Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heckert, Adolph (Hrsg.): Handbuch der Schulgesetzgebung Preußens. Berlin, 1847.

Bild:
<< vorherige Seite

§. 40.) gehört, und den zu dieser Berechtigung erforderlichen Beitrag
fortgeleistet haben, auch ferner anspruchsfähig bleiben.

§. 9. Das Alter der Kinder bestimmt keine Vorzüglichkeit des
Anspruchs auf Aufnahme und Unterstützung, und schließt eben so
wenig, bis zum vierzehnten Jahre, davon aus, mit dessen Zurück-
legung aber jede Bewerbung aufhört, so wie diese auch für die wirk-
liche Aufnahme eines Knaben in das Waisenhaus vor zurückgelegtem
achten Jahre des Kindes, und auch dann unzulässig ist, wenn solche
Umstände obwalten, welche nach der unten folgenden Vorschrift die
Entlassung eines Kindes (vergl. §. 11.) aus der Anstalt nothwendig
machen würden.

§. 10. Ist ein Kind einmal in das Waisenhaus aufgenommen,
so dauern die Wohlthaten desselben so lange fort, als es das Bedürfniß
des Kindes, in Ansehung des Vermögens und der Ausbildung bis zu
der demselben gegebenen künftigen Bestimmung, erfordert. Ein gleiches
gilt auch für die Pfleglinge.

§. 11. Außerdem hören die Wohlthaten des Waisenhauses auf,
wenn, wider Erwarten, der Zögling oder Pflegling: 1) durch Erwer-
bung eines ausreichenden Vermögens von seiner Seite, oder von
Seiten der gesetzlich zu seiner Unterhaltung verpflichteten Blutsver-
wandten, der Hülfe nicht weiter bedürftig, auch 2) durch Krankheiten
zur Bestimmung für ein bürgerliches Gewerbe oder für den Staats-
dienst unfähig, oder 3) bei Krankheitsübeln ein Heilverfahren erfor-
derlich wird, wozu die Einrichtungen eines gewöhnlichen Hausstandes
keine Mittel gewähren, so wie 4) wenn der Zögling oder Pflegling
durch grobe Sittenverderbniß oder gar Verbrechen sich dazu unwürdig
macht; -- in welchen Fällen, nach den desfalls bestehenden gesetzlichen
Vorschriften, die Sorge für Unterhalt und Aufsicht wiederum auf die
Angehörigen oder Ortschaften oder Behörden übergeht, welche dazu,
vor dem Zutritt des Waisenhauses, verpflichtet gewesen sind.

Zweiter Abschnitt. Bildung und Erhaltung des Vermögens der Anstalt.

§. 12. Das Vermögen der Anstalt hat sich 1) durch freiwillige
Geschenke ihrer Gründer, 2) durch freiwillige jährliche Beiträge, und
3) durch Vermächtnisse mildthätiger Menschenfreunde, -- gebildet, und
diese sowohl, als auch alle künftigen Erwerbungen gleicher Art und
durch etwanige Erbeseinsetzungen bleiben ihr, gleich jeder andern vom

§. 40.) gehört, und den zu dieſer Berechtigung erforderlichen Beitrag
fortgeleiſtet haben, auch ferner anſpruchsfähig bleiben.

§. 9. Das Alter der Kinder beſtimmt keine Vorzüglichkeit des
Anſpruchs auf Aufnahme und Unterſtützung, und ſchließt eben ſo
wenig, bis zum vierzehnten Jahre, davon aus, mit deſſen Zurück-
legung aber jede Bewerbung aufhört, ſo wie dieſe auch für die wirk-
liche Aufnahme eines Knaben in das Waiſenhaus vor zurückgelegtem
achten Jahre des Kindes, und auch dann unzuläſſig iſt, wenn ſolche
Umſtände obwalten, welche nach der unten folgenden Vorſchrift die
Entlaſſung eines Kindes (vergl. §. 11.) aus der Anſtalt nothwendig
machen würden.

§. 10. Iſt ein Kind einmal in das Waiſenhaus aufgenommen,
ſo dauern die Wohlthaten deſſelben ſo lange fort, als es das Bedürfniß
des Kindes, in Anſehung des Vermögens und der Ausbildung bis zu
der demſelben gegebenen künftigen Beſtimmung, erfordert. Ein gleiches
gilt auch für die Pfleglinge.

§. 11. Außerdem hören die Wohlthaten des Waiſenhauſes auf,
wenn, wider Erwarten, der Zögling oder Pflegling: 1) durch Erwer-
bung eines ausreichenden Vermögens von ſeiner Seite, oder von
Seiten der geſetzlich zu ſeiner Unterhaltung verpflichteten Blutsver-
wandten, der Hülfe nicht weiter bedürftig, auch 2) durch Krankheiten
zur Beſtimmung für ein bürgerliches Gewerbe oder für den Staats-
dienſt unfähig, oder 3) bei Krankheitsübeln ein Heilverfahren erfor-
derlich wird, wozu die Einrichtungen eines gewöhnlichen Hausſtandes
keine Mittel gewähren, ſo wie 4) wenn der Zögling oder Pflegling
durch grobe Sittenverderbniß oder gar Verbrechen ſich dazu unwürdig
macht; — in welchen Fällen, nach den desfalls beſtehenden geſetzlichen
Vorſchriften, die Sorge für Unterhalt und Aufſicht wiederum auf die
Angehörigen oder Ortſchaften oder Behörden übergeht, welche dazu,
vor dem Zutritt des Waiſenhauſes, verpflichtet geweſen ſind.

Zweiter Abſchnitt. Bildung und Erhaltung des Vermögens der Anſtalt.

§. 12. Das Vermögen der Anſtalt hat ſich 1) durch freiwillige
Geſchenke ihrer Gründer, 2) durch freiwillige jährliche Beiträge, und
3) durch Vermächtniſſe mildthätiger Menſchenfreunde, — gebildet, und
dieſe ſowohl, als auch alle künftigen Erwerbungen gleicher Art und
durch etwanige Erbeseinſetzungen bleiben ihr, gleich jeder andern vom

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0320" n="306"/>
§. 40.) gehört, und den zu die&#x017F;er Berechtigung erforderlichen Beitrag<lb/>
fortgelei&#x017F;tet haben, auch ferner an&#x017F;pruchsfähig bleiben.</p><lb/>
            <p>§. 9. Das Alter der Kinder be&#x017F;timmt keine Vorzüglichkeit des<lb/>
An&#x017F;pruchs auf Aufnahme und Unter&#x017F;tützung, und &#x017F;chließt eben &#x017F;o<lb/>
wenig, bis zum vierzehnten Jahre, davon aus, mit de&#x017F;&#x017F;en Zurück-<lb/>
legung aber jede Bewerbung aufhört, &#x017F;o wie die&#x017F;e auch für die wirk-<lb/>
liche Aufnahme eines Knaben in das Wai&#x017F;enhaus vor zurückgelegtem<lb/>
achten Jahre des Kindes, und auch dann unzulä&#x017F;&#x017F;ig i&#x017F;t, wenn &#x017F;olche<lb/>
Um&#x017F;tände obwalten, welche nach der unten folgenden Vor&#x017F;chrift die<lb/>
Entla&#x017F;&#x017F;ung eines Kindes (vergl. §. 11.) aus der An&#x017F;talt nothwendig<lb/>
machen würden.</p><lb/>
            <p>§. 10. I&#x017F;t ein Kind einmal in das Wai&#x017F;enhaus aufgenommen,<lb/>
&#x017F;o dauern die Wohlthaten de&#x017F;&#x017F;elben &#x017F;o lange fort, als es das Bedürfniß<lb/>
des Kindes, in An&#x017F;ehung des Vermögens und der Ausbildung bis zu<lb/>
der dem&#x017F;elben gegebenen künftigen Be&#x017F;timmung, erfordert. Ein gleiches<lb/>
gilt auch für die Pfleglinge.</p><lb/>
            <p>§. 11. Außerdem hören die Wohlthaten des Wai&#x017F;enhau&#x017F;es auf,<lb/>
wenn, wider Erwarten, der Zögling oder Pflegling: 1) durch Erwer-<lb/>
bung eines ausreichenden Vermögens von &#x017F;einer Seite, oder von<lb/>
Seiten der ge&#x017F;etzlich zu &#x017F;einer Unterhaltung verpflichteten Blutsver-<lb/>
wandten, der Hülfe nicht weiter bedürftig, auch 2) durch Krankheiten<lb/>
zur Be&#x017F;timmung für ein bürgerliches Gewerbe oder für den Staats-<lb/>
dien&#x017F;t unfähig, oder 3) bei Krankheitsübeln ein Heilverfahren erfor-<lb/>
derlich wird, wozu die Einrichtungen eines gewöhnlichen Haus&#x017F;tandes<lb/>
keine Mittel gewähren, &#x017F;o wie 4) wenn der Zögling oder Pflegling<lb/>
durch grobe Sittenverderbniß oder gar Verbrechen &#x017F;ich dazu unwürdig<lb/>
macht; &#x2014; in welchen Fällen, nach den desfalls be&#x017F;tehenden ge&#x017F;etzlichen<lb/>
Vor&#x017F;chriften, die Sorge für Unterhalt und Auf&#x017F;icht wiederum auf die<lb/>
Angehörigen oder Ort&#x017F;chaften oder Behörden übergeht, welche dazu,<lb/>
vor dem Zutritt des Wai&#x017F;enhau&#x017F;es, verpflichtet gewe&#x017F;en &#x017F;ind.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head><hi rendition="#g">Zweiter Ab&#x017F;chnitt</hi>. Bildung und Erhaltung des Vermögens der An&#x017F;talt.</head><lb/>
            <p>§. 12. Das Vermögen der An&#x017F;talt hat &#x017F;ich 1) durch freiwillige<lb/>
Ge&#x017F;chenke ihrer Gründer, 2) durch freiwillige jährliche Beiträge, und<lb/>
3) durch Vermächtni&#x017F;&#x017F;e mildthätiger Men&#x017F;chenfreunde, &#x2014; gebildet, und<lb/>
die&#x017F;e &#x017F;owohl, als auch alle künftigen Erwerbungen gleicher Art und<lb/>
durch etwanige Erbesein&#x017F;etzungen bleiben ihr, gleich jeder andern vom<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[306/0320] §. 40.) gehört, und den zu dieſer Berechtigung erforderlichen Beitrag fortgeleiſtet haben, auch ferner anſpruchsfähig bleiben. §. 9. Das Alter der Kinder beſtimmt keine Vorzüglichkeit des Anſpruchs auf Aufnahme und Unterſtützung, und ſchließt eben ſo wenig, bis zum vierzehnten Jahre, davon aus, mit deſſen Zurück- legung aber jede Bewerbung aufhört, ſo wie dieſe auch für die wirk- liche Aufnahme eines Knaben in das Waiſenhaus vor zurückgelegtem achten Jahre des Kindes, und auch dann unzuläſſig iſt, wenn ſolche Umſtände obwalten, welche nach der unten folgenden Vorſchrift die Entlaſſung eines Kindes (vergl. §. 11.) aus der Anſtalt nothwendig machen würden. §. 10. Iſt ein Kind einmal in das Waiſenhaus aufgenommen, ſo dauern die Wohlthaten deſſelben ſo lange fort, als es das Bedürfniß des Kindes, in Anſehung des Vermögens und der Ausbildung bis zu der demſelben gegebenen künftigen Beſtimmung, erfordert. Ein gleiches gilt auch für die Pfleglinge. §. 11. Außerdem hören die Wohlthaten des Waiſenhauſes auf, wenn, wider Erwarten, der Zögling oder Pflegling: 1) durch Erwer- bung eines ausreichenden Vermögens von ſeiner Seite, oder von Seiten der geſetzlich zu ſeiner Unterhaltung verpflichteten Blutsver- wandten, der Hülfe nicht weiter bedürftig, auch 2) durch Krankheiten zur Beſtimmung für ein bürgerliches Gewerbe oder für den Staats- dienſt unfähig, oder 3) bei Krankheitsübeln ein Heilverfahren erfor- derlich wird, wozu die Einrichtungen eines gewöhnlichen Hausſtandes keine Mittel gewähren, ſo wie 4) wenn der Zögling oder Pflegling durch grobe Sittenverderbniß oder gar Verbrechen ſich dazu unwürdig macht; — in welchen Fällen, nach den desfalls beſtehenden geſetzlichen Vorſchriften, die Sorge für Unterhalt und Aufſicht wiederum auf die Angehörigen oder Ortſchaften oder Behörden übergeht, welche dazu, vor dem Zutritt des Waiſenhauſes, verpflichtet geweſen ſind. Zweiter Abſchnitt. Bildung und Erhaltung des Vermögens der Anſtalt. §. 12. Das Vermögen der Anſtalt hat ſich 1) durch freiwillige Geſchenke ihrer Gründer, 2) durch freiwillige jährliche Beiträge, und 3) durch Vermächtniſſe mildthätiger Menſchenfreunde, — gebildet, und dieſe ſowohl, als auch alle künftigen Erwerbungen gleicher Art und durch etwanige Erbeseinſetzungen bleiben ihr, gleich jeder andern vom

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heckert_schulgesetzgebung_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heckert_schulgesetzgebung_1847/320
Zitationshilfe: Heckert, Adolph (Hrsg.): Handbuch der Schulgesetzgebung Preußens. Berlin, 1847, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heckert_schulgesetzgebung_1847/320>, abgerufen am 21.11.2024.