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Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 1. Königsberg, 1824.

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"ter entspringt." Jetzt ist uns gestattet, dieses, was aus
der Zusammenfassung in Ein Vorstellen entspringt, nä-
her anzugeben, nämlich in so fern es die Grundlage der
Ichheit bildet. Die Objecte der Vorstellungen sind es
nicht, wohl aber die Regsamkeit des Vorstellens selbst
in seiner Hemmung, wovon sich einsehn lässt, dass es
dasjenige ausmachen werde, worin wir Uns Selbst erken-
nen. Eben das, was zum Gedächtniss und zum Willen
gerechnet werden kann, dieses mag auch Uns bezeich-
nen; es mag helfen, jenes bisher vergeblich gesuchte Ob-
ject im Begriff des Ich (§. 27.) allmählig aufzufinden.

Gleichwohl, wie weit sind wir noch vom Ziele! Wir
begreifen noch nicht einmal so viel, wie denn ein Vor-
stellen, vollends ein Streben vorzustellen, zum Gegen-
stande
einer höhern Vorstellung werden könne. Und
dieses wäre doch die erste Voraussetzung für jedes Fin-
den seiner selbst. Absolute Acte des Aufspringens zur
Reflexion auf sich selbst, haben wir anzunehmen uns
vielfältig untersagt; wollen wir aber dergleichen Wun-
der
entbehren, und den schwierigen Weg einer ächten
Natur-Erklärung einschlagen: so müssen wir uns schon
gefallen lassen, das Gesuchte eine Zeitlang aus den Au-
gen zu setzen, um andere Spuren desjenigen, was seiner
Natur nach leichter und früher erkannt werden kann, zu
verfolgen, und auf solche Weise uns erst mit den nöthi-
gen Hülfs-Kenntnissen für die unternommene Nachfor-
schung zu versorgen.

Demnach sey nun auf langehin die Frage nach dem
Ich verabschiedet; der Begriff aber von dem Streben vor-
zustellen, dieser Hauptgewinn unserer bisherigen vom Be-
griff des Ich ausgegangenen Nachforschungen, wird uns
einen reichlichen, ja unerschöpflichen Stoff zu fernern
Untersuchungen darbieten, welche selbst wiederum (im
§. 132.) zu der Betrachtung des Selbstbewusstseyns zu-
rückführen werden.

§. 39.

Dass unter mehrern, einander entgegengesetzten Vor-

„ter entspringt.“ Jetzt ist uns gestattet, dieses, was aus
der Zusammenfassung in Ein Vorstellen entspringt, nä-
her anzugeben, nämlich in so fern es die Grundlage der
Ichheit bildet. Die Objecte der Vorstellungen sind es
nicht, wohl aber die Regsamkeit des Vorstellens selbst
in seiner Hemmung, wovon sich einsehn läſst, daſs es
dasjenige ausmachen werde, worin wir Uns Selbst erken-
nen. Eben das, was zum Gedächtniſs und zum Willen
gerechnet werden kann, dieses mag auch Uns bezeich-
nen; es mag helfen, jenes bisher vergeblich gesuchte Ob-
ject im Begriff des Ich (§. 27.) allmählig aufzufinden.

Gleichwohl, wie weit sind wir noch vom Ziele! Wir
begreifen noch nicht einmal so viel, wie denn ein Vor-
stellen, vollends ein Streben vorzustellen, zum Gegen-
stande
einer höhern Vorstellung werden könne. Und
dieses wäre doch die erste Voraussetzung für jedes Fin-
den seiner selbst. Absolute Acte des Aufspringens zur
Reflexion auf sich selbst, haben wir anzunehmen uns
vielfältig untersagt; wollen wir aber dergleichen Wun-
der
entbehren, und den schwierigen Weg einer ächten
Natur-Erklärung einschlagen: so müssen wir uns schon
gefallen lassen, das Gesuchte eine Zeitlang aus den Au-
gen zu setzen, um andere Spuren desjenigen, was seiner
Natur nach leichter und früher erkannt werden kann, zu
verfolgen, und auf solche Weise uns erst mit den nöthi-
gen Hülfs-Kenntnissen für die unternommene Nachfor-
schung zu versorgen.

Demnach sey nun auf langehin die Frage nach dem
Ich verabschiedet; der Begriff aber von dem Streben vor-
zustellen, dieser Hauptgewinn unserer bisherigen vom Be-
griff des Ich ausgegangenen Nachforschungen, wird uns
einen reichlichen, ja unerschöpflichen Stoff zu fernern
Untersuchungen darbieten, welche selbst wiederum (im
§. 132.) zu der Betrachtung des Selbstbewuſstseyns zu-
rückführen werden.

§. 39.

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[151/0171] „ter entspringt.“ Jetzt ist uns gestattet, dieses, was aus der Zusammenfassung in Ein Vorstellen entspringt, nä- her anzugeben, nämlich in so fern es die Grundlage der Ichheit bildet. Die Objecte der Vorstellungen sind es nicht, wohl aber die Regsamkeit des Vorstellens selbst in seiner Hemmung, wovon sich einsehn läſst, daſs es dasjenige ausmachen werde, worin wir Uns Selbst erken- nen. Eben das, was zum Gedächtniſs und zum Willen gerechnet werden kann, dieses mag auch Uns bezeich- nen; es mag helfen, jenes bisher vergeblich gesuchte Ob- ject im Begriff des Ich (§. 27.) allmählig aufzufinden. Gleichwohl, wie weit sind wir noch vom Ziele! Wir begreifen noch nicht einmal so viel, wie denn ein Vor- stellen, vollends ein Streben vorzustellen, zum Gegen- stande einer höhern Vorstellung werden könne. Und dieses wäre doch die erste Voraussetzung für jedes Fin- den seiner selbst. Absolute Acte des Aufspringens zur Reflexion auf sich selbst, haben wir anzunehmen uns vielfältig untersagt; wollen wir aber dergleichen Wun- der entbehren, und den schwierigen Weg einer ächten Natur-Erklärung einschlagen: so müssen wir uns schon gefallen lassen, das Gesuchte eine Zeitlang aus den Au- gen zu setzen, um andere Spuren desjenigen, was seiner Natur nach leichter und früher erkannt werden kann, zu verfolgen, und auf solche Weise uns erst mit den nöthi- gen Hülfs-Kenntnissen für die unternommene Nachfor- schung zu versorgen. Demnach sey nun auf langehin die Frage nach dem Ich verabschiedet; der Begriff aber von dem Streben vor- zustellen, dieser Hauptgewinn unserer bisherigen vom Be- griff des Ich ausgegangenen Nachforschungen, wird uns einen reichlichen, ja unerschöpflichen Stoff zu fernern Untersuchungen darbieten, welche selbst wiederum (im §. 132.) zu der Betrachtung des Selbstbewuſstseyns zu- rückführen werden. §. 39. Daſs unter mehrern, einander entgegengesetzten Vor-

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Zitationshilfe: Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 1. Königsberg, 1824, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie01_1824/171>, abgerufen am 21.11.2024.