[Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 1. Zürich u. a., 1841.VI. Ich zähle gerne mit bei guten Christen Und streite ritterlich und ohne Wanken, Wenn sie uns wollen das Gemüt abdanken, Die unausstehlich pfiffigen Sophisten. Doch hass' ich das Gemüt der Pietisten, Das, frech getreten aus des Anstands Schranken, Uns möcht' die reinsten himmlischen Gedanken Mit seinen Nebelworten überlisten. Auch mir hat sich das Aug' schon oft genetzt, Sah ich das Herz mißhandelt und zerschlagen Und von den Rüden des Verstands gehetzt. Es darf das Herz wohl auch ein Wörtchen sagen; Doch ward es weislich in die Brust gesetzt, Daß man's so hoch nicht wie den Kopf soll tragen. VI. Ich zähle gerne mit bei guten Chriſten Und ſtreite ritterlich und ohne Wanken, Wenn ſie uns wollen das Gemüt abdanken, Die unausſtehlich pfiffigen Sophiſten. Doch haſſ' ich das Gemüt der Pietiſten, Das, frech getreten aus des Anſtands Schranken, Uns möcht' die reinſten himmliſchen Gedanken Mit ſeinen Nebelworten überliſten. Auch mir hat ſich das Aug' ſchon oft genetzt, Sah ich das Herz mißhandelt und zerſchlagen Und von den Rüden des Verſtands gehetzt. Es darf das Herz wohl auch ein Wörtchen ſagen; Doch ward es weislich in die Bruſt geſetzt, Daß man's ſo hoch nicht wie den Kopf ſoll tragen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0142" n="136"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#aq">VI.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Ich zähle gerne mit bei guten Chriſten</l><lb/> <l>Und ſtreite ritterlich und ohne Wanken,</l><lb/> <l>Wenn ſie uns wollen das Gemüt abdanken,</l><lb/> <l>Die unausſtehlich pfiffigen Sophiſten.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Doch haſſ' ich das Gemüt der Pietiſten,</l><lb/> <l>Das, frech getreten aus des Anſtands Schranken,</l><lb/> <l>Uns möcht' die reinſten himmliſchen Gedanken</l><lb/> <l>Mit ſeinen Nebelworten überliſten.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Auch <hi rendition="#g">mir</hi> hat ſich das Aug' ſchon oft genetzt,</l><lb/> <l>Sah ich das Herz mißhandelt und zerſchlagen</l><lb/> <l>Und von den Rüden des Verſtands gehetzt.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Es darf das Herz wohl auch ein Wörtchen ſagen;</l><lb/> <l>Doch ward es weislich in die Bruſt geſetzt,</l><lb/> <l>Daß man's ſo hoch nicht wie den Kopf ſoll tragen.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [136/0142]
VI.
Ich zähle gerne mit bei guten Chriſten
Und ſtreite ritterlich und ohne Wanken,
Wenn ſie uns wollen das Gemüt abdanken,
Die unausſtehlich pfiffigen Sophiſten.
Doch haſſ' ich das Gemüt der Pietiſten,
Das, frech getreten aus des Anſtands Schranken,
Uns möcht' die reinſten himmliſchen Gedanken
Mit ſeinen Nebelworten überliſten.
Auch mir hat ſich das Aug' ſchon oft genetzt,
Sah ich das Herz mißhandelt und zerſchlagen
Und von den Rüden des Verſtands gehetzt.
Es darf das Herz wohl auch ein Wörtchen ſagen;
Doch ward es weislich in die Bruſt geſetzt,
Daß man's ſo hoch nicht wie den Kopf ſoll tragen.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/herwegh_gedichte01_1841 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/herwegh_gedichte01_1841/142 |
Zitationshilfe: | [Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 1. Zürich u. a., 1841, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herwegh_gedichte01_1841/142>, abgerufen am 22.07.2024. |