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Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Ratskeller. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 117–197. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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niedergemäht da lagen, da dachte ich: sie sind jetzt halt todt und leben nicht mehr; von der Seele hielt ich nicht viel, und von Himmel und Hölle noch weniger. Aber weil man so kurz lebt, wollt ich's Leben recht genießen, und Wein und Spiel war mein Element. Das hatte mir der Höllenknecht abgemerkt und sprach zu mir in jener Nacht: So zwanzig, dreißig Jahre zu leben in diesem Kellerreich, in diesem Weinhimmel zu trinken nach Herzenslust, nicht wahr, Balthasar, das müßt' ein Leben sein? -- Ja, Herr, sprach ich, aber wie könnte ich dies verdienen? -- An was liegt dir mehr, fuhr er fort, hier recht zu leben nach Herzenslust auf der Erde, hier im Keller, oder an den Geschichten, die sich nachher begeben, wo man gar nicht weiß, ob man nur noch lebt und Wein trinkt?-- Ich that einen gräßlichen Schwur und sagte: Meine Gebeine werden dahin fahren, wo die Gebeine meiner Gesellen liegen; ist der Mensch todt, so fühlt er nicht und denkt nicht; hab' es an manchem Kameraden erlebt, dem die Kugel das Hirn zerschmetterte, darum will ich leben und lustig sein. -- Er aber sprach zu mir: Wenn du Verzicht leisten willst auf das, was nachher kommt, so ist es ein Leichtes, dich hier zum Kellermeister zu machen; schreib nur deinen Namen in dies Büchlein und thu einen recht tüchtigen Schwur dazu. -- Was nachher mit mir geschieht, das kümmert mich nicht, sprach ich; Kellermeister will ich hier sein immerdar und ewiglich, so lang ich bin, und der Teufel, oder wer will, kann

niedergemäht da lagen, da dachte ich: sie sind jetzt halt todt und leben nicht mehr; von der Seele hielt ich nicht viel, und von Himmel und Hölle noch weniger. Aber weil man so kurz lebt, wollt ich's Leben recht genießen, und Wein und Spiel war mein Element. Das hatte mir der Höllenknecht abgemerkt und sprach zu mir in jener Nacht: So zwanzig, dreißig Jahre zu leben in diesem Kellerreich, in diesem Weinhimmel zu trinken nach Herzenslust, nicht wahr, Balthasar, das müßt' ein Leben sein? — Ja, Herr, sprach ich, aber wie könnte ich dies verdienen? — An was liegt dir mehr, fuhr er fort, hier recht zu leben nach Herzenslust auf der Erde, hier im Keller, oder an den Geschichten, die sich nachher begeben, wo man gar nicht weiß, ob man nur noch lebt und Wein trinkt?— Ich that einen gräßlichen Schwur und sagte: Meine Gebeine werden dahin fahren, wo die Gebeine meiner Gesellen liegen; ist der Mensch todt, so fühlt er nicht und denkt nicht; hab' es an manchem Kameraden erlebt, dem die Kugel das Hirn zerschmetterte, darum will ich leben und lustig sein. — Er aber sprach zu mir: Wenn du Verzicht leisten willst auf das, was nachher kommt, so ist es ein Leichtes, dich hier zum Kellermeister zu machen; schreib nur deinen Namen in dies Büchlein und thu einen recht tüchtigen Schwur dazu. — Was nachher mit mir geschieht, das kümmert mich nicht, sprach ich; Kellermeister will ich hier sein immerdar und ewiglich, so lang ich bin, und der Teufel, oder wer will, kann

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[0059] niedergemäht da lagen, da dachte ich: sie sind jetzt halt todt und leben nicht mehr; von der Seele hielt ich nicht viel, und von Himmel und Hölle noch weniger. Aber weil man so kurz lebt, wollt ich's Leben recht genießen, und Wein und Spiel war mein Element. Das hatte mir der Höllenknecht abgemerkt und sprach zu mir in jener Nacht: So zwanzig, dreißig Jahre zu leben in diesem Kellerreich, in diesem Weinhimmel zu trinken nach Herzenslust, nicht wahr, Balthasar, das müßt' ein Leben sein? — Ja, Herr, sprach ich, aber wie könnte ich dies verdienen? — An was liegt dir mehr, fuhr er fort, hier recht zu leben nach Herzenslust auf der Erde, hier im Keller, oder an den Geschichten, die sich nachher begeben, wo man gar nicht weiß, ob man nur noch lebt und Wein trinkt?— Ich that einen gräßlichen Schwur und sagte: Meine Gebeine werden dahin fahren, wo die Gebeine meiner Gesellen liegen; ist der Mensch todt, so fühlt er nicht und denkt nicht; hab' es an manchem Kameraden erlebt, dem die Kugel das Hirn zerschmetterte, darum will ich leben und lustig sein. — Er aber sprach zu mir: Wenn du Verzicht leisten willst auf das, was nachher kommt, so ist es ein Leichtes, dich hier zum Kellermeister zu machen; schreib nur deinen Namen in dies Büchlein und thu einen recht tüchtigen Schwur dazu. — Was nachher mit mir geschieht, das kümmert mich nicht, sprach ich; Kellermeister will ich hier sein immerdar und ewiglich, so lang ich bin, und der Teufel, oder wer will, kann

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T11:05:53Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T11:05:53Z)

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Zitationshilfe: Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Ratskeller. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 117–197. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_ratskeller_1910/59>, abgerufen am 27.04.2024.