Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.Zweites Buch. §. 133. Recht auf unbewegliche Sachen. 133. In Ansehung der unbeweglichen Sachen ist man 1 Hierüber besteht durchaus keine Meinungsverschiedenheit unter den neueren Publicisten. S. besonders Meermann, von dem Recht der Eroberung. Erf. 1774. Pufendorf VIII, 6, 20. Vattel III, §. 195. 196. Klüber §. 256. v. Martens §. 277. Wheaton IV, 2, §. 16. Alle gestehen we- nigstens zu, daß noch eine Bestätigung der Erwerbung durch den Friedens- schluß nöthig sei. Dies ist das Zugeständniß, daß die Besitzergreifung allein nicht genüget. 2 Vergl. die Entscheidung des Pariser Cassationshofes bei Sirey XVII, 1, 217. "Le droit de conquete n'a effet au prejudice des princes que sur les biens qu'ils possedent en qualite de princes et non sur les biens qu'ils possedent comme simple propriete." 3 So entschied derselbe Cassationshof bei Sirey XXX, 1. 280. "La con-
quete et l'occupation d'un Etat par un Souverain n'autorisent pas ce souverain a disposer par donation ou autrement du domaine conquis ou occupe." S. auch A. L. R. für die Preuß. Staaten I, 9, 198. Zweites Buch. §. 133. Recht auf unbewegliche Sachen. 133. In Anſehung der unbeweglichen Sachen iſt man 1 Hierüber beſteht durchaus keine Meinungsverſchiedenheit unter den neueren Publiciſten. S. beſonders Meermann, von dem Recht der Eroberung. Erf. 1774. Pufendorf VIII, 6, 20. Vattel III, §. 195. 196. Klüber §. 256. v. Martens §. 277. Wheaton IV, 2, §. 16. Alle geſtehen we- nigſtens zu, daß noch eine Beſtätigung der Erwerbung durch den Friedens- ſchluß nöthig ſei. Dies iſt das Zugeſtändniß, daß die Beſitzergreifung allein nicht genüget. 2 Vergl. die Entſcheidung des Pariſer Caſſationshofes bei Sirey XVII, 1, 217. „Le droit de conquête n’a effet au préjudice des princes que sur les biens qu’ils possèdent en qualité de princes et non sur les biens qu’ils possèdent comme simple propriété.“ 3 So entſchied derſelbe Caſſationshof bei Sirey XXX, 1. 280. „La con-
quête et l’occupation d’un Etat par un Souverain n’autorisent pas ce souverain à disposer par donation ou autrement du domaine conquis ou occupé.“ S. auch A. L. R. für die Preuß. Staaten I, 9, 198. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0248" n="224"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweites Buch</hi>. §. 133.</fw><lb/> <div n="3"> <head>Recht auf unbewegliche Sachen.</head><lb/> <p>133. In Anſehung der <hi rendition="#g">unbeweglichen Sachen</hi> iſt man<lb/> im Allgemeinen ſchon ſeit längerer Zeit einverſtanden, daß dieſelben<lb/> wenigſtens dann, wenn ſie feindlichen Unterthanen gehören, durch<lb/> Invaſion und Landesbeſitznahme von Seiten der anderen Kriegs-<lb/> partei, ihren Eigenthümer nicht verändern und nicht mehr, wie in<lb/> älterer Zeit, in das Eigenthum des Siegers übergehen. <note place="foot" n="1">Hierüber beſteht durchaus keine Meinungsverſchiedenheit unter den neueren<lb/> Publiciſten. S. beſonders Meermann, von dem Recht der Eroberung.<lb/> Erf. 1774. Pufendorf <hi rendition="#aq">VIII,</hi> 6, 20. Vattel <hi rendition="#aq">III,</hi> §. 195. 196. Klüber<lb/> §. 256. v. Martens §. 277. Wheaton <hi rendition="#aq">IV,</hi> 2, §. 16. Alle geſtehen we-<lb/> nigſtens zu, daß noch eine Beſtätigung der Erwerbung durch den Friedens-<lb/> ſchluß nöthig ſei. Dies iſt das Zugeſtändniß, daß die Beſitzergreifung allein<lb/> nicht genüget.</note> Es folgt<lb/> daraus von ſelbſt, daß jede von demſelben vorgenomme Verände-<lb/> rung eine rechtlich unhaltbare iſt, nur thatſächliche Wirkungen her-<lb/> vorbringen kann und durch das Poſtliminium hinfällig wird. Sollte<lb/> ſich der Sieger künftighin in dem eroberten Lande behaupten und<lb/> es zu dem Seinigen machen, ſo würde er freilich auch dem mit-<lb/> beſiegten Unterthan ein Geſetz vorſchreiben können, welches der that-<lb/> ſächlichen Veräußerung einen juriſtiſchen Character zu geben im<lb/> Stande wäre. Ganz auf dieſelbe Weiſe verhält es ſich mit dem unbe-<lb/> weglichen Privateigenthum des verdrängten Souveräns, welches er<lb/> nicht als Souverän beſitzt; <note place="foot" n="2">Vergl. die Entſcheidung des Pariſer Caſſationshofes bei <hi rendition="#aq">Sirey XVII, 1,<lb/> 217. „Le droit de conquête n’a effet au préjudice des princes que sur<lb/> les biens qu’ils possèdent en qualité de princes et non sur les biens<lb/> qu’ils possèdent comme simple propriété.“</hi></note> ja auch von dem öffentlichen unbe-<lb/> weglichen Staatseigenthum wird, ſo lange nicht die Staatsgewalt<lb/> ſelbſt wenigſtens interimiſtiſch auf den Sieger übergegangen iſt,<lb/> ein Anderes nicht zu behaupten ſein. <note place="foot" n="3">So entſchied derſelbe Caſſationshof bei <hi rendition="#aq">Sirey XXX, 1. 280. „La con-<lb/> quête et l’occupation d’un Etat par un Souverain n’autorisent pas ce<lb/> souverain à disposer par donation ou autrement du domaine conquis<lb/> ou occupé.“</hi> S. auch A. L. R. für die Preuß. Staaten <hi rendition="#aq">I,</hi> 9, 198.</note> Natürlich wird in beider-<lb/> lei Hinſicht dem Sieger eine vorläufige Beſchlagnahme und die<lb/> Beziehung der Einkünfte zu ſeinem Vortheil freiſtehen.</p> </div><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [224/0248]
Zweites Buch. §. 133.
Recht auf unbewegliche Sachen.
133. In Anſehung der unbeweglichen Sachen iſt man
im Allgemeinen ſchon ſeit längerer Zeit einverſtanden, daß dieſelben
wenigſtens dann, wenn ſie feindlichen Unterthanen gehören, durch
Invaſion und Landesbeſitznahme von Seiten der anderen Kriegs-
partei, ihren Eigenthümer nicht verändern und nicht mehr, wie in
älterer Zeit, in das Eigenthum des Siegers übergehen. 1 Es folgt
daraus von ſelbſt, daß jede von demſelben vorgenomme Verände-
rung eine rechtlich unhaltbare iſt, nur thatſächliche Wirkungen her-
vorbringen kann und durch das Poſtliminium hinfällig wird. Sollte
ſich der Sieger künftighin in dem eroberten Lande behaupten und
es zu dem Seinigen machen, ſo würde er freilich auch dem mit-
beſiegten Unterthan ein Geſetz vorſchreiben können, welches der that-
ſächlichen Veräußerung einen juriſtiſchen Character zu geben im
Stande wäre. Ganz auf dieſelbe Weiſe verhält es ſich mit dem unbe-
weglichen Privateigenthum des verdrängten Souveräns, welches er
nicht als Souverän beſitzt; 2 ja auch von dem öffentlichen unbe-
weglichen Staatseigenthum wird, ſo lange nicht die Staatsgewalt
ſelbſt wenigſtens interimiſtiſch auf den Sieger übergegangen iſt,
ein Anderes nicht zu behaupten ſein. 3 Natürlich wird in beider-
lei Hinſicht dem Sieger eine vorläufige Beſchlagnahme und die
Beziehung der Einkünfte zu ſeinem Vortheil freiſtehen.
1 Hierüber beſteht durchaus keine Meinungsverſchiedenheit unter den neueren
Publiciſten. S. beſonders Meermann, von dem Recht der Eroberung.
Erf. 1774. Pufendorf VIII, 6, 20. Vattel III, §. 195. 196. Klüber
§. 256. v. Martens §. 277. Wheaton IV, 2, §. 16. Alle geſtehen we-
nigſtens zu, daß noch eine Beſtätigung der Erwerbung durch den Friedens-
ſchluß nöthig ſei. Dies iſt das Zugeſtändniß, daß die Beſitzergreifung allein
nicht genüget.
2 Vergl. die Entſcheidung des Pariſer Caſſationshofes bei Sirey XVII, 1,
217. „Le droit de conquête n’a effet au préjudice des princes que sur
les biens qu’ils possèdent en qualité de princes et non sur les biens
qu’ils possèdent comme simple propriété.“
3 So entſchied derſelbe Caſſationshof bei Sirey XXX, 1. 280. „La con-
quête et l’occupation d’un Etat par un Souverain n’autorisent pas ce
souverain à disposer par donation ou autrement du domaine conquis
ou occupé.“ S. auch A. L. R. für die Preuß. Staaten I, 9, 198.
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