Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.Erstes Buch. §. 59. Fremde, welche das diesseitige Staatsgebiet auf längere oder kürzere Zeit betreten. 1 Völkerrechtliche Natur des Unterthanen-Verhältnisses. 59. Das Unterthans-Verhältniß kann in Staaten, welche Unterthan mehrerer Staaten zugleich kann man nur durch Dul- So lange nun das Unterthans-Verhältniß nicht durch Aus- a. Die Befugniß, ja Verpflichtung, selbst den einzelnen Un- terthan bei gerechten Ansprüchen an ausländische Staaten oder gegen deren Angehörige, so wie in seiner rechtmäßigen Vertheidigung gegen ausländische Angriffe auf völkerrechtli- 1 Eine ausführlichere Darstellung der einzelnen obigen Categorien s. bei Schilter, de iure peregrinor. in ej. Exercitatt. ad Digesta. 2 S. schon oben §. 15. Merlin, Repert. m. souverainete §. 14. u. Za- chariä 40 B. IV, 1, 258. 3 In älterer Zeit mußte der Auswandernde regelmäßig einen Theil seines Vermögens opfern. Noch sind nicht alle Reste dieser Gewohnheit durch Freizügigkeits-Conventionen unter den Einzelstaaten getilgt. 4 Zouch, de j. fecial. II, 2, 13. leugnet diese Wahrheit ganz und gar. Jedoch
ist dies zu weit gegangen. Alles hängt von dem Willen der Einzelstaaten ab. Schon das Staatsrecht der alten Welt war hierin verschieden. Cic. pro Balb. 12. "Sed nos (Romani) non possumus et hujus esse ci- vitatis et cujusvis praeterea; ceteris omnibus concessum est. Ueber die neuere Praxis s. schon Moser, Vers. VI, 52 und Günther II, 326. Erſtes Buch. §. 59. Fremde, welche das diesſeitige Staatsgebiet auf längere oder kürzere Zeit betreten. 1 Völkerrechtliche Natur des Unterthanen-Verhältniſſes. 59. Das Unterthans-Verhältniß kann in Staaten, welche Unterthan mehrerer Staaten zugleich kann man nur durch Dul- So lange nun das Unterthans-Verhältniß nicht durch Aus- a. Die Befugniß, ja Verpflichtung, ſelbſt den einzelnen Un- terthan bei gerechten Anſprüchen an ausländiſche Staaten oder gegen deren Angehörige, ſo wie in ſeiner rechtmäßigen Vertheidigung gegen ausländiſche Angriffe auf völkerrechtli- 1 Eine ausführlichere Darſtellung der einzelnen obigen Categorien ſ. bei Schilter, de iure peregrinor. in ej. Exercitatt. ad Digesta. 2 S. ſchon oben §. 15. Merlin, Repert. m. souveraineté §. 14. u. Za- chariä 40 B. IV, 1, 258. 3 In älterer Zeit mußte der Auswandernde regelmäßig einen Theil ſeines Vermögens opfern. Noch ſind nicht alle Reſte dieſer Gewohnheit durch Freizügigkeits-Conventionen unter den Einzelſtaaten getilgt. 4 Zouch, de j. fecial. II, 2, 13. leugnet dieſe Wahrheit ganz und gar. Jedoch
iſt dies zu weit gegangen. Alles hängt von dem Willen der Einzelſtaaten ab. Schon das Staatsrecht der alten Welt war hierin verſchieden. Cic. pro Balb. 12. „Sed nos (Romani) non possumus et hujus esse ci- vitatis et cujusvis praeterea; ceteris omnibus concessum est. Ueber die neuere Praxis ſ. ſchon Moſer, Verſ. VI, 52 und Günther II, 326. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0130" n="106"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Erſtes Buch</hi>. §. 59.</fw><lb/> <list> <item>Fremde, welche das diesſeitige Staatsgebiet auf längere oder<lb/> kürzere Zeit betreten. <note place="foot" n="1">Eine ausführlichere Darſtellung der einzelnen obigen Categorien ſ. bei<lb/><hi rendition="#aq">Schilter, de iure peregrinor. in ej. Exercitatt. ad Digesta.</hi></note></item> </list> </div><lb/> <div n="4"> <head>Völkerrechtliche Natur des Unterthanen-Verhältniſſes.</head><lb/> <p>59. Das Unterthans-Verhältniß kann in Staaten, welche<lb/> ihre Beſtimmung in der Weltordnung und demnach für die Ent-<lb/> wickelung des Menſchengeſchlechtes in ſeiner Freiheit nicht verkennen,<lb/> nur ein freiwilliges ſein, welches durch Auswanderung wieder auf-<lb/> zuheben iſt. <note place="foot" n="2">S. ſchon oben §. 15. <hi rendition="#aq">Merlin, Repert. m. souveraineté</hi> §. 14. u. Za-<lb/> chariä 40 B. <hi rendition="#aq">IV,</hi> 1, 258.</note> Sie ſind nur nicht verbunden, den Austritt früher<lb/> zu geſtatten, bevor nicht allen bisher ſchon eingetretenen verfaſ-<lb/> ſungsmäßigen Verpflichtungen genügt iſt, und dürfen daher vorhe-<lb/> rige Anzeige des Entſchluſſes zur Prüfung der noch zu erfüllenden<lb/> Verbindlichkeiten und Sicherſtellung derſelben fordern, ſo wie die<lb/> Unterlaſſung mit Strafen ahnden. <note place="foot" n="3">In älterer Zeit mußte der Auswandernde regelmäßig einen Theil ſeines<lb/> Vermögens opfern. Noch ſind nicht alle Reſte dieſer Gewohnheit durch<lb/> Freizügigkeits-Conventionen unter den Einzelſtaaten getilgt.</note></p><lb/> <p>Unterthan mehrerer Staaten zugleich kann man nur durch Dul-<lb/> dung derſelben ſein. <note place="foot" n="4">Zouch, <hi rendition="#aq">de j. fecial. II,</hi> 2, 13. leugnet dieſe Wahrheit ganz und gar. Jedoch<lb/> iſt dies zu weit gegangen. Alles hängt von dem Willen der Einzelſtaaten<lb/> ab. Schon das Staatsrecht der alten Welt war hierin verſchieden. <hi rendition="#aq">Cic.<lb/> pro Balb. 12. „Sed nos (Romani) non possumus et hujus esse ci-<lb/> vitatis et cujusvis praeterea; <hi rendition="#i">ceteris omnibus concessum est</hi>.</hi> Ueber die<lb/> neuere Praxis ſ. ſchon Moſer, Verſ. <hi rendition="#aq">VI,</hi> 52 und Günther <hi rendition="#aq">II,</hi> 326.</note> Jeder Staat kann eine derartige Duplici-<lb/> tät verbieten und die Aufgebung des ausländiſchen Unterthans-<lb/> Verhältniſſes fordern oder eine Wahl ſtellen.</p><lb/> <p>So lange nun das Unterthans-Verhältniß nicht durch Aus-<lb/> bürgerung aufgehoben iſt, ſtehen der heimathlichen Staatsgewalt<lb/> folgende Befugniſſe in internationaler Beziehung zu:</p><lb/> <list> <item><hi rendition="#aq">a.</hi> Die Befugniß, ja Verpflichtung, ſelbſt den einzelnen Un-<lb/> terthan bei gerechten Anſprüchen an ausländiſche Staaten<lb/> oder gegen deren Angehörige, ſo wie in ſeiner rechtmäßigen<lb/> Vertheidigung gegen ausländiſche Angriffe auf völkerrechtli-<lb/></item> </list> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [106/0130]
Erſtes Buch. §. 59.
Fremde, welche das diesſeitige Staatsgebiet auf längere oder
kürzere Zeit betreten. 1
Völkerrechtliche Natur des Unterthanen-Verhältniſſes.
59. Das Unterthans-Verhältniß kann in Staaten, welche
ihre Beſtimmung in der Weltordnung und demnach für die Ent-
wickelung des Menſchengeſchlechtes in ſeiner Freiheit nicht verkennen,
nur ein freiwilliges ſein, welches durch Auswanderung wieder auf-
zuheben iſt. 2 Sie ſind nur nicht verbunden, den Austritt früher
zu geſtatten, bevor nicht allen bisher ſchon eingetretenen verfaſ-
ſungsmäßigen Verpflichtungen genügt iſt, und dürfen daher vorhe-
rige Anzeige des Entſchluſſes zur Prüfung der noch zu erfüllenden
Verbindlichkeiten und Sicherſtellung derſelben fordern, ſo wie die
Unterlaſſung mit Strafen ahnden. 3
Unterthan mehrerer Staaten zugleich kann man nur durch Dul-
dung derſelben ſein. 4 Jeder Staat kann eine derartige Duplici-
tät verbieten und die Aufgebung des ausländiſchen Unterthans-
Verhältniſſes fordern oder eine Wahl ſtellen.
So lange nun das Unterthans-Verhältniß nicht durch Aus-
bürgerung aufgehoben iſt, ſtehen der heimathlichen Staatsgewalt
folgende Befugniſſe in internationaler Beziehung zu:
a. Die Befugniß, ja Verpflichtung, ſelbſt den einzelnen Un-
terthan bei gerechten Anſprüchen an ausländiſche Staaten
oder gegen deren Angehörige, ſo wie in ſeiner rechtmäßigen
Vertheidigung gegen ausländiſche Angriffe auf völkerrechtli-
1 Eine ausführlichere Darſtellung der einzelnen obigen Categorien ſ. bei
Schilter, de iure peregrinor. in ej. Exercitatt. ad Digesta.
2 S. ſchon oben §. 15. Merlin, Repert. m. souveraineté §. 14. u. Za-
chariä 40 B. IV, 1, 258.
3 In älterer Zeit mußte der Auswandernde regelmäßig einen Theil ſeines
Vermögens opfern. Noch ſind nicht alle Reſte dieſer Gewohnheit durch
Freizügigkeits-Conventionen unter den Einzelſtaaten getilgt.
4 Zouch, de j. fecial. II, 2, 13. leugnet dieſe Wahrheit ganz und gar. Jedoch
iſt dies zu weit gegangen. Alles hängt von dem Willen der Einzelſtaaten
ab. Schon das Staatsrecht der alten Welt war hierin verſchieden. Cic.
pro Balb. 12. „Sed nos (Romani) non possumus et hujus esse ci-
vitatis et cujusvis praeterea; ceteris omnibus concessum est. Ueber die
neuere Praxis ſ. ſchon Moſer, Verſ. VI, 52 und Günther II, 326.
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