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Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 1. Königsberg, 1824.

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Verschmelzung mit sich hineinziehen muss, -- so wird
der wirklichen Vereinigung ein Kampf vorangehn, dessen
Entscheidung bestimmt, wie innig die wirkliche Vereini-
gung seyn werde. Also äussert sich das Gleichartige der
Vorstellungen (man vergesse nie, dass wir von einfa-
chen
Vorstellungen reden, und nicht etwa von Com-
plexionen) zuerst als ein Streben zur Verschmel-
zung
; dergleichen bey den völlig Gleichartigen nicht
vorkommen konnte. Dieses Streben wird nun bey un-
endlich Nahen nur unendlich geringen Widerstand finden.

Nehmen wir hingegen jetzt Vorstellungen, deren Ge-
gensatz eine endliche Grösse hat: so kann, erstlich, die
Verschmelzung nur allmählig zu Stande kommen, in dem
Maasse nämlich, als die Gegensätze dem Streben zur Ver-
einigung allmählig nachgeben; zweytens, aus dem Grade
des Gegensatzes und der Gleichartigkeit muss die Stärke
des Strebens zur Vereinigung, und hieraus weiter berech-
net werden, wie viel dieses Streben über die Gegensätze
vermögen, wie viel wirkliche Vereinigung, und folglich
welche Totalkräfte es am Ende erzeugen werde.

So viel zur vorläufigen Aufklärung der Begriffe; wir
suchen jetzt die allgemeine Methode aller Verschmel-
zungs-Rechnung; welche der Rechnung für unvollkommne
Complicationen im wesentlichen ähnlich ist.

§. 68.

Für die drey Vorstellungen a, b, c, gebe es drey
Verschmelzungshülfen, h, h', h"; welche nach was im-
mer für einem Gesetze bestimmt seyn mögen, nur aber
nicht von fremden Einflüssen herrühren, sondern aus ge-
genseitiger Wirkung von a, b, und c auf einander ent-
sprungen seyn müssen. Auch sey a+h=a, b+h'=b,
c+h"=g. Der Hemmungssumme widerstehen nun diese
Totalkräfte nach dem umgekehrten Verhältniss ihrer Stärke,
und vielleicht noch im geraden Verhältnisse irgend wel-
cher Hemmungsgrade oder Summen von Hemmungsgra-
den, um deren Bestimmung wir uns hier nicht beküm-
mern, deren Stelle wir aber, nach Analogie der Unter-

su-

Verschmelzung mit sich hineinziehen muſs, — so wird
der wirklichen Vereinigung ein Kampf vorangehn, dessen
Entscheidung bestimmt, wie innig die wirkliche Vereini-
gung seyn werde. Also äuſsert sich das Gleichartige der
Vorstellungen (man vergesse nie, daſs wir von einfa-
chen
Vorstellungen reden, und nicht etwa von Com-
plexionen) zuerst als ein Streben zur Verschmel-
zung
; dergleichen bey den völlig Gleichartigen nicht
vorkommen konnte. Dieses Streben wird nun bey un-
endlich Nahen nur unendlich geringen Widerstand finden.

Nehmen wir hingegen jetzt Vorstellungen, deren Ge-
gensatz eine endliche Gröſse hat: so kann, erstlich, die
Verschmelzung nur allmählig zu Stande kommen, in dem
Maaſse nämlich, als die Gegensätze dem Streben zur Ver-
einigung allmählig nachgeben; zweytens, aus dem Grade
des Gegensatzes und der Gleichartigkeit muſs die Stärke
des Strebens zur Vereinigung, und hieraus weiter berech-
net werden, wie viel dieses Streben über die Gegensätze
vermögen, wie viel wirkliche Vereinigung, und folglich
welche Totalkräfte es am Ende erzeugen werde.

So viel zur vorläufigen Aufklärung der Begriffe; wir
suchen jetzt die allgemeine Methode aller Verschmel-
zungs-Rechnung; welche der Rechnung für unvollkommne
Complicationen im wesentlichen ähnlich ist.

§. 68.

Für die drey Vorstellungen a, b, c, gebe es drey
Verschmelzungshülfen, h, h', h″; welche nach was im-
mer für einem Gesetze bestimmt seyn mögen, nur aber
nicht von fremden Einflüssen herrühren, sondern aus ge-
genseitiger Wirkung von a, b, und c auf einander ent-
sprungen seyn müssen. Auch sey a+h=α, b+h'=β,
c+h″=γ. Der Hemmungssumme widerstehen nun diese
Totalkräfte nach dem umgekehrten Verhältniſs ihrer Stärke,
und vielleicht noch im geraden Verhältnisse irgend wel-
cher Hemmungsgrade oder Summen von Hemmungsgra-
den, um deren Bestimmung wir uns hier nicht beküm-
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[224/0244] Verschmelzung mit sich hineinziehen muſs, — so wird der wirklichen Vereinigung ein Kampf vorangehn, dessen Entscheidung bestimmt, wie innig die wirkliche Vereini- gung seyn werde. Also äuſsert sich das Gleichartige der Vorstellungen (man vergesse nie, daſs wir von einfa- chen Vorstellungen reden, und nicht etwa von Com- plexionen) zuerst als ein Streben zur Verschmel- zung; dergleichen bey den völlig Gleichartigen nicht vorkommen konnte. Dieses Streben wird nun bey un- endlich Nahen nur unendlich geringen Widerstand finden. Nehmen wir hingegen jetzt Vorstellungen, deren Ge- gensatz eine endliche Gröſse hat: so kann, erstlich, die Verschmelzung nur allmählig zu Stande kommen, in dem Maaſse nämlich, als die Gegensätze dem Streben zur Ver- einigung allmählig nachgeben; zweytens, aus dem Grade des Gegensatzes und der Gleichartigkeit muſs die Stärke des Strebens zur Vereinigung, und hieraus weiter berech- net werden, wie viel dieses Streben über die Gegensätze vermögen, wie viel wirkliche Vereinigung, und folglich welche Totalkräfte es am Ende erzeugen werde. So viel zur vorläufigen Aufklärung der Begriffe; wir suchen jetzt die allgemeine Methode aller Verschmel- zungs-Rechnung; welche der Rechnung für unvollkommne Complicationen im wesentlichen ähnlich ist. §. 68. Für die drey Vorstellungen a, b, c, gebe es drey Verschmelzungshülfen, h, h', h″; welche nach was im- mer für einem Gesetze bestimmt seyn mögen, nur aber nicht von fremden Einflüssen herrühren, sondern aus ge- genseitiger Wirkung von a, b, und c auf einander ent- sprungen seyn müssen. Auch sey a+h=α, b+h'=β, c+h″=γ. Der Hemmungssumme widerstehen nun diese Totalkräfte nach dem umgekehrten Verhältniſs ihrer Stärke, und vielleicht noch im geraden Verhältnisse irgend wel- cher Hemmungsgrade oder Summen von Hemmungsgra- den, um deren Bestimmung wir uns hier nicht beküm- mern, deren Stelle wir aber, nach Analogie der Unter- su-

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Zitationshilfe: Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 1. Königsberg, 1824, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie01_1824/244>, abgerufen am 21.11.2024.