Heine, Heinrich: Buch der Lieder. Hamburg, 1827.IV. Die Nacht am Strande. Sternlos und kalt ist die Nacht,
Es gährt das Meer; Und über dem Meer', platt auf dem Bauch, Liegt der ungestaltete Nordwind, Und heimlich, mit ächzend gedämpfter Stimme, Wie'n störriger Griesgram, der gutgelaunt wird, Schwatzt er in's Wasser hinein, Und erzählt viel tolle Geschichten, Riesenmährchen, todtschlaglaunig, Uralte Sagen aus Norweg, Und dazwischen, weitschallend, lacht er und heult er Beschwörungslieder der Edda, Graue Runensprüche, So dunkeltrotzig und zaubergewaltig, Daß die weißen Meerkinder Hochaufspringen und jauchzen, Uebermuth-berauscht. IV. Die Nacht am Strande. Sternlos und kalt iſt die Nacht,
Es gährt das Meer; Und über dem Meer', platt auf dem Bauch, Liegt der ungeſtaltete Nordwind, Und heimlich, mit ächzend gedämpfter Stimme, Wie'n ſtörriger Griesgram, der gutgelaunt wird, Schwatzt er in's Waſſer hinein, Und erzählt viel tolle Geſchichten, Rieſenmährchen, todtſchlaglaunig, Uralte Sagen aus Norweg, Und dazwiſchen, weitſchallend, lacht er und heult er Beſchwörungslieder der Edda, Graue Runenſprüche, So dunkeltrotzig und zaubergewaltig, Daß die weißen Meerkinder Hochaufſpringen und jauchzen, Uebermuth-berauſcht. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0324" n="316"/> </div> <div n="3"> <head> <hi rendition="#aq">IV.</hi><lb/> <hi rendition="#g">Die Nacht am Strande.</hi><lb/> </head> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Sternlos und kalt iſt die Nacht,</l><lb/> <l>Es gährt das Meer;</l><lb/> <l>Und über dem Meer', platt auf dem Bauch,</l><lb/> <l>Liegt der ungeſtaltete Nordwind,</l><lb/> <l>Und heimlich, mit ächzend gedämpfter Stimme,</l><lb/> <l>Wie'n ſtörriger Griesgram, der gutgelaunt wird,</l><lb/> <l>Schwatzt er in's Waſſer hinein,</l><lb/> <l>Und erzählt viel tolle Geſchichten,</l><lb/> <l>Rieſenmährchen, todtſchlaglaunig,</l><lb/> <l>Uralte Sagen aus Norweg,</l><lb/> <l>Und dazwiſchen, weitſchallend, lacht er und heult er</l><lb/> <l>Beſchwörungslieder der Edda,</l><lb/> <l>Graue Runenſprüche,</l><lb/> <l>So dunkeltrotzig und zaubergewaltig,</l><lb/> <l>Daß die weißen Meerkinder</l><lb/> <l>Hochaufſpringen und jauchzen,</l><lb/> <l>Uebermuth-berauſcht.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [316/0324]
IV.
Die Nacht am Strande.
Sternlos und kalt iſt die Nacht,
Es gährt das Meer;
Und über dem Meer', platt auf dem Bauch,
Liegt der ungeſtaltete Nordwind,
Und heimlich, mit ächzend gedämpfter Stimme,
Wie'n ſtörriger Griesgram, der gutgelaunt wird,
Schwatzt er in's Waſſer hinein,
Und erzählt viel tolle Geſchichten,
Rieſenmährchen, todtſchlaglaunig,
Uralte Sagen aus Norweg,
Und dazwiſchen, weitſchallend, lacht er und heult er
Beſchwörungslieder der Edda,
Graue Runenſprüche,
So dunkeltrotzig und zaubergewaltig,
Daß die weißen Meerkinder
Hochaufſpringen und jauchzen,
Uebermuth-berauſcht.
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