Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 8. Riga, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite
104.

Form ist Vieles bei der Kunst; aber nicht
Alles. Die schönsten Formen des Alter-
thums belebet ein Geist, ein großer Ge-
danke, der die Form zur Form macht,
und sich in ihr wie in seinem Körper offen-
baret. Nehmt diese Seele hinweg; und
die Form ist eine Larve.

Vollends poetische Form ist vom Ge-
danken und von der Empfindung dergestalt
abhängig, daß ohne diese sie wie ein schön-
gezimmerter Block dastehet: denn Poesie
wirkt durch Rede. Rede aber enthält
nicht nur, sondern sie ist eine Folge von

104.

Form iſt Vieles bei der Kunſt; aber nicht
Alles. Die ſchoͤnſten Formen des Alter-
thums belebet ein Geiſt, ein großer Ge-
danke, der die Form zur Form macht,
und ſich in ihr wie in ſeinem Koͤrper offen-
baret. Nehmt dieſe Seele hinweg; und
die Form iſt eine Larve.

Vollends poëtiſche Form iſt vom Ge-
danken und von der Empfindung dergeſtalt
abhaͤngig, daß ohne dieſe ſie wie ein ſchoͤn-
gezimmerter Block daſtehet: denn Poeſie
wirkt durch Rede. Rede aber enthaͤlt
nicht nur, ſondern ſie iſt eine Folge von

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0155" n="136"/>
      <div n="1">
        <head>104.</head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">F</hi>orm i&#x017F;t Vieles bei der Kun&#x017F;t; aber nicht<lb/>
Alles. Die &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten Formen des Alter-<lb/>
thums belebet ein Gei&#x017F;t, ein großer Ge-<lb/>
danke, der die Form zur Form macht,<lb/>
und &#x017F;ich in ihr wie in &#x017F;einem Ko&#x0364;rper offen-<lb/>
baret. Nehmt die&#x017F;e Seele hinweg; und<lb/>
die Form i&#x017F;t eine Larve.</p><lb/>
        <p>Vollends poëti&#x017F;che Form i&#x017F;t vom Ge-<lb/>
danken und von der Empfindung derge&#x017F;talt<lb/>
abha&#x0364;ngig, daß ohne die&#x017F;e &#x017F;ie wie ein &#x017F;cho&#x0364;n-<lb/>
gezimmerter Block da&#x017F;tehet: denn Poe&#x017F;ie<lb/>
wirkt durch <hi rendition="#g">Rede</hi>. Rede aber <hi rendition="#g">entha&#x0364;lt</hi><lb/>
nicht nur, &#x017F;ondern &#x017F;ie i&#x017F;t eine <hi rendition="#g">Folge von<lb/></hi></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[136/0155] 104. Form iſt Vieles bei der Kunſt; aber nicht Alles. Die ſchoͤnſten Formen des Alter- thums belebet ein Geiſt, ein großer Ge- danke, der die Form zur Form macht, und ſich in ihr wie in ſeinem Koͤrper offen- baret. Nehmt dieſe Seele hinweg; und die Form iſt eine Larve. Vollends poëtiſche Form iſt vom Ge- danken und von der Empfindung dergeſtalt abhaͤngig, daß ohne dieſe ſie wie ein ſchoͤn- gezimmerter Block daſtehet: denn Poeſie wirkt durch Rede. Rede aber enthaͤlt nicht nur, ſondern ſie iſt eine Folge von

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet08_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet08_1796/155
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 8. Riga, 1796, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet08_1796/155>, abgerufen am 21.11.2024.