Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 3. Riga, 1794.39. Neben den Griechen ist schwer zu stehen, Menschentugend. Die Ohren und die Herzen willig her, Ihr Menschen! Euer Gott hat mich gelehrt, Was Tugend sei; ich lehr' es, Menschen, Euch! Dem Nackenden von zweien Linnen Eins Um seine Blöße selbst ihm schmiegen, und Von zweien Broten Eins dem Hungrigen Darreichen, und aus seinem Quell dem Mann, Der frisches Wasser bittet, einen Trunk Selbst schöpfen, flöß' er noch so tief im Thal. Ihr meine liebe Menschen, Tugend ist: Dem Hülfedürftigen zuvor mit Gold Und Weisheit kommen; seine Seele sehn, 39. Neben den Griechen iſt ſchwer zu ſtehen, Menſchentugend. Die Ohren und die Herzen willig her, Ihr Menſchen! Euer Gott hat mich gelehrt, Was Tugend ſei; ich lehr' es, Menſchen, Euch! Dem Nackenden von zweien Linnen Eins Um ſeine Bloͤße ſelbſt ihm ſchmiegen, und Von zweien Broten Eins dem Hungrigen Darreichen, und aus ſeinem Quell dem Mann, Der friſches Waſſer bittet, einen Trunk Selbſt ſchoͤpfen, floͤß' er noch ſo tief im Thal. Ihr meine liebe Menſchen, Tugend iſt: Dem Huͤlfeduͤrftigen zuvor mit Gold Und Weisheit kommen; ſeine Seele ſehn, <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0177" n="168"/> <div n="1"> <head>39.</head><lb/> <p><hi rendition="#in">N</hi>eben den Griechen iſt ſchwer zu ſtehen,<lb/> und doch haben auch Wir Stuͤcke, die ne-<lb/> ben ihnen ſtehen koͤnnen und duͤrfen.</p><lb/> <div n="2"> <head><hi rendition="#g">Menſchentugend</hi>.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Die Ohren und die Herzen willig her,</l><lb/> <l>Ihr Menſchen! Euer Gott hat mich gelehrt,</l><lb/> <l>Was Tugend ſei; ich lehr' es, Menſchen, Euch!</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Dem Nackenden von zweien Linnen Eins</l><lb/> <l>Um ſeine Bloͤße ſelbſt ihm ſchmiegen, und</l><lb/> <l>Von zweien Broten Eins dem Hungrigen</l><lb/> <l>Darreichen, und aus ſeinem Quell dem Mann,</l><lb/> <l>Der friſches Waſſer bittet, einen Trunk</l><lb/> <l>Selbſt ſchoͤpfen, floͤß' er noch ſo tief im Thal.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Ihr meine liebe Menſchen, Tugend iſt:</l><lb/> <l>Dem Huͤlfeduͤrftigen zuvor mit Gold</l><lb/> <l>Und Weisheit kommen; ſeine Seele ſehn,</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [168/0177]
39.
Neben den Griechen iſt ſchwer zu ſtehen,
und doch haben auch Wir Stuͤcke, die ne-
ben ihnen ſtehen koͤnnen und duͤrfen.
Menſchentugend.
Die Ohren und die Herzen willig her,
Ihr Menſchen! Euer Gott hat mich gelehrt,
Was Tugend ſei; ich lehr' es, Menſchen, Euch!
Dem Nackenden von zweien Linnen Eins
Um ſeine Bloͤße ſelbſt ihm ſchmiegen, und
Von zweien Broten Eins dem Hungrigen
Darreichen, und aus ſeinem Quell dem Mann,
Der friſches Waſſer bittet, einen Trunk
Selbſt ſchoͤpfen, floͤß' er noch ſo tief im Thal.
Ihr meine liebe Menſchen, Tugend iſt:
Dem Huͤlfeduͤrftigen zuvor mit Gold
Und Weisheit kommen; ſeine Seele ſehn,
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Zitationshilfe: | Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 3. Riga, 1794, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet03_1794/177>, abgerufen am 22.02.2025. |