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Staats- und Gelehrte Zeitung des Hamburgischen unpartheyischen Correspondenten. Nr. 70, Hamburg, 1. Mai 1790.

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[Spaltenumbruch] Zimmer unten im Hause, und obenwärts ein derglei-
chen Schlafzimmer, offen kommen; so mache ich solches
Liebhabern dazu hiemit bekannt.


P. C. Koeve.   



Bilderbuch für Kinder,

enthaltend eine angenehme Sammlung von Thieren, Pflanzen,
Blumen, Früchten, Jnsecten, Trachten, und allerhand
unterrichtenden Gegenständen aus dem Reiche der Natur,
der Künste und der Wissenschaften; alle nach den besten
Originalen gewählt, in Kupfer gestochen, und mit kurzen
wissenschaftlichen und den Verstandeskräften eines Kindes
angemessenen Erklärungen begleitet, gr. 4. 1790. Wei-
mar, zu finden in der Expedition des Journals des Luxus
und der Moden; und Gotha, in der Ettingerschen Buch-
handlung, mit schwarzen Kupfern.

Dasselbe Werk mit ausgemahlten Kupfern.

Dasselbe Werk mit Französischem Text, unter dem Titel:
Le Portefeuille des Enfans, &c. ebenfalls mit schwarzen
oder ausgemahlten Kupfern.

Ein Bilderbuch ist für eine Kinderstube ein eben so wesent-
liches und noch unentbehrlicheres Meuble als die Wiege, eine
Puppe, oder das Steckenpferd. Diese Wahrheit kennt jeder
Vater, jeder, der Kinder erzogen hat, und von Locke an bis
auf Basedow, Campe und Salzmann, empfiehlt jeder ver-
nünftige Pädagog den frühesten Unterricht des Kindes durchs
Auge anzufangen, und ihm so viel gute und richtige Bilder
und Figuren, als man nur kann, vor das Gesicht zu bringen.
Seit der alte Comenius den ersten glücklichen Gedanken hatte,
diesem wesentlichen Bedürfnisse der Erziehung durch seinen
famosen Orbis pictus abzuhelfen, und diese Jdee aber noch
roh genug auszuführen, haben mehrere Kinderfreunde der
Pädagogik und unserer kleinen Welt ein solches Geschenk zu
machen gesucht, aber freylich nicht immer mit gleichem Glücke
und gleicher Brauchbarkeit. Jch fühle keinen Beruf, ihre
Fehler hier zu entwickeln, die ein jeder leicht finden wird; ich
will vielmehr nur einen Fingerzeig auf die Eigenschaften ge-
ben, die ein gutes Bilderbuch für Kinder haben muß.

1) Es muß schön und richtig gezeichnete, und keine schlecht
gestochne Kupfer haben, weil nichts wichtiger ist, als das Auge
des Kindes gleich vom Anfange an nur an wahre Darstellung
der Gegenstände, richtige Verhältnisse, Eindrücke und Be-
griffe, die es der Seele geben kann, und an schöne Formen
und guten Geschmack zu gewöhnen. Man kann nicht glauben,
wie begierig die Einbildungskraft eines Kindes die ersten bild-
lichen Eindrücke faßt, wie vest sie dieselben hält, und wie schwer
es hernach ist, falsche Bilder und Begriffe, die sie dadurch
empfieng, in der Folge wieder wegzuschaffen. Gute oder
schlechte Kupfer thun hierbey alles, und können bey Kindern
entweder großen Nutzen oder wahres Unheil stiften. Ein der-
gleichen Bilderbuch muß daher durchaus nicht von Einem
Zeichner nur aus der Jdee hingezeichnet und componirt wer-
den; denn ein Zeichner ist meistens nur in Darstellung Einer
Art von Gegenständen, z. E. Menschen zahmen Vieh, wilden
Thieren, Vögeln, Blumen, u. s. w. ganz Meister, und in
allen andern unwahr und manierirt; sondern es muß vom
Re[unleserliches Material]acteur mit [Sachentniß], Auswahl und gutem Geschmacke
aus einer großen Menge Werke, deren man jedes für das
vollkommenste in diesem oder jenem Fache hält, zusammenge-
tragen und sorgfältig copirt werden.

2) Es muß nicht zu viele und zu sehr verschiedene Gegen-
stände auf Einer Tafel zusammendrängen; sonst verwirrt es
die Jmagination des Kindes, und zerstreut seine Aufmerksam-
keit, wenn der Lehrer sie gern auf einen einzigen Gegenstand
der Tafel heften möchte. Das Auge des lebhaften Kindes
steht ganz anders, als das Auge des Mannes, das sich be-
schränken und abstrahiren kann. Das Kind aber sieht die
ganze Menge höchst verschiedener Bilder und Gegenstände, die
auf der Tafel stehen, alle auf einmal, springt mit einer leb-
haften Jmagination von einem zum andern über, und so ists
dem Lehrer nicht möglich, seine Aufmerksamkeit nur auf Einen
Gegenstand zu fixiren. Die Kupfer zu Basedows Elementar-
Werke, und noch mehr, Stoys Bilder Academie, haben diesen
wesentlichen Fehler.

3) Es muß die Gegenstände nicht zu klein darstellen, und
die auf einer Tafel zusammengestellten müssen, wo möglich,
[Spaltenumbruch] in Rücksicht ihrer natürlichen Größe richtige Verhältnisse gegen
einander haben. Ein Umstand, den ich fast in allen vernach-
läßigt gefunden habe. So ist, z. E. im neuen Orbis pictus,
auf Taf. III. eine Weintreube so groß, als ein Stuhl, ein
Beil so groß, als ein Thurm, und auf Taf. V. ein Eichhorn
so groß, als ein Rennthier. Wie soll nun das Kind Jdeen
von richtigen Verhältnissen der Größe der Dinge bekommen?

4) Es muß sehr wenig und nicht gelehrten Text haben;
denn das Kind lieset und studirt ja sein Bilderduch nicht, son-
dern will sich damit amüsiren. Der richtige Name und eine
kurze Erklärung des auf dem Kupfer vorgestellten Gegenstan-
des; dies ist Text genug. Das Uebrige muß der Lehrer hin-
zuthun, wenn er eins oder das andere Kupfer des Bilder-
buchs zur Grundlage einer Unterhaltung oder Lection mit dem
Kinde macht. Er mag vorher ausführlichere Werke darüber
nachlesen, und sich mit der Materie, über die er sprechen will,
vollständig bekannt machen; denn für ihn soll ja das Bilder-
buch nicht unterrichtend seyn.

5) Es muß, wo möglich, fremde und seltene, jedoch in-
structive Gegenstände enthalten, die das Kind nicht ohnedies
täglich sieht. Jene intereßiren und unterhalten es nur, weil
sie den Reiz des Raren und Wunderbaren haben. Bilder von
bekannten und alltäglichen Dingen reizen und amüsiren hin-
gegen das Kind nicht, weil es die Manier und Kunst der Dar-
stellung bey weitem noch nicht, wie der Mann, fühlen und
einsehen kann, und bloß auf den fremden und neuen, oder
schon bekannten Gegenstand sieht, der ihm Freude und Zeit-
vertreib, oder Langeweile macht. An diese gewiß wichtige
Bemerkung scheinen die bisherigen Orbis-Pictus-Macher wenig
oder gar nicht gedacht zu haben.

6) Es muß gut, aber nicht zu kostbar, und so vom Preise
und Werthe seyn, daß auch mittelmäßig bemittelte Eltern
dasselbe nach und nach anschaffen, und dem Kinde ganz zum
Gebrauche übergeben können. Das Kind muß damit völlig
umgehen können, wie mit einem Spielzeuge; es muß darinn
zu allen Stunden bildern, es muß es illuminiren, ja, sogar
mit Erlaubniß des Lehrers, die Bilder ausschneiden und auf
Pappendeckel kleben dürfen. Der Vater muß ein Bilderbuch
für Kinder nicht als ein gutes Bibliotheken-Werk, das ohne-
dies nicht in Kinder Hände gehört, behandeln, es schonen,
und nur zuweilen zum Ansehen hergeben wollen. Kostbare
Bilder-Bücher, welche Kinder schonen müssen, und nur zuwei-
len unter strenger Aufsicht zu sehen bekommen, unterrichten
das Kind bey weitem nicht so gut, als ein minder kostbares,
das es aber immer in den Händen und vor Augen hat.

7) Es muß dem Kinde nicht auf einmal ganz, und etwa in
einem großen dicken Bande, sondern einzeln und nur Heftweise
von den Eltern oder Lehrer übergeben werden, denn dadurch
wird der Genuß und die Freude des Kindes an demselben gar
sehr erhöhet und verlängert; und diese succeßiven Lieferungen
können selbst, als eben so viele aufmunternde und belohnende
Geschenke fur sein Wohlverhalten, von den Eltern oder dem
Lehrer behandelt werden.

8) Es muß, bey aller anscheinenden Regellosigkeit der An-
ordnung, dennoch eine gewisse versteckte Ordnung in der Folge
der Gegenstände darinn herrschen, welche der Lehrer alsdann,
wenn das Kind reifer wird, benutzen, und es dadurch auf ein
systematisches Arrangement seines Bilderbuchs führen kann.

Dies sind nur einige der wesentlichsten Eigenschaften eines
brauchbaren Bilderbuchs für Kinder, und die ich gegenwärti-
gem neuen, das ich hierdurch anzeige, zu geben gedenke. Ein
zu Paris im Jahre 1786 erschienener ähnlicher Versuch, der
unter dem Titel: Le Portefeuille des Ensans, unter des
Herrn Cochins Direction Heftweise erschien, der aber nichts
weniger, als Fehlerfrey, ist, hat mich auf den Gedanken ge-
leitet, diese Einrichtung für unsere junge Welt nachzuahmen,
und, so viel möglich, seine Fehler in meinem Bilderbuche für
Kinder zu vermeiden. Einige junge Kupferstecher und Künst-
ler, welche, als geschickte Zöglinge des hiestgen Fürstl. freyen
Zeichen Jnstituts, sich unter der Special Direction und Füh-
rung des Herrn Rath Kraus und Herrn Kupferstecher Lips in
ihrer Kunst üben und vervollkommnen, bieten mir hierzu die
beste Gelegenheit dar.

Dies Bilderbuch für Kinder wird also unter Aufsicht des
hiesigen Fürstl. Freyen Zeichen-Jnstituts, und unter Sperial-
Direction des Herrn Kupferstechers Lips, erscheinen, und von
mir, nach obigen Grundsätzen, mit möglichster Sorgfalt zu-
sammengetragen und bearbeitet werden.


[Spaltenumbruch] Zimmer unten im Hauſe, und obenwaͤrts ein derglei-
chen Schlafzimmer, offen kommen; ſo mache ich ſolches
Liebhabern dazu hiemit bekannt.


P. C. Koeve.   



Bilderbuch für Kinder,

enthaltend eine angenehme Sammlung von Thieren, Pflanzen,
Blumen, Früchten, Jnſecten, Trachten, und allerhand
unterrichtenden Gegenſtänden aus dem Reiche der Natur,
der Künſte und der Wiſſenſchaften; alle nach den beſten
Originalen gewählt, in Kupfer geſtochen, und mit kurzen
wiſſenſchaftlichen und den Verſtandeskräften eines Kindes
angemeſſenen Erklärungen begleitet, gr. 4. 1790. Wei-
mar, zu finden in der Expedition des Journals des Luxus
und der Moden; und Gotha, in der Ettingerſchen Buch-
handlung, mit ſchwarzen Kupfern.

Daſſelbe Werk mit ausgemahlten Kupfern.

Daſſelbe Werk mit Franzöſiſchem Text, unter dem Titel:
Le Portefeuille des Enfans, &c. ebenfalls mit ſchwarzen
oder ausgemahlten Kupfern.

Ein Bilderbuch iſt für eine Kinderſtube ein eben ſo weſent-
liches und noch unentbehrlicheres Meuble als die Wiege, eine
Puppe, oder das Steckenpferd. Dieſe Wahrheit kennt jeder
Vater, jeder, der Kinder erzogen hat, und von Locke an bis
auf Baſedow, Campe und Salzmann, empfiehlt jeder ver-
nünftige Pädagog den früheſten Unterricht des Kindes durchs
Auge anzufangen, und ihm ſo viel gute und richtige Bilder
und Figuren, als man nur kann, vor das Geſicht zu bringen.
Seit der alte Comenius den erſten glücklichen Gedanken hatte,
dieſem weſentlichen Bedürfniſſe der Erziehung durch ſeinen
famoſen Orbis pictus abzuhelfen, und dieſe Jdee aber noch
roh genug auszuführen, haben mehrere Kinderfreunde der
Pädagogik und unſerer kleinen Welt ein ſolches Geſchenk zu
machen geſucht, aber freylich nicht immer mit gleichem Glücke
und gleicher Brauchbarkeit. Jch fühle keinen Beruf, ihre
Fehler hier zu entwickeln, die ein jeder leicht finden wird; ich
will vielmehr nur einen Fingerzeig auf die Eigenſchaften ge-
ben, die ein gutes Bilderbuch für Kinder haben muß.

1) Es muß ſchön und richtig gezeichnete, und keine ſchlecht
geſtochne Kupfer haben, weil nichts wichtiger iſt, als das Auge
des Kindes gleich vom Anfange an nur an wahre Darſtellung
der Gegenſtände, richtige Verhältniſſe, Eindrücke und Be-
griffe, die es der Seele geben kann, und an ſchöne Formen
und guten Geſchmack zu gewöhnen. Man kann nicht glauben,
wie begierig die Einbildungskraft eines Kindes die erſten bild-
lichen Eindrücke faßt, wie veſt ſie dieſelben hält, und wie ſchwer
es hernach iſt, falſche Bilder und Begriffe, die ſie dadurch
empfieng, in der Folge wieder wegzuſchaffen. Gute oder
ſchlechte Kupfer thun hierbey alles, und können bey Kindern
entweder großen Nutzen oder wahres Unheil ſtiften. Ein der-
gleichen Bilderbuch muß daher durchaus nicht von Einem
Zeichner nur aus der Jdee hingezeichnet und componirt wer-
den; denn ein Zeichner iſt meiſtens nur in Darſtellung Einer
Art von Gegenſtänden, z. E. Menſchen zahmen Vieh, wilden
Thieren, Vögeln, Blumen, u. ſ. w. ganz Meiſter, und in
allen andern unwahr und manierirt; ſondern es muß vom
Re[unleserliches Material]acteur mit [Sachentniß], Auswahl und gutem Geſchmacke
aus einer großen Menge Werke, deren man jedes für das
vollkommenſte in dieſem oder jenem Fache hält, zuſammenge-
tragen und ſorgfältig copirt werden.

2) Es muß nicht zu viele und zu ſehr verſchiedene Gegen-
ſtände auf Einer Tafel zuſammendrängen; ſonſt verwirrt es
die Jmagination des Kindes, und zerſtreut ſeine Aufmerkſam-
keit, wenn der Lehrer ſie gern auf einen einzigen Gegenſtand
der Tafel heften möchte. Das Auge des lebhaften Kindes
ſteht ganz anders, als das Auge des Mannes, das ſich be-
ſchränken und abſtrahiren kann. Das Kind aber ſieht die
ganze Menge höchſt verſchiedener Bilder und Gegenſtände, die
auf der Tafel ſtehen, alle auf einmal, ſpringt mit einer leb-
haften Jmagination von einem zum andern über, und ſo iſts
dem Lehrer nicht möglich, ſeine Aufmerkſamkeit nur auf Einen
Gegenſtand zu fixiren. Die Kupfer zu Baſedows Elementar-
Werke, und noch mehr, Stoys Bilder Academie, haben dieſen
weſentlichen Fehler.

3) Es muß die Gegenſtände nicht zu klein darſtellen, und
die auf einer Tafel zuſammengeſtellten müſſen, wo möglich,
[Spaltenumbruch] in Rückſicht ihrer natürlichen Größe richtige Verhältniſſe gegen
einander haben. Ein Umſtand, den ich faſt in allen vernach-
läßigt gefunden habe. So iſt, z. E. im neuen Orbis pictus,
auf Taf. III. eine Weintreube ſo groß, als ein Stuhl, ein
Beil ſo groß, als ein Thurm, und auf Taf. V. ein Eichhorn
ſo groß, als ein Rennthier. Wie ſoll nun das Kind Jdeen
von richtigen Verhältniſſen der Größe der Dinge bekommen?

4) Es muß ſehr wenig und nicht gelehrten Text haben;
denn das Kind lieſet und ſtudirt ja ſein Bilderduch nicht, ſon-
dern will ſich damit amüſiren. Der richtige Name und eine
kurze Erklärung des auf dem Kupfer vorgeſtellten Gegenſtan-
des; dies iſt Text genug. Das Uebrige muß der Lehrer hin-
zuthun, wenn er eins oder das andere Kupfer des Bilder-
buchs zur Grundlage einer Unterhaltung oder Lection mit dem
Kinde macht. Er mag vorher ausführlichere Werke darüber
nachleſen, und ſich mit der Materie, über die er ſprechen will,
vollſtändig bekannt machen; denn für ihn ſoll ja das Bilder-
buch nicht unterrichtend ſeyn.

5) Es muß, wo möglich, fremde und ſeltene, jedoch in-
ſtructive Gegenſtände enthalten, die das Kind nicht ohnedies
täglich ſieht. Jene intereßiren und unterhalten es nur, weil
ſie den Reiz des Raren und Wunderbaren haben. Bilder von
bekannten und alltäglichen Dingen reizen und amüſiren hin-
gegen das Kind nicht, weil es die Manier und Kunſt der Dar-
ſtellung bey weitem noch nicht, wie der Mann, fühlen und
einſehen kann, und bloß auf den fremden und neuen, oder
ſchon bekannten Gegenſtand ſieht, der ihm Freude und Zeit-
vertreib, oder Langeweile macht. An dieſe gewiß wichtige
Bemerkung ſcheinen die bisherigen Orbis-Pictus-Macher wenig
oder gar nicht gedacht zu haben.

6) Es muß gut, aber nicht zu koſtbar, und ſo vom Preiſe
und Werthe ſeyn, daß auch mittelmäßig bemittelte Eltern
daſſelbe nach und nach anſchaffen, und dem Kinde ganz zum
Gebrauche übergeben können. Das Kind muß damit völlig
umgehen können, wie mit einem Spielzeuge; es muß darinn
zu allen Stunden bildern, es muß es illuminiren, ja, ſogar
mit Erlaubniß des Lehrers, die Bilder ausſchneiden und auf
Pappendeckel kleben dürfen. Der Vater muß ein Bilderbuch
für Kinder nicht als ein gutes Bibliotheken-Werk, das ohne-
dies nicht in Kinder Hände gehört, behandeln, es ſchonen,
und nur zuweilen zum Anſehen hergeben wollen. Koſtbare
Bilder-Bücher, welche Kinder ſchonen müſſen, und nur zuwei-
len unter ſtrenger Aufſicht zu ſehen bekommen, unterrichten
das Kind bey weitem nicht ſo gut, als ein minder koſtbares,
das es aber immer in den Händen und vor Augen hat.

7) Es muß dem Kinde nicht auf einmal ganz, und etwa in
einem großen dicken Bande, ſondern einzeln und nur Heftweiſe
von den Eltern oder Lehrer übergeben werden, denn dadurch
wird der Genuß und die Freude des Kindes an demſelben gar
ſehr erhöhet und verlängert; und dieſe ſucceßiven Lieferungen
können ſelbſt, als eben ſo viele aufmunternde und belohnende
Geſchenke fur ſein Wohlverhalten, von den Eltern oder dem
Lehrer behandelt werden.

8) Es muß, bey aller anſcheinenden Regelloſigkeit der An-
ordnung, dennoch eine gewiſſe verſteckte Ordnung in der Folge
der Gegenſtände darinn herrſchen, welche der Lehrer alsdann,
wenn das Kind reifer wird, benutzen, und es dadurch auf ein
ſyſtematiſches Arrangement ſeines Bilderbuchs führen kann.

Dies ſind nur einige der weſentlichſten Eigenſchaften eines
brauchbaren Bilderbuchs für Kinder, und die ich gegenwärti-
gem neuen, das ich hierdurch anzeige, zu geben gedenke. Ein
zu Paris im Jahre 1786 erſchienener ähnlicher Verſuch, der
unter dem Titel: Le Portefeuille des Enſans, unter des
Herrn Cochins Direction Heftweiſe erſchien, der aber nichts
weniger, als Fehlerfrey, iſt, hat mich auf den Gedanken ge-
leitet, dieſe Einrichtung für unſere junge Welt nachzuahmen,
und, ſo viel möglich, ſeine Fehler in meinem Bilderbuche für
Kinder zu vermeiden. Einige junge Kupferſtecher und Künſt-
ler, welche, als geſchickte Zöglinge des hieſtgen Fürſtl. freyen
Zeichen Jnſtituts, ſich unter der Special Direction und Füh-
rung des Herrn Rath Kraus und Herrn Kupferſtecher Lips in
ihrer Kunſt üben und vervollkommnen, bieten mir hierzu die
beſte Gelegenheit dar.

Dies Bilderbuch für Kinder wird alſo unter Aufſicht des
hieſigen Fürſtl. Freyen Zeichen-Jnſtituts, und unter Sperial-
Direction des Herrn Kupferſtechers Lips, erſcheinen, und von
mir, nach obigen Grundſätzen, mit möglichſter Sorgfalt zu-
ſammengetragen und bearbeitet werden.


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[[7]/0007] Zimmer unten im Hauſe, und obenwaͤrts ein derglei- chen Schlafzimmer, offen kommen; ſo mache ich ſolches Liebhabern dazu hiemit bekannt. Roſtock, den 26ſten April 1790. P. C. Koeve. Bilderbuch für Kinder, enthaltend eine angenehme Sammlung von Thieren, Pflanzen, Blumen, Früchten, Jnſecten, Trachten, und allerhand unterrichtenden Gegenſtänden aus dem Reiche der Natur, der Künſte und der Wiſſenſchaften; alle nach den beſten Originalen gewählt, in Kupfer geſtochen, und mit kurzen wiſſenſchaftlichen und den Verſtandeskräften eines Kindes angemeſſenen Erklärungen begleitet, gr. 4. 1790. Wei- mar, zu finden in der Expedition des Journals des Luxus und der Moden; und Gotha, in der Ettingerſchen Buch- handlung, mit ſchwarzen Kupfern. Daſſelbe Werk mit ausgemahlten Kupfern. Daſſelbe Werk mit Franzöſiſchem Text, unter dem Titel: Le Portefeuille des Enfans, &c. ebenfalls mit ſchwarzen oder ausgemahlten Kupfern. Ein Bilderbuch iſt für eine Kinderſtube ein eben ſo weſent- liches und noch unentbehrlicheres Meuble als die Wiege, eine Puppe, oder das Steckenpferd. Dieſe Wahrheit kennt jeder Vater, jeder, der Kinder erzogen hat, und von Locke an bis auf Baſedow, Campe und Salzmann, empfiehlt jeder ver- nünftige Pädagog den früheſten Unterricht des Kindes durchs Auge anzufangen, und ihm ſo viel gute und richtige Bilder und Figuren, als man nur kann, vor das Geſicht zu bringen. Seit der alte Comenius den erſten glücklichen Gedanken hatte, dieſem weſentlichen Bedürfniſſe der Erziehung durch ſeinen famoſen Orbis pictus abzuhelfen, und dieſe Jdee aber noch roh genug auszuführen, haben mehrere Kinderfreunde der Pädagogik und unſerer kleinen Welt ein ſolches Geſchenk zu machen geſucht, aber freylich nicht immer mit gleichem Glücke und gleicher Brauchbarkeit. Jch fühle keinen Beruf, ihre Fehler hier zu entwickeln, die ein jeder leicht finden wird; ich will vielmehr nur einen Fingerzeig auf die Eigenſchaften ge- ben, die ein gutes Bilderbuch für Kinder haben muß. 1) Es muß ſchön und richtig gezeichnete, und keine ſchlecht geſtochne Kupfer haben, weil nichts wichtiger iſt, als das Auge des Kindes gleich vom Anfange an nur an wahre Darſtellung der Gegenſtände, richtige Verhältniſſe, Eindrücke und Be- griffe, die es der Seele geben kann, und an ſchöne Formen und guten Geſchmack zu gewöhnen. Man kann nicht glauben, wie begierig die Einbildungskraft eines Kindes die erſten bild- lichen Eindrücke faßt, wie veſt ſie dieſelben hält, und wie ſchwer es hernach iſt, falſche Bilder und Begriffe, die ſie dadurch empfieng, in der Folge wieder wegzuſchaffen. Gute oder ſchlechte Kupfer thun hierbey alles, und können bey Kindern entweder großen Nutzen oder wahres Unheil ſtiften. Ein der- gleichen Bilderbuch muß daher durchaus nicht von Einem Zeichner nur aus der Jdee hingezeichnet und componirt wer- den; denn ein Zeichner iſt meiſtens nur in Darſtellung Einer Art von Gegenſtänden, z. E. Menſchen zahmen Vieh, wilden Thieren, Vögeln, Blumen, u. ſ. w. ganz Meiſter, und in allen andern unwahr und manierirt; ſondern es muß vom Re_ acteur mit Sachentniß, Auswahl und gutem Geſchmacke aus einer großen Menge Werke, deren man jedes für das vollkommenſte in dieſem oder jenem Fache hält, zuſammenge- tragen und ſorgfältig copirt werden. 2) Es muß nicht zu viele und zu ſehr verſchiedene Gegen- ſtände auf Einer Tafel zuſammendrängen; ſonſt verwirrt es die Jmagination des Kindes, und zerſtreut ſeine Aufmerkſam- keit, wenn der Lehrer ſie gern auf einen einzigen Gegenſtand der Tafel heften möchte. Das Auge des lebhaften Kindes ſteht ganz anders, als das Auge des Mannes, das ſich be- ſchränken und abſtrahiren kann. Das Kind aber ſieht die ganze Menge höchſt verſchiedener Bilder und Gegenſtände, die auf der Tafel ſtehen, alle auf einmal, ſpringt mit einer leb- haften Jmagination von einem zum andern über, und ſo iſts dem Lehrer nicht möglich, ſeine Aufmerkſamkeit nur auf Einen Gegenſtand zu fixiren. Die Kupfer zu Baſedows Elementar- Werke, und noch mehr, Stoys Bilder Academie, haben dieſen weſentlichen Fehler. 3) Es muß die Gegenſtände nicht zu klein darſtellen, und die auf einer Tafel zuſammengeſtellten müſſen, wo möglich, in Rückſicht ihrer natürlichen Größe richtige Verhältniſſe gegen einander haben. Ein Umſtand, den ich faſt in allen vernach- läßigt gefunden habe. So iſt, z. E. im neuen Orbis pictus, auf Taf. III. eine Weintreube ſo groß, als ein Stuhl, ein Beil ſo groß, als ein Thurm, und auf Taf. V. ein Eichhorn ſo groß, als ein Rennthier. Wie ſoll nun das Kind Jdeen von richtigen Verhältniſſen der Größe der Dinge bekommen? 4) Es muß ſehr wenig und nicht gelehrten Text haben; denn das Kind lieſet und ſtudirt ja ſein Bilderduch nicht, ſon- dern will ſich damit amüſiren. Der richtige Name und eine kurze Erklärung des auf dem Kupfer vorgeſtellten Gegenſtan- des; dies iſt Text genug. Das Uebrige muß der Lehrer hin- zuthun, wenn er eins oder das andere Kupfer des Bilder- buchs zur Grundlage einer Unterhaltung oder Lection mit dem Kinde macht. Er mag vorher ausführlichere Werke darüber nachleſen, und ſich mit der Materie, über die er ſprechen will, vollſtändig bekannt machen; denn für ihn ſoll ja das Bilder- buch nicht unterrichtend ſeyn. 5) Es muß, wo möglich, fremde und ſeltene, jedoch in- ſtructive Gegenſtände enthalten, die das Kind nicht ohnedies täglich ſieht. Jene intereßiren und unterhalten es nur, weil ſie den Reiz des Raren und Wunderbaren haben. Bilder von bekannten und alltäglichen Dingen reizen und amüſiren hin- gegen das Kind nicht, weil es die Manier und Kunſt der Dar- ſtellung bey weitem noch nicht, wie der Mann, fühlen und einſehen kann, und bloß auf den fremden und neuen, oder ſchon bekannten Gegenſtand ſieht, der ihm Freude und Zeit- vertreib, oder Langeweile macht. An dieſe gewiß wichtige Bemerkung ſcheinen die bisherigen Orbis-Pictus-Macher wenig oder gar nicht gedacht zu haben. 6) Es muß gut, aber nicht zu koſtbar, und ſo vom Preiſe und Werthe ſeyn, daß auch mittelmäßig bemittelte Eltern daſſelbe nach und nach anſchaffen, und dem Kinde ganz zum Gebrauche übergeben können. Das Kind muß damit völlig umgehen können, wie mit einem Spielzeuge; es muß darinn zu allen Stunden bildern, es muß es illuminiren, ja, ſogar mit Erlaubniß des Lehrers, die Bilder ausſchneiden und auf Pappendeckel kleben dürfen. Der Vater muß ein Bilderbuch für Kinder nicht als ein gutes Bibliotheken-Werk, das ohne- dies nicht in Kinder Hände gehört, behandeln, es ſchonen, und nur zuweilen zum Anſehen hergeben wollen. Koſtbare Bilder-Bücher, welche Kinder ſchonen müſſen, und nur zuwei- len unter ſtrenger Aufſicht zu ſehen bekommen, unterrichten das Kind bey weitem nicht ſo gut, als ein minder koſtbares, das es aber immer in den Händen und vor Augen hat. 7) Es muß dem Kinde nicht auf einmal ganz, und etwa in einem großen dicken Bande, ſondern einzeln und nur Heftweiſe von den Eltern oder Lehrer übergeben werden, denn dadurch wird der Genuß und die Freude des Kindes an demſelben gar ſehr erhöhet und verlängert; und dieſe ſucceßiven Lieferungen können ſelbſt, als eben ſo viele aufmunternde und belohnende Geſchenke fur ſein Wohlverhalten, von den Eltern oder dem Lehrer behandelt werden. 8) Es muß, bey aller anſcheinenden Regelloſigkeit der An- ordnung, dennoch eine gewiſſe verſteckte Ordnung in der Folge der Gegenſtände darinn herrſchen, welche der Lehrer alsdann, wenn das Kind reifer wird, benutzen, und es dadurch auf ein ſyſtematiſches Arrangement ſeines Bilderbuchs führen kann. Dies ſind nur einige der weſentlichſten Eigenſchaften eines brauchbaren Bilderbuchs für Kinder, und die ich gegenwärti- gem neuen, das ich hierdurch anzeige, zu geben gedenke. Ein zu Paris im Jahre 1786 erſchienener ähnlicher Verſuch, der unter dem Titel: Le Portefeuille des Enſans, unter des Herrn Cochins Direction Heftweiſe erſchien, der aber nichts weniger, als Fehlerfrey, iſt, hat mich auf den Gedanken ge- leitet, dieſe Einrichtung für unſere junge Welt nachzuahmen, und, ſo viel möglich, ſeine Fehler in meinem Bilderbuche für Kinder zu vermeiden. Einige junge Kupferſtecher und Künſt- ler, welche, als geſchickte Zöglinge des hieſtgen Fürſtl. freyen Zeichen Jnſtituts, ſich unter der Special Direction und Füh- rung des Herrn Rath Kraus und Herrn Kupferſtecher Lips in ihrer Kunſt üben und vervollkommnen, bieten mir hierzu die beſte Gelegenheit dar. Dies Bilderbuch für Kinder wird alſo unter Aufſicht des hieſigen Fürſtl. Freyen Zeichen-Jnſtituts, und unter Sperial- Direction des Herrn Kupferſtechers Lips, erſcheinen, und von mir, nach obigen Grundſätzen, mit möglichſter Sorgfalt zu- ſammengetragen und bearbeitet werden.

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Zitationshilfe: Staats- und Gelehrte Zeitung des Hamburgischen unpartheyischen Correspondenten. Nr. 70, Hamburg, 1. Mai 1790, S. [7]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hc_700105_1790/7>, abgerufen am 26.04.2024.