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Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.

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Erstes Buch. §. 100.
der Parteien hervorgeht, den früheren Vertrag überhaupt und in
allen seinen Bestimmungen fortleben zu lassen. Sonst wird eine
fortgesetzte Leistung und Annahme dessen, was aus dem früheren
Vertrage gefordert werden konnte, nur wie ein einzelnes für sich
bestehendes Factum zu betrachten sein.

Zweite Unterabtheilung.
Verbindlichkeiten ohne Vertrag.
A. Aus erlaubten Thatsachen.

100. Ohne Vertrag, aber nach Art der Vertragsverbindlich-
keiten (quasi ex contractu) entstehen 1 in ähnlicher Weise wie
nach Civilrecht, so auch nach öffentlichem Recht vertragsartige
Wirkungen aus folgenden erlaubten Handlungen und Verhältnissen:

I. Mit nur einseitiger Verpflichtung zur Erstattung:
a. aus der freiwilligen Annahme einer Zahlung oder Lei-
stung zu einem bestimmten rechtlichen Zweck, dessen Exi-
stenz jedoch entweder eine irrthümliche auf Seiten des
Leistenden war, oder dessen Erreichung demnächst un-
terblieben ist, überhaupt in den Fällen der civilrechtli-
chen Condictio sine causa und deren Unterarten; 2
b. aus jeder Handlung, welche dem Vermögen eines An-
deren einen noch vorhandenen Vortheil gewährt hat,
ohne daß demselben ein Recht darauf zustand und die
1 In vielen völkerrechtlichen Systemen wird ein gänzliches Schweigen hier-
über beobachtet. Einige ältere Schriftsteller und Lehrer des Naturrechts
wollten auch dergleichen Verbindlichkeiten geradezu leugnen. Was indessen
alle Gesetzgebungen und Rechtsverwaltungen civilisirter Völker unter Pri-
vatpersonen als ein sich von selbst verstehendes Recht angenommen haben,
kann unmöglich unter den Staatsgewalten selbst eine Chimäre sein. Siehe
übrigens auch v. Neumann Jus Princ. Priv. de pact. et contract. §. 824 f.
Nur wenn und soweit die Civilgesetze der Völker in einzelnen Puncten aus-
einander gehen, kann eine Contestation Statt finden; nicht über die Prin-
cipien. Wahr ist, daß in der Völkerpraxis nur sehr selten Fälle der An-
wendung vorkommen werden.
2 Eine Entwickelung der Grundsätze des Römischen Rechts, woran sich die
der neueren Staatenpraxis anknüpfen läßt, siehe in v. Savigny System
§ 218 f.

Erſtes Buch. §. 100.
der Parteien hervorgeht, den früheren Vertrag überhaupt und in
allen ſeinen Beſtimmungen fortleben zu laſſen. Sonſt wird eine
fortgeſetzte Leiſtung und Annahme deſſen, was aus dem früheren
Vertrage gefordert werden konnte, nur wie ein einzelnes für ſich
beſtehendes Factum zu betrachten ſein.

Zweite Unterabtheilung.
Verbindlichkeiten ohne Vertrag.
A. Aus erlaubten Thatſachen.

100. Ohne Vertrag, aber nach Art der Vertragsverbindlich-
keiten (quasi ex contractu) entſtehen 1 in ähnlicher Weiſe wie
nach Civilrecht, ſo auch nach öffentlichem Recht vertragsartige
Wirkungen aus folgenden erlaubten Handlungen und Verhältniſſen:

I. Mit nur einſeitiger Verpflichtung zur Erſtattung:
a. aus der freiwilligen Annahme einer Zahlung oder Lei-
ſtung zu einem beſtimmten rechtlichen Zweck, deſſen Exi-
ſtenz jedoch entweder eine irrthümliche auf Seiten des
Leiſtenden war, oder deſſen Erreichung demnächſt un-
terblieben iſt, überhaupt in den Fällen der civilrechtli-
chen Condictio sine causa und deren Unterarten; 2
b. aus jeder Handlung, welche dem Vermögen eines An-
deren einen noch vorhandenen Vortheil gewährt hat,
ohne daß demſelben ein Recht darauf zuſtand und die
1 In vielen völkerrechtlichen Syſtemen wird ein gänzliches Schweigen hier-
über beobachtet. Einige ältere Schriftſteller und Lehrer des Naturrechts
wollten auch dergleichen Verbindlichkeiten geradezu leugnen. Was indeſſen
alle Geſetzgebungen und Rechtsverwaltungen civiliſirter Völker unter Pri-
vatperſonen als ein ſich von ſelbſt verſtehendes Recht angenommen haben,
kann unmöglich unter den Staatsgewalten ſelbſt eine Chimäre ſein. Siehe
übrigens auch v. Neumann Jus Princ. Priv. de pact. et contract. §. 824 f.
Nur wenn und ſoweit die Civilgeſetze der Völker in einzelnen Puncten aus-
einander gehen, kann eine Conteſtation Statt finden; nicht über die Prin-
cipien. Wahr iſt, daß in der Völkerpraxis nur ſehr ſelten Fälle der An-
wendung vorkommen werden.
2 Eine Entwickelung der Grundſätze des Römiſchen Rechts, woran ſich die
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§ 218 f.
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[176/0200] Erſtes Buch. §. 100. der Parteien hervorgeht, den früheren Vertrag überhaupt und in allen ſeinen Beſtimmungen fortleben zu laſſen. Sonſt wird eine fortgeſetzte Leiſtung und Annahme deſſen, was aus dem früheren Vertrage gefordert werden konnte, nur wie ein einzelnes für ſich beſtehendes Factum zu betrachten ſein. Zweite Unterabtheilung. Verbindlichkeiten ohne Vertrag. A. Aus erlaubten Thatſachen. 100. Ohne Vertrag, aber nach Art der Vertragsverbindlich- keiten (quasi ex contractu) entſtehen 1 in ähnlicher Weiſe wie nach Civilrecht, ſo auch nach öffentlichem Recht vertragsartige Wirkungen aus folgenden erlaubten Handlungen und Verhältniſſen: I. Mit nur einſeitiger Verpflichtung zur Erſtattung: a. aus der freiwilligen Annahme einer Zahlung oder Lei- ſtung zu einem beſtimmten rechtlichen Zweck, deſſen Exi- ſtenz jedoch entweder eine irrthümliche auf Seiten des Leiſtenden war, oder deſſen Erreichung demnächſt un- terblieben iſt, überhaupt in den Fällen der civilrechtli- chen Condictio sine causa und deren Unterarten; 2 b. aus jeder Handlung, welche dem Vermögen eines An- deren einen noch vorhandenen Vortheil gewährt hat, ohne daß demſelben ein Recht darauf zuſtand und die 1 In vielen völkerrechtlichen Syſtemen wird ein gänzliches Schweigen hier- über beobachtet. Einige ältere Schriftſteller und Lehrer des Naturrechts wollten auch dergleichen Verbindlichkeiten geradezu leugnen. Was indeſſen alle Geſetzgebungen und Rechtsverwaltungen civiliſirter Völker unter Pri- vatperſonen als ein ſich von ſelbſt verſtehendes Recht angenommen haben, kann unmöglich unter den Staatsgewalten ſelbſt eine Chimäre ſein. Siehe übrigens auch v. Neumann Jus Princ. Priv. de pact. et contract. §. 824 f. Nur wenn und ſoweit die Civilgeſetze der Völker in einzelnen Puncten aus- einander gehen, kann eine Conteſtation Statt finden; nicht über die Prin- cipien. Wahr iſt, daß in der Völkerpraxis nur ſehr ſelten Fälle der An- wendung vorkommen werden. 2 Eine Entwickelung der Grundſätze des Römiſchen Rechts, woran ſich die der neueren Staatenpraxis anknüpfen läßt, ſiehe in v. Savigny Syſtem § 218 f.

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Zitationshilfe: Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heffter_voelkerrecht_1844/200>, abgerufen am 21.11.2024.