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Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 1. Riga, 1767.

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ben zerrissene Anmerkungen geliefert; und
von so vielen deutschen Gesellschaften haben
nur zwey oder drey gezeiget, daß sie auch nur so
etwas zu liefern im Stande wären -- Jch
kann verschiedene Litteraturbriefe nennen, die
nüzliche Beobachtungen in diesem Felde ge-
liefert: ich samle sie, und schreibe meine Ein-
fälle dazu -- weil nach dem Zustand unserer
Philosophie über die deutsche Sprache, man
sich nicht der Füllsteine schämen und noch lan-
ge nicht an ein ganzes Gebäude denken darf.



2.

"Warum mag es doch so schwer seyn, über
"den Ursprung der Sprachen mit einiger
"Gründlichkeit zu philosophiren? Jch weiß
"wohl, daß sich von geschehenen Dingen, da-
"von wir keine urkundliche Nachrichten ha-
"ben, selten mehr als Muthmaßungen her-
"ausbringen lassen. Allein warum will den
"Weltweisen auch keine Muthmaßung, keine
"Hypothese glücken? Wenn sie uns nicht sa-
"gen können, wie die Sprachen wirklich ent-
"standen, warum erklären sie uns nicht we-

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ben zerriſſene Anmerkungen geliefert; und
von ſo vielen deutſchen Geſellſchaften haben
nur zwey oder drey gezeiget, daß ſie auch nur ſo
etwas zu liefern im Stande waͤren — Jch
kann verſchiedene Litteraturbriefe nennen, die
nuͤzliche Beobachtungen in dieſem Felde ge-
liefert: ich ſamle ſie, und ſchreibe meine Ein-
faͤlle dazu — weil nach dem Zuſtand unſerer
Philoſophie uͤber die deutſche Sprache, man
ſich nicht der Fuͤllſteine ſchaͤmen und noch lan-
ge nicht an ein ganzes Gebaͤude denken darf.



2.

Warum mag es doch ſo ſchwer ſeyn, uͤber
„den Urſprung der Sprachen mit einiger
„Gruͤndlichkeit zu philoſophiren? Jch weiß
„wohl, daß ſich von geſchehenen Dingen, da-
„von wir keine urkundliche Nachrichten ha-
„ben, ſelten mehr als Muthmaßungen her-
„ausbringen laſſen. Allein warum will den
„Weltweiſen auch keine Muthmaßung, keine
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[23/0027] ben zerriſſene Anmerkungen geliefert; und von ſo vielen deutſchen Geſellſchaften haben nur zwey oder drey gezeiget, daß ſie auch nur ſo etwas zu liefern im Stande waͤren — Jch kann verſchiedene Litteraturbriefe nennen, die nuͤzliche Beobachtungen in dieſem Felde ge- liefert: ich ſamle ſie, und ſchreibe meine Ein- faͤlle dazu — weil nach dem Zuſtand unſerer Philoſophie uͤber die deutſche Sprache, man ſich nicht der Fuͤllſteine ſchaͤmen und noch lan- ge nicht an ein ganzes Gebaͤude denken darf. 2. „Warum mag es doch ſo ſchwer ſeyn, uͤber „den Urſprung der Sprachen mit einiger „Gruͤndlichkeit zu philoſophiren? Jch weiß „wohl, daß ſich von geſchehenen Dingen, da- „von wir keine urkundliche Nachrichten ha- „ben, ſelten mehr als Muthmaßungen her- „ausbringen laſſen. Allein warum will den „Weltweiſen auch keine Muthmaßung, keine „Hypotheſe gluͤcken? Wenn ſie uns nicht ſa- „gen koͤnnen, wie die Sprachen wirklich ent- „ſtanden, warum erklaͤren ſie uns nicht we- „nig- B 4

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 1. Riga, 1767, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur01_1767/27>, abgerufen am 13.11.2024.