Das Leben ist die unmittelbare Idee, oder die Idee als ihr noch nicht an sich selbst realisirter Be- griff. In ihrem Urtheil ist sie das Erkennen überhaupt.
Der Begriff ist als Begriff für sich, insofern er frey als abstracte Allgemeinheit oder als Gattung exi- stirt. So ist er seine reine Identität mit sich, welche sich so in sich selbst unterscheidet, daß das unterschiede- ne nicht eine Objectivität, sondern gleichfalls zur Subjectivität oder zur Form der einfachen Gleichheit mit sich befreyt, hiemit der Gegenstand des Begriffes der Begriff selbst ist. Seine Realität überhaupt ist die Form seines Daseyns; auf Bestimmung die- ser Form kommt es an; auf ihr beruht der Unterschied dessen, was der Begriff an sich, oder als subjecti- ver ist, was er ist in die Objectivität versenkt, dann in der Idee des Lebens. In der letztern ist er zwar von seiner äusserlichen Realität unterschieden und für sich gesetzt, doch diß sein Fürsichseyn hat er nur als die Identität, welche eine Beziehung auf sich als ver- senkt in seine ihm unterworfene Objectivität oder auf sich als inwohnende, substantielle Form ist. Die Erhe- bung des Begriffs über das Leben ist, daß seine Reali-
tät
III.Abſchnitt. Idee.
Zweytes Kapitel. Die Idee des Erkennens.
Das Leben iſt die unmittelbare Idee, oder die Idee als ihr noch nicht an ſich ſelbſt realiſirter Be- griff. In ihrem Urtheil iſt ſie das Erkennen uͤberhaupt.
Der Begriff iſt als Begriff fuͤr ſich, inſofern er frey als abſtracte Allgemeinheit oder als Gattung exi- ſtirt. So iſt er ſeine reine Identitaͤt mit ſich, welche ſich ſo in ſich ſelbſt unterſcheidet, daß das unterſchiede- ne nicht eine Objectivitaͤt, ſondern gleichfalls zur Subjectivitaͤt oder zur Form der einfachen Gleichheit mit ſich befreyt, hiemit der Gegenſtand des Begriffes der Begriff ſelbſt iſt. Seine Realitaͤt uͤberhaupt iſt die Form ſeines Daſeyns; auf Beſtimmung die- ſer Form kommt es an; auf ihr beruht der Unterſchied deſſen, was der Begriff an ſich, oder als ſubjecti- ver iſt, was er iſt in die Objectivitaͤt verſenkt, dann in der Idee des Lebens. In der letztern iſt er zwar von ſeiner aͤuſſerlichen Realitaͤt unterſchieden und fuͤr ſich geſetzt, doch diß ſein Fuͤrſichſeyn hat er nur als die Identitaͤt, welche eine Beziehung auf ſich als ver- ſenkt in ſeine ihm unterworfene Objectivitaͤt oder auf ſich als inwohnende, ſubſtantielle Form iſt. Die Erhe- bung des Begriffs uͤber das Leben iſt, daß ſeine Reali-
taͤt
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0316"n="298"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#aq">III.</hi><hirendition="#g">Abſchnitt. Idee</hi>.</fw><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="3"><head><hirendition="#g">Zweytes Kapitel.<lb/>
Die Idee des Erkennens</hi>.</head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p><hirendition="#in">D</hi>as Leben iſt die unmittelbare Idee, oder die<lb/>
Idee als ihr noch nicht an ſich ſelbſt realiſirter <hirendition="#g">Be-<lb/>
griff</hi>. In ihrem <hirendition="#g">Urtheil</hi> iſt ſie das <hirendition="#g">Erkennen</hi><lb/>
uͤberhaupt.</p><lb/><p>Der Begriff iſt als Begriff <hirendition="#g">fuͤr ſich</hi>, inſofern er<lb/><hirendition="#g">frey</hi> als abſtracte Allgemeinheit oder als Gattung exi-<lb/>ſtirt. So iſt er ſeine reine Identitaͤt mit ſich, welche<lb/>ſich ſo in ſich ſelbſt unterſcheidet, daß das unterſchiede-<lb/>
ne nicht eine <hirendition="#g">Objectivitaͤt</hi>, ſondern gleichfalls zur<lb/>
Subjectivitaͤt oder zur Form der einfachen Gleichheit<lb/>
mit ſich befreyt, hiemit der Gegenſtand des Begriffes<lb/>
der Begriff ſelbſt iſt. Seine <hirendition="#g">Realitaͤt</hi> uͤberhaupt iſt<lb/>
die <hirendition="#g">Form ſeines Daſeyns</hi>; auf Beſtimmung die-<lb/>ſer Form kommt es an; auf ihr beruht der Unterſchied<lb/>
deſſen, was der Begriff <hirendition="#g">an ſich</hi>, oder als <hirendition="#g">ſubjecti-<lb/>
ver</hi> iſt, was er iſt in die Objectivitaͤt verſenkt, dann<lb/>
in der Idee des Lebens. In der letztern iſt er zwar<lb/>
von ſeiner aͤuſſerlichen Realitaͤt unterſchieden und <hirendition="#g">fuͤr<lb/>ſich</hi> geſetzt, doch diß ſein Fuͤrſichſeyn hat er nur als<lb/>
die Identitaͤt, welche eine Beziehung auf ſich als ver-<lb/>ſenkt in ſeine ihm unterworfene Objectivitaͤt oder auf<lb/>ſich als inwohnende, ſubſtantielle Form iſt. Die Erhe-<lb/>
bung des Begriffs uͤber das Leben iſt, daß ſeine Reali-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">taͤt</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[298/0316]
III. Abſchnitt. Idee.
Zweytes Kapitel.
Die Idee des Erkennens.
Das Leben iſt die unmittelbare Idee, oder die
Idee als ihr noch nicht an ſich ſelbſt realiſirter Be-
griff. In ihrem Urtheil iſt ſie das Erkennen
uͤberhaupt.
Der Begriff iſt als Begriff fuͤr ſich, inſofern er
frey als abſtracte Allgemeinheit oder als Gattung exi-
ſtirt. So iſt er ſeine reine Identitaͤt mit ſich, welche
ſich ſo in ſich ſelbſt unterſcheidet, daß das unterſchiede-
ne nicht eine Objectivitaͤt, ſondern gleichfalls zur
Subjectivitaͤt oder zur Form der einfachen Gleichheit
mit ſich befreyt, hiemit der Gegenſtand des Begriffes
der Begriff ſelbſt iſt. Seine Realitaͤt uͤberhaupt iſt
die Form ſeines Daſeyns; auf Beſtimmung die-
ſer Form kommt es an; auf ihr beruht der Unterſchied
deſſen, was der Begriff an ſich, oder als ſubjecti-
ver iſt, was er iſt in die Objectivitaͤt verſenkt, dann
in der Idee des Lebens. In der letztern iſt er zwar
von ſeiner aͤuſſerlichen Realitaͤt unterſchieden und fuͤr
ſich geſetzt, doch diß ſein Fuͤrſichſeyn hat er nur als
die Identitaͤt, welche eine Beziehung auf ſich als ver-
ſenkt in ſeine ihm unterworfene Objectivitaͤt oder auf
ſich als inwohnende, ſubſtantielle Form iſt. Die Erhe-
bung des Begriffs uͤber das Leben iſt, daß ſeine Reali-
taͤt
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 2. Nürnberg, 1816, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik02_1816/316>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.