Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.Zweites Buch. §. 121. halten, wiewohl sie immer etwas geziemendes sein wird. 1 Gewißbedarf es nach der Natur der Sache keiner näheren Erklärung bei Vertheidigungskriegen wider einen bestimmt schon erklärten oder doch wahrscheinlichen Angriff des Gegners. Recht und Bil- ligkeit fordern nur, daß eine plötzliche Schilderhebung nicht etwa gegen Privatpersonen und deren Eigenthum, so wie gegen Dritte, namentlich gegen Neutrale, gemißbraucht werde, um sich dadurch Vortheile anzueignen, welche das Bestehen eines legalen Kriegszu- standes dem Kriegführenden darbietet. In dieser Hinsicht kann sich kein Staat, ohne Treue und Glauben zu verletzen, entbrechen, be- stimmte Erklärungen, Bekanntmachungen und Fristen Statt finden zu lassen, und dadurch den Betheiligten Gelegenheit zu geben, sich und das Ihrige gegen einen unvorhergesehenen Verlust zu sichern. Noch ist indessen die neueste Staatenpraxis nicht ganz auf diesem Wege, und mit wenigem Erfolg hat man schon längst die Aneig- nung solcher Vortheile bei dem ersten Anfang der Feindseligkeiten ohne vorherige Ankündigung derselben als illegal angefochten. 2 In der That ist sie Raub. Specielle Anwendungen dieses Princips wer- den weiterhin vorkommen. (§. 139.) Sobald übrigens unter den Hauptparteien der Kriegszustand ein- Maaßregeln vor oder bei Anfang des Krieges. 121. Maaßregeln, welche der Eröffnung eines vollständigen 1 S. besonders Bynkershoek, Quaest. iur. publ. 1, 2. und daneben die Schriften bei v. Ompteda §. 295. vergl. mit v. Kamptz §. 275. sodann Vattel III, §. 51. Emerigon, traite des assurances I, 12, 35. v. Mar- tens §. 262. Schmalz S. 223. Klüber §. 238. 2 Vattel §. 56. v. Martens l. c. 3 Vgl. Groot III, 3, 9. Vattel III, §. 102.
Zweites Buch. §. 121. halten, wiewohl ſie immer etwas geziemendes ſein wird. 1 Gewißbedarf es nach der Natur der Sache keiner näheren Erklärung bei Vertheidigungskriegen wider einen beſtimmt ſchon erklärten oder doch wahrſcheinlichen Angriff des Gegners. Recht und Bil- ligkeit fordern nur, daß eine plötzliche Schilderhebung nicht etwa gegen Privatperſonen und deren Eigenthum, ſo wie gegen Dritte, namentlich gegen Neutrale, gemißbraucht werde, um ſich dadurch Vortheile anzueignen, welche das Beſtehen eines legalen Kriegszu- ſtandes dem Kriegführenden darbietet. In dieſer Hinſicht kann ſich kein Staat, ohne Treue und Glauben zu verletzen, entbrechen, be- ſtimmte Erklärungen, Bekanntmachungen und Friſten Statt finden zu laſſen, und dadurch den Betheiligten Gelegenheit zu geben, ſich und das Ihrige gegen einen unvorhergeſehenen Verluſt zu ſichern. Noch iſt indeſſen die neueſte Staatenpraxis nicht ganz auf dieſem Wege, und mit wenigem Erfolg hat man ſchon längſt die Aneig- nung ſolcher Vortheile bei dem erſten Anfang der Feindſeligkeiten ohne vorherige Ankündigung derſelben als illegal angefochten. 2 In der That iſt ſie Raub. Specielle Anwendungen dieſes Princips wer- den weiterhin vorkommen. (§. 139.) Sobald übrigens unter den Hauptparteien der Kriegszuſtand ein- Maaßregeln vor oder bei Anfang des Krieges. 121. Maaßregeln, welche der Eröffnung eines vollſtändigen 1 S. beſonders Bynkershoek, Quaest. iur. publ. 1, 2. und daneben die Schriften bei v. Ompteda §. 295. vergl. mit v. Kamptz §. 275. ſodann Vattel III, §. 51. Emerigon, traité des assurances I, 12, 35. v. Mar- tens §. 262. Schmalz S. 223. Klüber §. 238. 2 Vattel §. 56. v. Martens l. c. 3 Vgl. Groot III, 3, 9. Vattel III, §. 102.
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Zweites Buch. §. 121.
halten, wiewohl ſie immer etwas geziemendes ſein wird. 1 Gewiß
bedarf es nach der Natur der Sache keiner näheren Erklärung
bei Vertheidigungskriegen wider einen beſtimmt ſchon erklärten
oder doch wahrſcheinlichen Angriff des Gegners. Recht und Bil-
ligkeit fordern nur, daß eine plötzliche Schilderhebung nicht etwa
gegen Privatperſonen und deren Eigenthum, ſo wie gegen Dritte,
namentlich gegen Neutrale, gemißbraucht werde, um ſich dadurch
Vortheile anzueignen, welche das Beſtehen eines legalen Kriegszu-
ſtandes dem Kriegführenden darbietet. In dieſer Hinſicht kann ſich
kein Staat, ohne Treue und Glauben zu verletzen, entbrechen, be-
ſtimmte Erklärungen, Bekanntmachungen und Friſten Statt finden
zu laſſen, und dadurch den Betheiligten Gelegenheit zu geben, ſich
und das Ihrige gegen einen unvorhergeſehenen Verluſt zu ſichern.
Noch iſt indeſſen die neueſte Staatenpraxis nicht ganz auf dieſem
Wege, und mit wenigem Erfolg hat man ſchon längſt die Aneig-
nung ſolcher Vortheile bei dem erſten Anfang der Feindſeligkeiten
ohne vorherige Ankündigung derſelben als illegal angefochten. 2 In
der That iſt ſie Raub. Specielle Anwendungen dieſes Princips wer-
den weiterhin vorkommen. (§. 139.)
Sobald übrigens unter den Hauptparteien der Kriegszuſtand ein-
getreten iſt, ſo tritt er auch für die Bundesgenoſſen mit den §. 117.
gemachten Unterſcheidungen ein, ſobald dieſelben anfangen, ihrer
Bundespflicht zu genügen. 3
Maaßregeln vor oder bei Anfang des Krieges.
121. Maaßregeln, welche der Eröffnung eines vollſtändigen
Kriegszuſtandes, d. h. eines ſolchen Zuſtandes, wo die Integrität
und Selbſtändigkeit eines Staates mit Waffengewalt bedroht wird,
noch vorangehen können, ohne ſelbſt ſchon einen Kriegsanfang noth-
wendig darzuſtellen, ſind
das Embargo
und die Verhängung einer Blocade (§. 112.).
1 S. beſonders Bynkershoek, Quaest. iur. publ. 1, 2. und daneben die
Schriften bei v. Ompteda §. 295. vergl. mit v. Kamptz §. 275. ſodann
Vattel III, §. 51. Emerigon, traité des assurances I, 12, 35. v. Mar-
tens §. 262. Schmalz S. 223. Klüber §. 238.
2 Vattel §. 56. v. Martens l. c.
3 Vgl. Groot III, 3, 9. Vattel III, §. 102.
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