Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.

Bild:
<< vorherige Seite
III.

Die Poeten werden von den LXX. Dolmet-
schern AEnigmatores/ Rähtsler oder Rähtsel-
dichter genennet/ weil sie ihre Reden verblümen
und so wol die Geschichtschreiber/ als die Redner
weit übertreffen/ nicht nur den Worten sondern
auch dem Jnhalt nach/ welches beedes in höch-
ster Vollkommenheit den Namen eines Poeten
verdienen machet: die jenigen welche/ ohne Poe-
tische Verfassung Gedicht schreiben/ als Helio-
dorus, AEsopus
und zu unsrer Zeit Barclajus,
Urfe
und alle die Liebs-Gedicht zu Papier ge-
bracht/ können wol Dichter/ aber eigentlich keine
Poeten genennet werden/ wie im Gegenstand/ Lu-
canus
und andre die warhaffte Geschichte in ge-
bundner Rede geschrieben/ mehr Geschichtschrei-
ber/ als Poeten heissen. Schlüsse also/ daß der Jn-
halt und die Verfassung in gleichständigern E-
benmaß kunstschicklich vorzubilden/ wann dessel-
ben Meister den Ehren-Namen eines Poeten be-
haubten will.

Von dem Jnhalt der Rede.
31. Der Jnhalt und die Verfassungs-Art ist
von andern abzusehen.
32. Bücherschreiben hat kein Ende/ und wie sol-
ches zneutschuldigen.
33. Lob und Nohrwendigkeit der Wolredenheit.
34. Von der Deutlichkeit der Rede.
35. Von
III.

Die Poëten werden von den LXX. Dolmet-
ſchern Ænigmatores/ Raͤhtſler oder Raͤhtſel-
dichter genennet/ weil ſie ihre Reden verbluͤmen
und ſo wol die Geſchichtſchreiber/ als die Redner
weit uͤbertreffen/ nicht nur den Worten ſondern
auch dem Jnhalt nach/ welches beedes in hoͤch-
ſter Vollkommenheit den Namen eines Poëten
verdienen machet: die jenigen welche/ ohne Poë-
tiſche Verfaſſung Gedicht ſchreiben/ als Helio-
dorus, Æſopus
und zu unſrer Zeit Barclajus,
Urfé
und alle die Liebs-Gedicht zu Papier ge-
bracht/ koͤnnen wol Dichter/ aber eigentlich keine
Poeten geneñet werden/ wie im Gegenſtand/ Lu-
canus
und andre die warhaffte Geſchichte in ge-
bundner Rede geſchrieben/ mehr Geſchichtſchrei-
ber/ als Poëten heiſſen. Schluͤſſe alſo/ daß der Jn-
halt und die Verfaſſung in gleichſtaͤndigern E-
benmaß kunſtſchicklich vorzubilden/ wann deſſel-
ben Meiſter den Ehren-Namen eines Poëten be-
haubten will.

Von dem Jnhalt der Rede.
31. Der Jnhalt und die Verfaſſungs-Art iſt
von andern abzuſehen.
32. Buͤcherſchreiben hat kein Ende/ und wie ſol-
ches zneutſchuldigen.
33. Lob und Nohrwendigkeit der Wolredenheit.
34. Von der Deutlichkeit der Rede.
35. Von
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0058" n="26"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#aq">III.</hi> </fw><lb/>
          <p>Die Po<hi rendition="#aq">ë</hi>ten werden von den <hi rendition="#aq">LXX.</hi> Dolmet-<lb/>
&#x017F;chern <hi rendition="#aq">Ænigmatores/</hi> Ra&#x0364;ht&#x017F;ler oder Ra&#x0364;ht&#x017F;el-<lb/>
dichter genennet/ weil &#x017F;ie ihre Reden verblu&#x0364;men<lb/>
und &#x017F;o wol die Ge&#x017F;chicht&#x017F;chreiber/ als die Redner<lb/>
weit u&#x0364;bertreffen/ nicht nur den Worten &#x017F;ondern<lb/>
auch dem Jnhalt nach/ welches beedes in ho&#x0364;ch-<lb/>
&#x017F;ter Vollkommenheit den Namen eines Po<hi rendition="#aq">ë</hi>ten<lb/>
verdienen machet: die jenigen welche/ ohne Po<hi rendition="#aq">ë</hi>-<lb/>
ti&#x017F;che Verfa&#x017F;&#x017F;ung Gedicht &#x017F;chreiben/ als <hi rendition="#aq">Helio-<lb/>
dorus, Æ&#x017F;opus</hi> und zu un&#x017F;rer Zeit <hi rendition="#aq">Barclajus,<lb/>
Urfé</hi> und alle die Liebs-Gedicht zu Papier ge-<lb/>
bracht/ ko&#x0364;nnen wol Dichter/ aber eigentlich keine<lb/>
Poeten geneñet werden/ wie im Gegen&#x017F;tand/ <hi rendition="#aq">Lu-<lb/>
canus</hi> und andre die warhaffte Ge&#x017F;chichte in ge-<lb/>
bundner Rede ge&#x017F;chrieben/ mehr Ge&#x017F;chicht&#x017F;chrei-<lb/>
ber/ als Po<hi rendition="#aq">ë</hi>ten hei&#x017F;&#x017F;en. Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e al&#x017F;o/ daß der Jn-<lb/>
halt und die Verfa&#x017F;&#x017F;ung in gleich&#x017F;ta&#x0364;ndigern E-<lb/>
benmaß kun&#x017F;t&#x017F;chicklich vorzubilden/ wann de&#x017F;&#x017F;el-<lb/>
ben Mei&#x017F;ter den Ehren-Namen eines Po<hi rendition="#aq">ë</hi>ten be-<lb/>
haubten will.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Von dem Jnhalt der Rede.</hi> </head><lb/>
          <argument>
            <list>
              <item>31. Der Jnhalt und die Verfa&#x017F;&#x017F;ungs-Art i&#x017F;t<lb/>
von andern abzu&#x017F;ehen.<lb/>
32. Bu&#x0364;cher&#x017F;chreiben hat kein Ende/ und wie &#x017F;ol-<lb/>
ches zneut&#x017F;chuldigen.<lb/>
33. Lob und Nohrwendigkeit der Wolredenheit.<lb/>
34. Von der Deutlichkeit der Rede.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">35. Von</fw><lb/></item>
            </list>
          </argument>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[26/0058] III. Die Poëten werden von den LXX. Dolmet- ſchern Ænigmatores/ Raͤhtſler oder Raͤhtſel- dichter genennet/ weil ſie ihre Reden verbluͤmen und ſo wol die Geſchichtſchreiber/ als die Redner weit uͤbertreffen/ nicht nur den Worten ſondern auch dem Jnhalt nach/ welches beedes in hoͤch- ſter Vollkommenheit den Namen eines Poëten verdienen machet: die jenigen welche/ ohne Poë- tiſche Verfaſſung Gedicht ſchreiben/ als Helio- dorus, Æſopus und zu unſrer Zeit Barclajus, Urfé und alle die Liebs-Gedicht zu Papier ge- bracht/ koͤnnen wol Dichter/ aber eigentlich keine Poeten geneñet werden/ wie im Gegenſtand/ Lu- canus und andre die warhaffte Geſchichte in ge- bundner Rede geſchrieben/ mehr Geſchichtſchrei- ber/ als Poëten heiſſen. Schluͤſſe alſo/ daß der Jn- halt und die Verfaſſung in gleichſtaͤndigern E- benmaß kunſtſchicklich vorzubilden/ wann deſſel- ben Meiſter den Ehren-Namen eines Poëten be- haubten will. Von dem Jnhalt der Rede. 31. Der Jnhalt und die Verfaſſungs-Art iſt von andern abzuſehen. 32. Buͤcherſchreiben hat kein Ende/ und wie ſol- ches zneutſchuldigen. 33. Lob und Nohrwendigkeit der Wolredenheit. 34. Von der Deutlichkeit der Rede. 35. Von

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/58
Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/58>, abgerufen am 21.12.2024.