Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 1. Königsberg, 1824.

Bild:
<< vorherige Seite

sonders an den Unterschied der spätern und der frühern
Jahre in Ansehung dessen, was oftmals wiederkehrend
bearbeitet wird.


Fünftes Capitel.
Vom zeitlichen Entstehen der Vorstellungen.
§. 94.

Es mag scheinen, dass dieses Capitel hätte das erste
dieses Abschnitts seyn sollen; indem die Vorstellungen
erst entstehen müssen, ehe sie da seyn können. Aber
es wird sich bald zeigen, wie schwierig die vorstehenden
Untersuchungen ausgefallen wären, wenn wir in ihre Vor-
aussetzungen den zeitlichen Ursprung der Vorstellungen
aufgenommen hätten.

Der Gegenstand, den wir jetzt auffassen, gehört zu-
nächst der allgemeinen Metaphysik. Man wolle zuvör-
derst das dritte Capitel des ersten Abschnitts wieder
nachlesen; an dessen Ende der Satz vorkam, dass die
Vorstellungen nichts anderes sind als Selbsterhaltungen
der Seele in ihrem eignen Wesen; wobey denn die Man-
nigfaltigkeit der Vorstellungen von der Mannigfaltigkeit
der Störungen herrührt, welchen die Seele in jeder Selbst-
erhaltung widersteht.

An den Begriff der Störung knüpft sich in der all-
gemeinen Metaphysik der Begriff des Zusammen; welches
ein unvollkommenes seyn kann, und alsdann Grade hat,
die auf das vollkommene Zusammen wie Brüche auf die
Einheit müssen bezogen werden.

Dem vollkommenen Zusammen entspricht die voll-
kommene Störung und die vollkommene Selbsterhaltung,
-- welche letztere hier eine Vorstellung im Maximum der
Stärke seyn würde, dergleichen sich in der Erfahrung

sonders an den Unterschied der spätern und der frühern
Jahre in Ansehung dessen, was oftmals wiederkehrend
bearbeitet wird.


Fünftes Capitel.
Vom zeitlichen Entstehen der Vorstellungen.
§. 94.

Es mag scheinen, daſs dieses Capitel hätte das erste
dieses Abschnitts seyn sollen; indem die Vorstellungen
erst entstehen müssen, ehe sie da seyn können. Aber
es wird sich bald zeigen, wie schwierig die vorstehenden
Untersuchungen ausgefallen wären, wenn wir in ihre Vor-
aussetzungen den zeitlichen Ursprung der Vorstellungen
aufgenommen hätten.

Der Gegenstand, den wir jetzt auffassen, gehört zu-
nächst der allgemeinen Metaphysik. Man wolle zuvör-
derst das dritte Capitel des ersten Abschnitts wieder
nachlesen; an dessen Ende der Satz vorkam, daſs die
Vorstellungen nichts anderes sind als Selbsterhaltungen
der Seele in ihrem eignen Wesen; wobey denn die Man-
nigfaltigkeit der Vorstellungen von der Mannigfaltigkeit
der Störungen herrührt, welchen die Seele in jeder Selbst-
erhaltung widersteht.

An den Begriff der Störung knüpft sich in der all-
gemeinen Metaphysik der Begriff des Zusammen; welches
ein unvollkommenes seyn kann, und alsdann Grade hat,
die auf das vollkommene Zusammen wie Brüche auf die
Einheit müssen bezogen werden.

Dem vollkommenen Zusammen entspricht die voll-
kommene Störung und die vollkommene Selbsterhaltung,
— welche letztere hier eine Vorstellung im Maximum der
Stärke seyn würde, dergleichen sich in der Erfahrung

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0336" n="316"/>
sonders an den Unterschied der spätern und der frühern<lb/>
Jahre in Ansehung dessen, was oftmals wiederkehrend<lb/>
bearbeitet wird.</p>
            </div>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <div n="3">
            <head><hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Fünftes Capitel</hi></hi>.<lb/>
Vom zeitlichen Entstehen der Vorstellungen.</head><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 94.</head><lb/>
              <p>Es mag scheinen, da&#x017F;s dieses Capitel hätte das erste<lb/>
dieses Abschnitts seyn sollen; indem die Vorstellungen<lb/>
erst entstehen müssen, ehe sie da seyn können. Aber<lb/>
es wird sich bald zeigen, wie schwierig die vorstehenden<lb/>
Untersuchungen ausgefallen wären, wenn wir in ihre Vor-<lb/>
aussetzungen den zeitlichen Ursprung der Vorstellungen<lb/>
aufgenommen hätten.</p><lb/>
              <p>Der Gegenstand, den wir jetzt auffassen, gehört zu-<lb/>
nächst der allgemeinen Metaphysik. Man wolle zuvör-<lb/>
derst das dritte Capitel des ersten Abschnitts wieder<lb/>
nachlesen; an dessen Ende der Satz vorkam, da&#x017F;s die<lb/>
Vorstellungen nichts anderes sind als Selbsterhaltungen<lb/>
der Seele in ihrem eignen Wesen; wobey denn die Man-<lb/>
nigfaltigkeit der Vorstellungen von der Mannigfaltigkeit<lb/>
der Störungen herrührt, welchen die Seele in jeder Selbst-<lb/>
erhaltung widersteht.</p><lb/>
              <p>An den Begriff der Störung knüpft sich in der all-<lb/>
gemeinen Metaphysik der Begriff des Zusammen; welches<lb/>
ein unvollkommenes seyn kann, und alsdann Grade hat,<lb/>
die auf das vollkommene Zusammen wie Brüche auf die<lb/>
Einheit müssen bezogen werden.</p><lb/>
              <p>Dem vollkommenen Zusammen entspricht die voll-<lb/>
kommene Störung und die vollkommene Selbsterhaltung,<lb/>
&#x2014; welche letztere hier eine Vorstellung im Maximum der<lb/>
Stärke seyn würde, dergleichen sich in der Erfahrung<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[316/0336] sonders an den Unterschied der spätern und der frühern Jahre in Ansehung dessen, was oftmals wiederkehrend bearbeitet wird. Fünftes Capitel. Vom zeitlichen Entstehen der Vorstellungen. §. 94. Es mag scheinen, daſs dieses Capitel hätte das erste dieses Abschnitts seyn sollen; indem die Vorstellungen erst entstehen müssen, ehe sie da seyn können. Aber es wird sich bald zeigen, wie schwierig die vorstehenden Untersuchungen ausgefallen wären, wenn wir in ihre Vor- aussetzungen den zeitlichen Ursprung der Vorstellungen aufgenommen hätten. Der Gegenstand, den wir jetzt auffassen, gehört zu- nächst der allgemeinen Metaphysik. Man wolle zuvör- derst das dritte Capitel des ersten Abschnitts wieder nachlesen; an dessen Ende der Satz vorkam, daſs die Vorstellungen nichts anderes sind als Selbsterhaltungen der Seele in ihrem eignen Wesen; wobey denn die Man- nigfaltigkeit der Vorstellungen von der Mannigfaltigkeit der Störungen herrührt, welchen die Seele in jeder Selbst- erhaltung widersteht. An den Begriff der Störung knüpft sich in der all- gemeinen Metaphysik der Begriff des Zusammen; welches ein unvollkommenes seyn kann, und alsdann Grade hat, die auf das vollkommene Zusammen wie Brüche auf die Einheit müssen bezogen werden. Dem vollkommenen Zusammen entspricht die voll- kommene Störung und die vollkommene Selbsterhaltung, — welche letztere hier eine Vorstellung im Maximum der Stärke seyn würde, dergleichen sich in der Erfahrung

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie01_1824
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie01_1824/336
Zitationshilfe: Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 1. Königsberg, 1824, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie01_1824/336>, abgerufen am 22.12.2024.