die mit Widerſtreben, Gleich Tropfen von dem Meer, ſich losgemacht, Und die vom Tode werden heimgebracht Und liebend an das All zurückgegeben. Vernichtung dünkt Euch eine herbe Pille? Doch — heiſcht' das Element nicht dieſen Zoll, Das Sterben würde unſer eigner Wille. Das Sterben macht das Leben ganz und voll; Erſt ſei das Herz in unſrem Buſen ſtille, Wenn's in der Bruſt der Menſchheit ſchlagen ſoll. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0154" n="148"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#aq">XVIII.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Der Tod, ihr Freunde, ja, der Tod ſoll leben!</l><lb/> <l>Ich hab' ein glühend Lied in tiefſter Nacht</l><lb/> <l>Dem treuſten Freund der Erde angefacht;</l><lb/> <l>Die Toten will ich und den Tod erheben!</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Wir ſind nur Kinder, die mit Widerſtreben,</l><lb/> <l>Gleich Tropfen von dem Meer, ſich losgemacht,</l><lb/> <l>Und die vom Tode werden heimgebracht</l><lb/> <l>Und liebend an das All zurückgegeben.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Vernichtung dünkt Euch eine herbe Pille?</l><lb/> <l>Doch — heiſcht' das Element nicht dieſen Zoll,</l><lb/> <l>Das Sterben würde unſer eigner Wille.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Das Sterben macht das Leben ganz und voll;</l><lb/> <l>Erſt ſei das Herz in <hi rendition="#g">unſrem</hi> Buſen ſtille,</l><lb/> <l>Wenn's in der Bruſt der Menſchheit ſchlagen ſoll.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [148/0154]
XVIII.
Der Tod, ihr Freunde, ja, der Tod ſoll leben!
Ich hab' ein glühend Lied in tiefſter Nacht
Dem treuſten Freund der Erde angefacht;
Die Toten will ich und den Tod erheben!
Wir ſind nur Kinder, die mit Widerſtreben,
Gleich Tropfen von dem Meer, ſich losgemacht,
Und die vom Tode werden heimgebracht
Und liebend an das All zurückgegeben.
Vernichtung dünkt Euch eine herbe Pille?
Doch — heiſcht' das Element nicht dieſen Zoll,
Das Sterben würde unſer eigner Wille.
Das Sterben macht das Leben ganz und voll;
Erſt ſei das Herz in unſrem Buſen ſtille,
Wenn's in der Bruſt der Menſchheit ſchlagen ſoll.
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Zitationshilfe: | [Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 1. Zürich u. a., 1841, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herwegh_gedichte01_1841/154>, abgerufen am 22.07.2024. |