Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.§. 54. Völkerrecht im Zustand des Friedens. herrlichung der höchsten Stellung, theils zum persönlichenDienst für den Souverän und seine Familienglieder. VI. Befreiung von jeder Art von Souveränetätsacten, insbeson- dere von der Gerichtsbarkeit des fremden Staates 1 während des friedlichen Aufenthaltes im dortigen Territorium (§. 59.). Nur das Betreten und der Aufenthalt selbst können versagt 2 und politische Sicherungsmittel ergriffen werden; auch unter- liegt die privatrechtliche Persönlichkeit des Souveräns dem Urtheil der fremden Staatsgewalt in Ansehung der derselben untergeordneten Privatverhältnisse, insbesondere hinsichtlich der im fremden Territorium liegenden Privat- güter und Erbschaften, desgleichen der darin zu erfül- lenden Privatverbindlichkeiten; so wie in Beziehung auf ein etwa bestehendes Vasallen- oder Dienst- verhältniß oder Privatdomicil; son des Souveräns niemals selbst angegriffen oder gekränkt und irgend einem Act der richterlichen oder sonstigen execu- tiven Gewalt unterworfen werden; 3 ja sogar eine freiwil- lige Unterwerfung des Souveräns unter eine fremde Gerichts- barkeit könnte ohne Aufgebung der Souveränetät selbst keine derartige Wirkung haben, weil der Würde des eigenen Staa- tes zuwiderlaufend. Fortsetzung. 54. Betritt oder berührt ein Souverän ein fremdes Territo- 1 Par in Parem non habet imperium. Wegen der Verbrechen vgl. Abschn. 3. 2 So verfuhr Heinrich IV. von Frankreich gegen Carl Emanuel v. Savoyen. d'Aubigne, Hist. univ. III, 5, 5. Vergl. übrig. Stephanus Cassius, de iure et iudice legator. II, 18. Pufendorf, VIII, 4, 21. Bynkers- hoek, de jud. legat. III, 3. 3 Die drei von Zouch (de iure fec. II, 2, 6.) angeführten Beispiele, näm- lich das Verfahren von K. Heinrich VII. gegen König Robert v. Neapel (Clem. 2. De sent. et re iud., Herm. Conring, de finib. imp. germ. II, 22.), von Carl von Anjou gegen Conradin, und von K. Elisabeth ge- gen K. Maria beweisen nicht das Gegentheil, so wenig als die Unthaten des früheren Mittelalters. Vergl. Bynkershoek, de jud. leg. III, §. 16. 17. 7*
§. 54. Voͤlkerrecht im Zuſtand des Friedens. herrlichung der höchſten Stellung, theils zum perſönlichenDienſt für den Souverän und ſeine Familienglieder. VI. Befreiung von jeder Art von Souveränetätsacten, insbeſon- dere von der Gerichtsbarkeit des fremden Staates 1 während des friedlichen Aufenthaltes im dortigen Territorium (§. 59.). Nur das Betreten und der Aufenthalt ſelbſt können verſagt 2 und politiſche Sicherungsmittel ergriffen werden; auch unter- liegt die privatrechtliche Perſönlichkeit des Souveräns dem Urtheil der fremden Staatsgewalt in Anſehung der derſelben untergeordneten Privatverhältniſſe, insbeſondere hinſichtlich der im fremden Territorium liegenden Privat- güter und Erbſchaften, desgleichen der darin zu erfül- lenden Privatverbindlichkeiten; ſo wie in Beziehung auf ein etwa beſtehendes Vaſallen- oder Dienſt- verhältniß oder Privatdomicil; ſon des Souveräns niemals ſelbſt angegriffen oder gekränkt und irgend einem Act der richterlichen oder ſonſtigen execu- tiven Gewalt unterworfen werden; 3 ja ſogar eine freiwil- lige Unterwerfung des Souveräns unter eine fremde Gerichts- barkeit könnte ohne Aufgebung der Souveränetät ſelbſt keine derartige Wirkung haben, weil der Würde des eigenen Staa- tes zuwiderlaufend. Fortſetzung. 54. Betritt oder berührt ein Souverän ein fremdes Territo- 1 Par in Parem non habet imperium. Wegen der Verbrechen vgl. Abſchn. 3. 2 So verfuhr Heinrich IV. von Frankreich gegen Carl Emanuel v. Savoyen. d’Aubigné, Hist. univ. III, 5, 5. Vergl. übrig. Stephanus Cassius, de iure et iudice legator. II, 18. Pufendorf, VIII, 4, 21. Bynkers- hoek, de jud. legat. III, 3. 3 Die drei von Zouch (de iure fec. II, 2, 6.) angeführten Beiſpiele, näm- lich das Verfahren von K. Heinrich VII. gegen König Robert v. Neapel (Clem. 2. De sent. et re iud., Herm. Conring, de finib. imp. germ. II, 22.), von Carl von Anjou gegen Conradin, und von K. Eliſabeth ge- gen K. Maria beweiſen nicht das Gegentheil, ſo wenig als die Unthaten des früheren Mittelalters. Vergl. Bynkershoek, de jud. leg. III, §. 16. 17. 7*
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§. 54. Voͤlkerrecht im Zuſtand des Friedens.
herrlichung der höchſten Stellung, theils zum perſönlichen
Dienſt für den Souverän und ſeine Familienglieder.
VI. Befreiung von jeder Art von Souveränetätsacten, insbeſon-
dere von der Gerichtsbarkeit des fremden Staates 1 während
des friedlichen Aufenthaltes im dortigen Territorium (§. 59.).
Nur das Betreten und der Aufenthalt ſelbſt können verſagt 2
und politiſche Sicherungsmittel ergriffen werden; auch unter-
liegt die privatrechtliche Perſönlichkeit des Souveräns dem
Urtheil der fremden Staatsgewalt in Anſehung der derſelben
untergeordneten Privatverhältniſſe, insbeſondere
hinſichtlich der im fremden Territorium liegenden Privat-
güter und Erbſchaften, desgleichen der darin zu erfül-
lenden Privatverbindlichkeiten; ſo wie
in Beziehung auf ein etwa beſtehendes Vaſallen- oder Dienſt-
verhältniß oder Privatdomicil;
jedoch kann die von der Privatperſönlichkeit untrennbare Per-
ſon des Souveräns niemals ſelbſt angegriffen oder gekränkt
und irgend einem Act der richterlichen oder ſonſtigen execu-
tiven Gewalt unterworfen werden; 3 ja ſogar eine freiwil-
lige Unterwerfung des Souveräns unter eine fremde Gerichts-
barkeit könnte ohne Aufgebung der Souveränetät ſelbſt keine
derartige Wirkung haben, weil der Würde des eigenen Staa-
tes zuwiderlaufend.
Fortſetzung.
54. Betritt oder berührt ein Souverän ein fremdes Territo-
rium, ſo findet das Gaſtrecht Anwendung, d. h. einmal das her-
1 Par in Parem non habet imperium. Wegen der Verbrechen vgl. Abſchn. 3.
2 So verfuhr Heinrich IV. von Frankreich gegen Carl Emanuel v. Savoyen.
d’Aubigné, Hist. univ. III, 5, 5. Vergl. übrig. Stephanus Cassius,
de iure et iudice legator. II, 18. Pufendorf, VIII, 4, 21. Bynkers-
hoek, de jud. legat. III, 3.
3 Die drei von Zouch (de iure fec. II, 2, 6.) angeführten Beiſpiele, näm-
lich das Verfahren von K. Heinrich VII. gegen König Robert v. Neapel
(Clem. 2. De sent. et re iud., Herm. Conring, de finib. imp. germ.
II, 22.), von Carl von Anjou gegen Conradin, und von K. Eliſabeth ge-
gen K. Maria beweiſen nicht das Gegentheil, ſo wenig als die Unthaten
des früheren Mittelalters. Vergl. Bynkershoek, de jud. leg. III, §.
16. 17.
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