Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herbart, Johann Friedrich: Lehrbuch zur Psychologie. 2. Aufl. Königsberg, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

ihr reproducirt, vermöge des Ungleichattigen aber durch sie
gehemmt werden.

Dies Verhältniß im Anschauen, vermöge dessen die äl-
teren
Vorstellungen leiden von der neuen Wahrneh-
mung, kann jedoch, wenn nicht eine längere Folge von An-
schauungen den Geist in seiner passiven Lage vesthält, sich
leicht und schnell in das entgegengesetzte verkehren; was als-
dann geschieht, ist schon (in 39) angegeben. Das Anschauen
ist dann zu Ende, statt seiner beginnt die Erinnerung,
das Phantasiren und das Denken.



Viertes Capitel.
Vom unbeherrschten Spiel des psychischen Me-
chanismus.

205. Der Kürze wegen, in welche dies Lehrbuch sich
einschließen muß, werden wir an den praktisch wichtigen
Gegensatz der Selbstbeherrschung und des Mangels dersel-
ben Verschiedenes anknüpfen, das in einem ausführlichen
Vortrage würde mehr gesondert zu betrachten seyn.

Unabhängig von einer im Jnnern begründeten Herr-
schaft, kann die geistige Regsamkeit entweder in den Vor-
stellungen selbst, oder in dem Organismus, oder in äu-
ßern Eindrücken ihren Ursprung haben.

206. Sich selbst überlassen, würde eine kleine Anzahl
von Vorstellungen sich sehr bald ihrem statischen Puncte nä-
hern, und nur noch eine sehr geringe Bewegung zu dem-
selben hm übrig behalten, durch welche er niemals ganz
vollkommen erreicht werden könnte (17).

Allein bey der äußerst großen Menge und den höchst-

ihr reproducirt, vermöge des Ungleichattigen aber durch sie
gehemmt werden.

Dies Verhältniß im Anschauen, vermöge dessen die äl-
teren
Vorstellungen leiden von der neuen Wahrneh-
mung, kann jedoch, wenn nicht eine längere Folge von An-
schauungen den Geist in seiner passiven Lage vesthält, sich
leicht und schnell in das entgegengesetzte verkehren; was als-
dann geschieht, ist schon (in 39) angegeben. Das Anschauen
ist dann zu Ende, statt seiner beginnt die Erinnerung,
das Phantasiren und das Denken.



Viertes Capitel.
Vom unbeherrschten Spiel des psychischen Me-
chanismus.

205. Der Kürze wegen, in welche dies Lehrbuch sich
einschließen muß, werden wir an den praktisch wichtigen
Gegensatz der Selbstbeherrschung und des Mangels dersel-
ben Verschiedenes anknüpfen, das in einem ausführlichen
Vortrage würde mehr gesondert zu betrachten seyn.

Unabhängig von einer im Jnnern begründeten Herr-
schaft, kann die geistige Regsamkeit entweder in den Vor-
stellungen selbst, oder in dem Organismus, oder in äu-
ßern Eindrücken ihren Ursprung haben.

206. Sich selbst überlassen, würde eine kleine Anzahl
von Vorstellungen sich sehr bald ihrem statischen Puncte nä-
hern, und nur noch eine sehr geringe Bewegung zu dem-
selben hm übrig behalten, durch welche er niemals ganz
vollkommen erreicht werden könnte (17).

Allein bey der äußerst großen Menge und den höchst-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0174" n="166"/>
ihr reproducirt, vermöge des Ungleichattigen aber durch sie<lb/>
gehemmt werden.</p><lb/>
            <p>Dies Verhältniß im Anschauen, vermöge dessen die <hi rendition="#g">äl-<lb/>
teren</hi> Vorstellungen <hi rendition="#g">leiden</hi> von der <hi rendition="#g">neuen</hi> Wahrneh-<lb/>
mung, kann jedoch, wenn nicht eine längere Folge von
               An-<lb/>
schauungen den Geist in seiner passiven Lage vesthält, sich<lb/>
leicht und
               schnell in das entgegengesetzte verkehren; was als-<lb/>
dann geschieht, ist schon (in
               39) angegeben. Das Anschauen<lb/>
ist dann zu Ende, statt seiner beginnt die
               Erinnerung,<lb/>
das Phantasiren und das Denken.</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#g"><hi rendition="#b">Viertes Capitel.</hi><lb/>
Vom
                 unbeherrschten Spiel des psychischen Me-<lb/>
chanismus.</hi> </head>
            <p>205. Der Kürze wegen, in welche dies Lehrbuch sich<lb/>
einschließen muß, werden wir
               an den praktisch wichtigen<lb/>
Gegensatz der Selbstbeherrschung und des Mangels
               dersel-<lb/>
ben Verschiedenes anknüpfen, das in einem ausführlichen<lb/>
Vortrage
               würde mehr gesondert zu betrachten seyn.</p><lb/>
            <p>Unabhängig von einer im Jnnern begründeten Herr-<lb/>
schaft, kann die geistige
               Regsamkeit <hi rendition="#g">entweder</hi> in den Vor-<lb/>
stellungen selbst, <hi rendition="#g">oder</hi> in dem Organismus, <hi rendition="#g">oder</hi> in äu-<lb/>
ßern Eindrücken ihren Ursprung haben.</p><lb/>
            <p>206. Sich selbst überlassen, würde eine kleine Anzahl<lb/>
von Vorstellungen sich
               sehr bald ihrem statischen Puncte nä-<lb/>
hern, und nur noch eine sehr geringe
               Bewegung zu dem-<lb/>
selben hm übrig behalten, durch welche er niemals ganz<lb/>
vollkommen erreicht werden könnte (17).</p><lb/>
            <p>Allein bey der äußerst großen Menge und den höchst-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[166/0174] ihr reproducirt, vermöge des Ungleichattigen aber durch sie gehemmt werden. Dies Verhältniß im Anschauen, vermöge dessen die äl- teren Vorstellungen leiden von der neuen Wahrneh- mung, kann jedoch, wenn nicht eine längere Folge von An- schauungen den Geist in seiner passiven Lage vesthält, sich leicht und schnell in das entgegengesetzte verkehren; was als- dann geschieht, ist schon (in 39) angegeben. Das Anschauen ist dann zu Ende, statt seiner beginnt die Erinnerung, das Phantasiren und das Denken. Viertes Capitel. Vom unbeherrschten Spiel des psychischen Me- chanismus. 205. Der Kürze wegen, in welche dies Lehrbuch sich einschließen muß, werden wir an den praktisch wichtigen Gegensatz der Selbstbeherrschung und des Mangels dersel- ben Verschiedenes anknüpfen, das in einem ausführlichen Vortrage würde mehr gesondert zu betrachten seyn. Unabhängig von einer im Jnnern begründeten Herr- schaft, kann die geistige Regsamkeit entweder in den Vor- stellungen selbst, oder in dem Organismus, oder in äu- ßern Eindrücken ihren Ursprung haben. 206. Sich selbst überlassen, würde eine kleine Anzahl von Vorstellungen sich sehr bald ihrem statischen Puncte nä- hern, und nur noch eine sehr geringe Bewegung zu dem- selben hm übrig behalten, durch welche er niemals ganz vollkommen erreicht werden könnte (17). Allein bey der äußerst großen Menge und den höchst-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-07-05T12:13:38Z)
Thomas Gloning: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-07-05T12:13:38Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Hannah Sophia Glaum: Umwandlung in DTABf-konformes Markup. (2013-07-05T12:13:38Z)
Stefanie Seim: Nachkorrekturen. (2013-07-05T12:13:38Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht übernommen
  • fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert
  • Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie_1834/174
Zitationshilfe: Herbart, Johann Friedrich: Lehrbuch zur Psychologie. 2. Aufl. Königsberg, 1834, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie_1834/174>, abgerufen am 03.12.2024.