Staats- und Gelehrte Zeitung Des Hamburgischen unpartheyischen Correspondenten. Nr. 113, Hamburg, 16. Julii 1771.hern Zolle zu belegen. Es werden von der Rolle, die Man spricht von einer neuen Reise Sr. Majestät, Minden, den 8 Julii. Von Bückeburg wird gemeldet, daß die regierende Copenhagen, den 9 Julii. Vorgestern, den 7ten dieses, wurden Ihro Majestät, Berlin, den 11 Julii. Gestern, des Morgens, geschahe in dem Audienz-Zim- Dieser Tagen ist ein Kayserl. Königl. Cabinets-Cou- Hamburg, den 15 Julii. Gestern Abend, um 10 Uhr, drang endlich das Was- Von gelehrten Sachen. "Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Von [Spaltenumbruch] hern Zolle zu belegen. Es werden von der Rolle, die Man ſpricht von einer neuen Reiſe Sr. Majeſtaͤt, Minden, den 8 Julii. Von Buͤckeburg wird gemeldet, daß die regierende Copenhagen, den 9 Julii. Vorgeſtern, den 7ten dieſes, wurden Ihro Majeſtaͤt, Berlin, den 11 Julii. Geſtern, des Morgens, geſchahe in dem Audienz-Zim- Dieſer Tagen iſt ein Kayſerl. Koͤnigl. Cabinets-Cou- Hamburg, den 15 Julii. Geſtern Abend, um 10 Uhr, drang endlich das Waſ- Von gelehrten Sachen. “Geſchichte des Fraͤuleins von Sternheim. Von [Spaltenumbruch] <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews"> <div type="jArticle"> <p><pb facs="#f0003" n="[3]"/> hern Zolle zu belegen. Es werden von der Rolle, die<lb/> ungefaͤhr 14 Wiener Ellen haͤlt, 54 Kreutzer abgenommen.</p><lb/> <p>Man ſpricht von einer neuen Reiſe Sr. Majeſtaͤt,<lb/> des Kayſers, nach Boͤhmen, wo ſich Hoͤchſtdieſelben zu-<lb/> gleich mit Sr. Preußiſchen Majeſtaͤt unterreden wuͤrden.</p> </div><lb/> <div type="jArticle"> <dateline> <hi rendition="#c #fr">Minden, den 8 Julii.</hi> </dateline><lb/> <p>Von Buͤckeburg wird gemeldet, daß die regierende<lb/> Graͤfinn von Buͤckeburg, gebohrne Graͤfinn von der<lb/> Lippe-Biſterfeldt, von einer jungen Comteſſe gluͤcklich<lb/> entbunden worden.</p> </div><lb/> <div type="jArticle"> <dateline> <hi rendition="#c #fr">Copenhagen, den 9 Julii.</hi> </dateline><lb/> <p>Vorgeſtern, den 7ten dieſes, wurden Ihro Majeſtaͤt,<lb/> die regierende Koͤniginn, von einer jungen Prinzeßinn,<lb/> auf dem Schloſſe Hirſchholm, gluͤcklich entbunden, welche<lb/> frohe Nachricht ein Land- und ein See-Officier als<lb/> Couriers nach dieſer Hauptſtadt brachten, worauf die<lb/> Kanonen von den Waͤllen und dem Zeughaushofe abge-<lb/> feuert wurden. Vier andere Couriers ſind mit dieſer<lb/> Zeitung nach London, Stockholm, Hanau und Braun-<lb/> ſchweig abgegangen. Die Koͤnigl. Kindbetterinn und<lb/> die neugebohrne Prinzeßinn befinden ſich nach Wunſch.</p> </div><lb/> <div type="jArticle"> <dateline> <hi rendition="#c #fr">Berlin, den 11 Julii.</hi> </dateline><lb/> <p>Geſtern, des Morgens, geſchahe in dem Audienz-Zim-<lb/> mer des General-Ober-Finanz-Krieges- und Domai-<lb/> nen-Directoriums, bey voͤlliger Verſammlung und of-<lb/> fenen Thuͤren, die oͤffentliche Aufſtellung des Portraits<lb/> des wohlſel. geheimen Etats-Krieges- und dirigiren-<lb/> den Miniſters und Ritters des ſchwarzen Adlerordens ꝛc.<lb/> Freyherrn von Hagen, welches Se. Koͤnigl. Majeſtaͤt<lb/> zum unvergeßlichen Andenken dieſes rechtſchaffenen Die-<lb/> ners des Staats, und zur immerwaͤhrenden Aufbehal-<lb/> tung, Dero Etatsminiſtern von beſagtem General-Di-<lb/> rectorio haben zuſtellen laſſen.</p><lb/> <p>Dieſer Tagen iſt ein Kayſerl. Koͤnigl. Cabinets-Cou-<lb/> rier, von Wien kommend, hier durch nach Petersburg<lb/> gegangen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle"> <dateline> <hi rendition="#c #fr">Hamburg, den 15 Julii.</hi> </dateline><lb/> <p>Geſtern Abend, um 10 Uhr, drang endlich das Waſ-<lb/> ſer bis an unſer Deichthor, und ſtieg in der Nacht in<lb/> einer Stunde 3 Fuß in die Hoͤhe. Man kann ſich hier<lb/> gar nicht erinnern, eine ſolche Fluth erlebet zu haben.<lb/> Die fruchtbaren Gefilde in den Vierlanden, und die vor-<lb/> trefflichen Gartenfruͤchte in den ſchoͤnen Gaͤrten im Bill-<lb/> waͤrder ſind durch dieſe Ueberſchwemmung gaͤnzlich ver-<lb/> dorben, ſo daß der Anblick dieſer ſonſt ſo geſegneten<lb/> Gegenden, die jetzt zu einem See umgeſchaffen zu ſeyn<lb/> ſcheinen, aus welchem Haͤuſer, Baͤume und einige Gar-<lb/> tengewaͤchſe hervorragen, einer der traurigſten iſt.</p> </div><lb/> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jFeuilleton"> <head> <hi rendition="#c #fr">Von gelehrten Sachen.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle"> <p><hi rendition="#fr">“Geſchichte des Fraͤuleins von Sternheim.</hi> Von<lb/> “einer Freundinn derſelben aus Original-Papieren und<lb/> “andern zuverlaßigen Quellen gezogen. Herausgegeben<lb/> “von <hi rendition="#fr">C. M. Wieland</hi>. Erſter Theil. Leipzig, bey Weid-<lb/> “manns Erben und Reich. 1771.” Der beruͤhmte<lb/> Herausgeber dieſer Geſchichte entſchuldigt ſich bey ſei-<lb/> ner Freundinn, der er anſtatt ihrer Handſchrift eine ge-<lb/> druckte Copey derſelben zuſchickt, damit daß er dem<lb/> Verlangen nicht widerſtehen koͤnnen, “allen tugendhaf-<lb/> ten Muͤttern, allen liebenswuͤrdigen jungen Toͤchtern<lb/> unſerer Nation ein Geſchenke mit einem Werke zu<lb/> machen, welches ihm geſchickt geſchienen, Weisheit und<lb/> Tugend — die einzigen großen Vorzuͤge der Menſchheit,<lb/> die einzigen Quellen einer wahren Gluͤckſeligkeit unter<lb/><cb/> ihrem Geſchlechte, und ſelbſt unter dem ſeinigen zu be-<lb/> foͤrdern.” Nun laſen wir mit deſto ſtaͤrkerm Verlan-<lb/> gen die Zueignungsſchrift und dieſen erſten Theil der<lb/> Geſchichte des Fraͤulein <hi rendition="#fr">von Sternheim</hi> durch, und<lb/> fanden zu unſerm groͤßten Vergnuͤgen, daß, wenn die<lb/> Fortſetzung dieſer Geſchichte, die wir mit lebhafter Un-<lb/> geduld erwarten, dem Anfange derſelben entſprechen<lb/> wuͤrde, ſelbige wirklich geſchickt ſey, Weisheit und Tu-<lb/> gend unter den Leſern derſelben zu befoͤrdern. Den<lb/> Freunden der Werke eines Richardſons und Fieldings<lb/> werden freylich aus ſelbigen ſchon einige Charaktere,<lb/> die in dieſem erſten Theile vorkommen, bekannt zu ſeyn<lb/> ſcheinen; ſie werden ſich z. E. beym Mylord <hi rendition="#fr">Derby</hi><lb/> gewiß des <hi rendition="#fr">Lovelace</hi> erinnern. Allein, da ſelbige noch<lb/> nicht gaͤnzlich ausgemahlet ſind, ſo kann man noch nicht<lb/> wiſſen, wie aͤhnlich oder unaͤhnlich ſie uͤberhaupt den<lb/> von dieſen beyden Schriftſtellern gezeichneten ſeyn wer-<lb/> den, und <hi rendition="#fr">Sophie Sternheim</hi>, die wuͤrdige Tochter einer<lb/> vortrefflichen Mutter, wird noch immer original genug<lb/> bleiben, um ſie von einer <hi rendition="#fr">Clariſſe</hi> oder <hi rendition="#fr">Byron</hi> unter<lb/> ſcheiden zu koͤnnen. Was die Kunſtrichter und Welt-<lb/> leute etwa an dieſem Werke ausſetzen moͤchten, hat der<lb/> Herausgeber ſeiner Freundinn ſchon geſagt, und die<lb/> erſten haben es, nach ſeinem Geſtaͤndniß, in Abſicht alles<lb/> deſſen, was an der Form des Werkes und an der <hi rendition="#fr">Schreib-<lb/> art</hi> zu tadeln ſeyn kann, lediglich mit ihm zu thun.<lb/> Sie werden (die Kenner unter ihnen) vermuthlich eben<lb/> ſowol wie ich, ſagt er, der Meynung ſeyn, daß eine<lb/> moraliſche Dichtung, bey welcher es mehr um die Aus-<lb/> fuͤhrung eines gewiſſen lehrreichen und intereſſanten<lb/> Hauptcharakters, als um Verwicklung und Entwickelung<lb/> zu thun iſt, und wobey uͤberhaupt die moraliſche Nuͤtz-<lb/> lichkeit der erſte Zweck, die Ergoͤtzung des Leſers hinge-<lb/> gen nur eine Nebenabſicht iſt, einer kuͤnſtlichen Form<lb/> um ſo eher entbehren koͤnne, wenn ſie innerliche und<lb/> eigenthuͤmliche Schoͤnheiten fuͤr den Geiſt und das Herz<lb/> hat, welche uns wegen des Mangels eines nach den Re-<lb/> geln der Kunſt angelegten Plans, und uͤberhaupt alles<lb/> deſſen, was unter der Benennung <hi rendition="#fr">Autors-Kuͤnſte</hi> be-<lb/> griffen werden kann, ſchadlos halten. Sie werden in<lb/> der Schreibart des Fraͤuleins <hi rendition="#fr">von Sternheim</hi> eine ge-<lb/> wiſſe Originalitaͤt der Bilder und des Ausdrucks und<lb/> eine ſo gluͤckliche Richtigkeit und Energie des letzten, oft<lb/> gerade in Stellen, mit denen der Sprachlehrer vielleicht<lb/> am wenigſten zufrieden iſt, bemerken, welche die Nach-<lb/> laͤßigkeit des Styls, das Ungewoͤhnliche einiger Redens-<lb/> arten und Wendungen, und uͤberhaupt den Mangel<lb/> einer vollkommern Abglaͤttung und Ruͤndung — einen<lb/> Mangel, dem ich nicht anders als auf Unkoſten deſſen,<lb/> was mir eine weſenliche Schoͤnheit der Schreibart mei-<lb/> ner Freundinn ſchien, abzuhelfen gewußt haͤtte, — reich-<lb/> lich zu verguͤten ſcheinen. Was den erſten Punkt, den<lb/> Plan, anbetrifft, ſo koͤnnen wir daruͤber noch nicht ur-<lb/> theilen, da die Geſchichte noch nicht zu Ende iſt; die<lb/> Schreibart aber iſt der Singularitaͤt der Heldinn, ihrem<lb/> Enthuſiaſmus fuͤr das ſittliche Schoͤne, ihren beſondern<lb/> Ideen und Launen, ihrer ein wenig eigenſinnigen Praͤdi-<lb/> lection fuͤr die Mylords, und alles, was ihnen gleich<lb/> ſieht, und aus ihrem Lande kommt, ſehr angemeſſen.<lb/> Bey den Weltleuten, die noch denken koͤnnen, verſpre-<lb/> chen wir ihr eben des Contraſtes wegen, den ihre Art<lb/> zu empfinden, zu urtheilen und zu handeln; mit dem<lb/> Geſchmack, den Sitten und Gewohnheiten derſelben<lb/> macht, eine geneigtere Aufnahme, als der Herausgeber<lb/> zu hoffen ſcheint, wenn man ſich anders von dieſen<lb/> Leuten etwas verſprechen kann.</p><lb/> <cb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[3]/0003]
hern Zolle zu belegen. Es werden von der Rolle, die
ungefaͤhr 14 Wiener Ellen haͤlt, 54 Kreutzer abgenommen.
Man ſpricht von einer neuen Reiſe Sr. Majeſtaͤt,
des Kayſers, nach Boͤhmen, wo ſich Hoͤchſtdieſelben zu-
gleich mit Sr. Preußiſchen Majeſtaͤt unterreden wuͤrden.
Minden, den 8 Julii.
Von Buͤckeburg wird gemeldet, daß die regierende
Graͤfinn von Buͤckeburg, gebohrne Graͤfinn von der
Lippe-Biſterfeldt, von einer jungen Comteſſe gluͤcklich
entbunden worden.
Copenhagen, den 9 Julii.
Vorgeſtern, den 7ten dieſes, wurden Ihro Majeſtaͤt,
die regierende Koͤniginn, von einer jungen Prinzeßinn,
auf dem Schloſſe Hirſchholm, gluͤcklich entbunden, welche
frohe Nachricht ein Land- und ein See-Officier als
Couriers nach dieſer Hauptſtadt brachten, worauf die
Kanonen von den Waͤllen und dem Zeughaushofe abge-
feuert wurden. Vier andere Couriers ſind mit dieſer
Zeitung nach London, Stockholm, Hanau und Braun-
ſchweig abgegangen. Die Koͤnigl. Kindbetterinn und
die neugebohrne Prinzeßinn befinden ſich nach Wunſch.
Berlin, den 11 Julii.
Geſtern, des Morgens, geſchahe in dem Audienz-Zim-
mer des General-Ober-Finanz-Krieges- und Domai-
nen-Directoriums, bey voͤlliger Verſammlung und of-
fenen Thuͤren, die oͤffentliche Aufſtellung des Portraits
des wohlſel. geheimen Etats-Krieges- und dirigiren-
den Miniſters und Ritters des ſchwarzen Adlerordens ꝛc.
Freyherrn von Hagen, welches Se. Koͤnigl. Majeſtaͤt
zum unvergeßlichen Andenken dieſes rechtſchaffenen Die-
ners des Staats, und zur immerwaͤhrenden Aufbehal-
tung, Dero Etatsminiſtern von beſagtem General-Di-
rectorio haben zuſtellen laſſen.
Dieſer Tagen iſt ein Kayſerl. Koͤnigl. Cabinets-Cou-
rier, von Wien kommend, hier durch nach Petersburg
gegangen.
Hamburg, den 15 Julii.
Geſtern Abend, um 10 Uhr, drang endlich das Waſ-
ſer bis an unſer Deichthor, und ſtieg in der Nacht in
einer Stunde 3 Fuß in die Hoͤhe. Man kann ſich hier
gar nicht erinnern, eine ſolche Fluth erlebet zu haben.
Die fruchtbaren Gefilde in den Vierlanden, und die vor-
trefflichen Gartenfruͤchte in den ſchoͤnen Gaͤrten im Bill-
waͤrder ſind durch dieſe Ueberſchwemmung gaͤnzlich ver-
dorben, ſo daß der Anblick dieſer ſonſt ſo geſegneten
Gegenden, die jetzt zu einem See umgeſchaffen zu ſeyn
ſcheinen, aus welchem Haͤuſer, Baͤume und einige Gar-
tengewaͤchſe hervorragen, einer der traurigſten iſt.
Von gelehrten Sachen.
“Geſchichte des Fraͤuleins von Sternheim. Von
“einer Freundinn derſelben aus Original-Papieren und
“andern zuverlaßigen Quellen gezogen. Herausgegeben
“von C. M. Wieland. Erſter Theil. Leipzig, bey Weid-
“manns Erben und Reich. 1771.” Der beruͤhmte
Herausgeber dieſer Geſchichte entſchuldigt ſich bey ſei-
ner Freundinn, der er anſtatt ihrer Handſchrift eine ge-
druckte Copey derſelben zuſchickt, damit daß er dem
Verlangen nicht widerſtehen koͤnnen, “allen tugendhaf-
ten Muͤttern, allen liebenswuͤrdigen jungen Toͤchtern
unſerer Nation ein Geſchenke mit einem Werke zu
machen, welches ihm geſchickt geſchienen, Weisheit und
Tugend — die einzigen großen Vorzuͤge der Menſchheit,
die einzigen Quellen einer wahren Gluͤckſeligkeit unter
ihrem Geſchlechte, und ſelbſt unter dem ſeinigen zu be-
foͤrdern.” Nun laſen wir mit deſto ſtaͤrkerm Verlan-
gen die Zueignungsſchrift und dieſen erſten Theil der
Geſchichte des Fraͤulein von Sternheim durch, und
fanden zu unſerm groͤßten Vergnuͤgen, daß, wenn die
Fortſetzung dieſer Geſchichte, die wir mit lebhafter Un-
geduld erwarten, dem Anfange derſelben entſprechen
wuͤrde, ſelbige wirklich geſchickt ſey, Weisheit und Tu-
gend unter den Leſern derſelben zu befoͤrdern. Den
Freunden der Werke eines Richardſons und Fieldings
werden freylich aus ſelbigen ſchon einige Charaktere,
die in dieſem erſten Theile vorkommen, bekannt zu ſeyn
ſcheinen; ſie werden ſich z. E. beym Mylord Derby
gewiß des Lovelace erinnern. Allein, da ſelbige noch
nicht gaͤnzlich ausgemahlet ſind, ſo kann man noch nicht
wiſſen, wie aͤhnlich oder unaͤhnlich ſie uͤberhaupt den
von dieſen beyden Schriftſtellern gezeichneten ſeyn wer-
den, und Sophie Sternheim, die wuͤrdige Tochter einer
vortrefflichen Mutter, wird noch immer original genug
bleiben, um ſie von einer Clariſſe oder Byron unter
ſcheiden zu koͤnnen. Was die Kunſtrichter und Welt-
leute etwa an dieſem Werke ausſetzen moͤchten, hat der
Herausgeber ſeiner Freundinn ſchon geſagt, und die
erſten haben es, nach ſeinem Geſtaͤndniß, in Abſicht alles
deſſen, was an der Form des Werkes und an der Schreib-
art zu tadeln ſeyn kann, lediglich mit ihm zu thun.
Sie werden (die Kenner unter ihnen) vermuthlich eben
ſowol wie ich, ſagt er, der Meynung ſeyn, daß eine
moraliſche Dichtung, bey welcher es mehr um die Aus-
fuͤhrung eines gewiſſen lehrreichen und intereſſanten
Hauptcharakters, als um Verwicklung und Entwickelung
zu thun iſt, und wobey uͤberhaupt die moraliſche Nuͤtz-
lichkeit der erſte Zweck, die Ergoͤtzung des Leſers hinge-
gen nur eine Nebenabſicht iſt, einer kuͤnſtlichen Form
um ſo eher entbehren koͤnne, wenn ſie innerliche und
eigenthuͤmliche Schoͤnheiten fuͤr den Geiſt und das Herz
hat, welche uns wegen des Mangels eines nach den Re-
geln der Kunſt angelegten Plans, und uͤberhaupt alles
deſſen, was unter der Benennung Autors-Kuͤnſte be-
griffen werden kann, ſchadlos halten. Sie werden in
der Schreibart des Fraͤuleins von Sternheim eine ge-
wiſſe Originalitaͤt der Bilder und des Ausdrucks und
eine ſo gluͤckliche Richtigkeit und Energie des letzten, oft
gerade in Stellen, mit denen der Sprachlehrer vielleicht
am wenigſten zufrieden iſt, bemerken, welche die Nach-
laͤßigkeit des Styls, das Ungewoͤhnliche einiger Redens-
arten und Wendungen, und uͤberhaupt den Mangel
einer vollkommern Abglaͤttung und Ruͤndung — einen
Mangel, dem ich nicht anders als auf Unkoſten deſſen,
was mir eine weſenliche Schoͤnheit der Schreibart mei-
ner Freundinn ſchien, abzuhelfen gewußt haͤtte, — reich-
lich zu verguͤten ſcheinen. Was den erſten Punkt, den
Plan, anbetrifft, ſo koͤnnen wir daruͤber noch nicht ur-
theilen, da die Geſchichte noch nicht zu Ende iſt; die
Schreibart aber iſt der Singularitaͤt der Heldinn, ihrem
Enthuſiaſmus fuͤr das ſittliche Schoͤne, ihren beſondern
Ideen und Launen, ihrer ein wenig eigenſinnigen Praͤdi-
lection fuͤr die Mylords, und alles, was ihnen gleich
ſieht, und aus ihrem Lande kommt, ſehr angemeſſen.
Bey den Weltleuten, die noch denken koͤnnen, verſpre-
chen wir ihr eben des Contraſtes wegen, den ihre Art
zu empfinden, zu urtheilen und zu handeln; mit dem
Geſchmack, den Sitten und Gewohnheiten derſelben
macht, eine geneigtere Aufnahme, als der Herausgeber
zu hoffen ſcheint, wenn man ſich anders von dieſen
Leuten etwas verſprechen kann.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Britt-Marie Schuster, Manuel Wille, Arnika Lutz, Fabienne Wollny: Bereitstellung der Texttranskription.
(2014-07-07T12:30:46Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Weitere Informationen:Die Transkription erfolgte nach den unter http://www.deutschestextarchiv.de/doku/basisformat formulierten Richtlinien. Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst). I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |