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Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.

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§. 135. Völkerrecht im Zustand des Unfriedens.
ist dies ein Unglück, welches ihn trifft; 1 aber es kann ihm daraus
nur eine Einrede oder eine Forderung wegen nützlicher Verwendung
aus Billigkeit gegen den wahren Gläubiger oder einen Dritten zu-
stehen, der dadurch selbst von einer Zahlung an den Feind befreit
worden ist. Ein Anderes wird sich nur im Falle einer Debella-
tion oder vermöge ausdrücklicher friedensgesetzlicher Bestimmungen
behaupten lassen; namentlich, wenn die Schuldner unter der Bot-
mäßigkeit des occupirenden Feindes stehen, der jedoch dritten Mäch-
ten keine desfallsige Verbindlichkeit auferlegen kann. 2

Unbedenklich darf dagegen den Forderungen feindlicher Unter-
thanen an diesseitige Unterthanen und Anstalten die Klagbarkeit im
Wege der Repressalien oder Retorsion versagt werden, wenn nicht
etwa hierauf vertragsmäßig verzichtet ist. 3

Beuterecht an beweglichen körperlichen Sachen. 4

135. Ein allenthalben anerkanntes Aneignungsrecht findet in
Landkriegen bei eigentlicher Kriegsbeute Statt. Gegenstände der-
selben sind unbestritten alle beweglichen körperlichen Sachen, welche
dem feindlichen Heere oder einzelnen dazu gehörigen Individuen von
rechtmäßigen Streitern der Gegenpartei, oder ausnahmsweise denje-
nigen Staatsangehörigen abgenommen werden, deren Plünderung
von dem Befehlshaber der Gegenpartei erlaubt worden ist, z. B.
bei Erstürmung einer Festung oder eines anderen hartnäckig ver-
theidigten Platzes. Nur in ersterer Hinsicht versteht sich das Beu-
terecht ohne weitere Erlaubniß; die kriegführenden Theile geben
gleichsam wechselseitig dem Spiel des Krieges dasjenige preis, was
sie bei ihrem Zusammentreffen bei sich führen; in dem zweiten oder
Ausnahmefall erscheint die Beute als eine eigenmächtige Compen-
sation für dasjenige, was man bei einer so besonderen Gelegenheit
auf das Spiel zu setzen genöthigt gewesen ist, wobei man die Wie-
derausgleichung den betroffenen feindlichen Unterthanen mit ihrer

1 Als civilrechtlicher Satz unbestreitbar. S. Schweikart, S. 94 f. 105. 109.
2 Das Gegentheil wird natürlich, wiewohl bald mehr, bald weniger bedingt,
von den Publicisten angenommen, welche überhaupt eine Occupation un-
körperlicher Dinge vertheidigen. Vgl. v. Kamptz a. a. O. §. 6. 7.
3 Ein Beispiel solchen Vertrages ist der Handelsvertrag zwischen Großbri-
tannien und Nordamerica v. 1794. Vgl. Wheaton IV, 1, 12.
4 Schriften bei v. Ompteda §. 309. v. Kamptz §. 308. Groot III, 6.
Vattel III, 196.
15*

§. 135. Voͤlkerrecht im Zuſtand des Unfriedens.
iſt dies ein Unglück, welches ihn trifft; 1 aber es kann ihm daraus
nur eine Einrede oder eine Forderung wegen nützlicher Verwendung
aus Billigkeit gegen den wahren Gläubiger oder einen Dritten zu-
ſtehen, der dadurch ſelbſt von einer Zahlung an den Feind befreit
worden iſt. Ein Anderes wird ſich nur im Falle einer Debella-
tion oder vermöge ausdrücklicher friedensgeſetzlicher Beſtimmungen
behaupten laſſen; namentlich, wenn die Schuldner unter der Bot-
mäßigkeit des occupirenden Feindes ſtehen, der jedoch dritten Mäch-
ten keine desfallſige Verbindlichkeit auferlegen kann. 2

Unbedenklich darf dagegen den Forderungen feindlicher Unter-
thanen an dieſſeitige Unterthanen und Anſtalten die Klagbarkeit im
Wege der Repreſſalien oder Retorſion verſagt werden, wenn nicht
etwa hierauf vertragsmäßig verzichtet iſt. 3

Beuterecht an beweglichen körperlichen Sachen. 4

135. Ein allenthalben anerkanntes Aneignungsrecht findet in
Landkriegen bei eigentlicher Kriegsbeute Statt. Gegenſtände der-
ſelben ſind unbeſtritten alle beweglichen körperlichen Sachen, welche
dem feindlichen Heere oder einzelnen dazu gehörigen Individuen von
rechtmäßigen Streitern der Gegenpartei, oder ausnahmsweiſe denje-
nigen Staatsangehörigen abgenommen werden, deren Plünderung
von dem Befehlshaber der Gegenpartei erlaubt worden iſt, z. B.
bei Erſtürmung einer Feſtung oder eines anderen hartnäckig ver-
theidigten Platzes. Nur in erſterer Hinſicht verſteht ſich das Beu-
terecht ohne weitere Erlaubniß; die kriegführenden Theile geben
gleichſam wechſelſeitig dem Spiel des Krieges dasjenige preis, was
ſie bei ihrem Zuſammentreffen bei ſich führen; in dem zweiten oder
Ausnahmefall erſcheint die Beute als eine eigenmächtige Compen-
ſation für dasjenige, was man bei einer ſo beſonderen Gelegenheit
auf das Spiel zu ſetzen genöthigt geweſen iſt, wobei man die Wie-
derausgleichung den betroffenen feindlichen Unterthanen mit ihrer

1 Als civilrechtlicher Satz unbeſtreitbar. S. Schweikart, S. 94 f. 105. 109.
2 Das Gegentheil wird natürlich, wiewohl bald mehr, bald weniger bedingt,
von den Publiciſten angenommen, welche überhaupt eine Occupation un-
körperlicher Dinge vertheidigen. Vgl. v. Kamptz a. a. O. §. 6. 7.
3 Ein Beiſpiel ſolchen Vertrages iſt der Handelsvertrag zwiſchen Großbri-
tannien und Nordamerica v. 1794. Vgl. Wheaton IV, 1, 12.
4 Schriften bei v. Ompteda §. 309. v. Kamptz §. 308. Groot III, 6.
Vattel III, 196.
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[227/0251] §. 135. Voͤlkerrecht im Zuſtand des Unfriedens. iſt dies ein Unglück, welches ihn trifft; 1 aber es kann ihm daraus nur eine Einrede oder eine Forderung wegen nützlicher Verwendung aus Billigkeit gegen den wahren Gläubiger oder einen Dritten zu- ſtehen, der dadurch ſelbſt von einer Zahlung an den Feind befreit worden iſt. Ein Anderes wird ſich nur im Falle einer Debella- tion oder vermöge ausdrücklicher friedensgeſetzlicher Beſtimmungen behaupten laſſen; namentlich, wenn die Schuldner unter der Bot- mäßigkeit des occupirenden Feindes ſtehen, der jedoch dritten Mäch- ten keine desfallſige Verbindlichkeit auferlegen kann. 2 Unbedenklich darf dagegen den Forderungen feindlicher Unter- thanen an dieſſeitige Unterthanen und Anſtalten die Klagbarkeit im Wege der Repreſſalien oder Retorſion verſagt werden, wenn nicht etwa hierauf vertragsmäßig verzichtet iſt. 3 Beuterecht an beweglichen körperlichen Sachen. 4 135. Ein allenthalben anerkanntes Aneignungsrecht findet in Landkriegen bei eigentlicher Kriegsbeute Statt. Gegenſtände der- ſelben ſind unbeſtritten alle beweglichen körperlichen Sachen, welche dem feindlichen Heere oder einzelnen dazu gehörigen Individuen von rechtmäßigen Streitern der Gegenpartei, oder ausnahmsweiſe denje- nigen Staatsangehörigen abgenommen werden, deren Plünderung von dem Befehlshaber der Gegenpartei erlaubt worden iſt, z. B. bei Erſtürmung einer Feſtung oder eines anderen hartnäckig ver- theidigten Platzes. Nur in erſterer Hinſicht verſteht ſich das Beu- terecht ohne weitere Erlaubniß; die kriegführenden Theile geben gleichſam wechſelſeitig dem Spiel des Krieges dasjenige preis, was ſie bei ihrem Zuſammentreffen bei ſich führen; in dem zweiten oder Ausnahmefall erſcheint die Beute als eine eigenmächtige Compen- ſation für dasjenige, was man bei einer ſo beſonderen Gelegenheit auf das Spiel zu ſetzen genöthigt geweſen iſt, wobei man die Wie- derausgleichung den betroffenen feindlichen Unterthanen mit ihrer 1 Als civilrechtlicher Satz unbeſtreitbar. S. Schweikart, S. 94 f. 105. 109. 2 Das Gegentheil wird natürlich, wiewohl bald mehr, bald weniger bedingt, von den Publiciſten angenommen, welche überhaupt eine Occupation un- körperlicher Dinge vertheidigen. Vgl. v. Kamptz a. a. O. §. 6. 7. 3 Ein Beiſpiel ſolchen Vertrages iſt der Handelsvertrag zwiſchen Großbri- tannien und Nordamerica v. 1794. Vgl. Wheaton IV, 1, 12. 4 Schriften bei v. Ompteda §. 309. v. Kamptz §. 308. Groot III, 6. Vattel III, 196. 15*

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Zitationshilfe: Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heffter_voelkerrecht_1844/251>, abgerufen am 21.11.2024.