[Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 1. Zürich u. a., 1841.XIV. Auch ich wär' nach der süßen Ruhe lüstern, Auch ich möcht' unter Blütenbäumen liegen, Ein treues Liebchen in den Armen wiegen, Statt also mir das Leben zu verdüstern! Ließ' nur, wie sonst, der Lorber sich erflüstern, Ließ' nur, wie sonst, die Palme sich ersiegen, Das Musenpferd muß jetzt zum Ziele fliegen Mit wildrem Hufschlag, flammensprühnden Nüstern. Die große Zeit zertrümmerte die Flöte, Sie braucht Posaunen und den tiefsten Basso, Und schwarze Nacht statt milder Abendröte. Die Losung ist nun Dante, und nicht Tasso. Was sollen uns noch Schiller oder Göthe? Was soll uns gar der Pascha Semilasso? XIV. Auch ich wär' nach der ſüßen Ruhe lüſtern, Auch ich möcht' unter Blütenbäumen liegen, Ein treues Liebchen in den Armen wiegen, Statt alſo mir das Leben zu verdüſtern! Ließ' nur, wie ſonſt, der Lorber ſich erflüſtern, Ließ' nur, wie ſonſt, die Palme ſich erſiegen, Das Muſenpferd muß jetzt zum Ziele fliegen Mit wildrem Hufſchlag, flammenſprühnden Nüſtern. Die große Zeit zertrümmerte die Flöte, Sie braucht Poſaunen und den tiefſten Baſſo, Und ſchwarze Nacht ſtatt milder Abendröte. Die Loſung iſt nun Dante, und nicht Taſſo. Was ſollen uns noch Schiller oder Göthe? Was ſoll uns gar der Paſcha Semilaſſo? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0150" n="144"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#aq">XIV.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Auch <hi rendition="#g">ich</hi> wär' nach der ſüßen Ruhe lüſtern,</l><lb/> <l>Auch <hi rendition="#g">ich</hi> möcht' unter Blütenbäumen liegen,</l><lb/> <l>Ein treues Liebchen in den Armen wiegen,</l><lb/> <l>Statt alſo mir das Leben zu verdüſtern!</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Ließ' nur, wie ſonſt, der Lorber ſich erflüſtern,</l><lb/> <l>Ließ' nur, wie ſonſt, die Palme ſich erſiegen,</l><lb/> <l>Das Muſenpferd muß jetzt zum Ziele fliegen</l><lb/> <l>Mit wildrem Hufſchlag, flammenſprühnden Nüſtern.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Die große Zeit zertrümmerte die Flöte,</l><lb/> <l>Sie braucht Poſaunen und den tiefſten Baſſo,</l><lb/> <l>Und ſchwarze Nacht ſtatt milder Abendröte.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Die Loſung iſt nun Dante, und nicht Taſſo.</l><lb/> <l>Was ſollen uns noch Schiller oder Göthe?</l><lb/> <l>Was ſoll uns gar der Paſcha Semilaſſo?</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [144/0150]
XIV.
Auch ich wär' nach der ſüßen Ruhe lüſtern,
Auch ich möcht' unter Blütenbäumen liegen,
Ein treues Liebchen in den Armen wiegen,
Statt alſo mir das Leben zu verdüſtern!
Ließ' nur, wie ſonſt, der Lorber ſich erflüſtern,
Ließ' nur, wie ſonſt, die Palme ſich erſiegen,
Das Muſenpferd muß jetzt zum Ziele fliegen
Mit wildrem Hufſchlag, flammenſprühnden Nüſtern.
Die große Zeit zertrümmerte die Flöte,
Sie braucht Poſaunen und den tiefſten Baſſo,
Und ſchwarze Nacht ſtatt milder Abendröte.
Die Loſung iſt nun Dante, und nicht Taſſo.
Was ſollen uns noch Schiller oder Göthe?
Was ſoll uns gar der Paſcha Semilaſſo?
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Zitationshilfe: | [Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 1. Zürich u. a., 1841, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herwegh_gedichte01_1841/150>, abgerufen am 22.07.2024. |