Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.Leiche. schwere/ unempfindliche/ bald verwesliche/ Er-den-und Sandfärbige/ verschiedne/ abgeleibte/ entgeisterte Leichnam. Der Würmer fette Kost/ ein Grabmahl für die Erdenwürmer/ die bald durchlochen Haut und Dürmer (oder die Ge- därmer) was genommen von der Erden; muß zur Erden wieder werden. Was hilfft der grosse Titel zum weissen Leichen Küttel/ wann die verdamm- te Seelleid Qual in jener Höll. Die Leiche beerd- nen ist begraben/ das lustige Miethaus der See- len ist der Leib ohn Sünden quälen. Daman lang bemantelt/ langeschleirt und kohlschwartz auffziehet. Der Leichen Kennzeichen ist vor Alters der 268. Leid/ Leiden. Zum Leid reimt sich der Neid/ und Freud zu Leider das bewegwort: Leiter scala. Nach dem das Leid beschaffen/ nachdem wird es 269. Lerch. Die Lerch schwingt sich empor/ bestimmt der liret/
Leiche. ſchwere/ unempfindliche/ bald verwesliche/ Er-den-und Sandfaͤrbige/ verſchiedne/ abgeleibte/ entgeiſterte Leichnam. Der Wuͤrmer fette Koſt/ ein Grabmahl fuͤr die Erdenwuͤrmer/ die bald durchlochen Haut und Duͤrmer (oder die Ge- daͤrmer) was genommen von der Erden; muß zur Erden wieder werden. Was hilfft der groſſe Titel zum weiſſen Leichen Kuͤttel/ wann die verdamm- te Seelleid Qual in jener Hoͤll. Die Leiche beerd- nen iſt begraben/ das luſtige Miethaus der See- len iſt der Leib ohn Suͤnden quaͤlen. Daman lang bemantelt/ langeſchleirt und kohlſchwartz auffziehet. Der Leichen Kennzeichen iſt vor Alters der 268. Leid/ Leiden. Zum Leid reimt ſich der Neid/ und Freud zu Leider das bewegwort: Leiter ſcala. Nach dem das Leid beſchaffen/ nachdem wird es 269. Lerch. Die Lerch ſchwingt ſich empor/ beſtimmt der liret/
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0344" n="314[312]"/><fw place="top" type="header">Leiche.</fw><lb/> ſchwere/ unempfindliche/ bald verwesliche/ Er-<lb/> den-und Sandfaͤrbige/ verſchiedne/ abgeleibte/<lb/> entgeiſterte Leichnam. Der Wuͤrmer fette Koſt/<lb/> ein Grabmahl fuͤr die Erdenwuͤrmer/ die bald<lb/> durchlochen Haut und Duͤrmer (oder die Ge-<lb/> daͤrmer) was genommen von der Erden; muß zur<lb/> Erden wieder werden. Was hilfft der groſſe Titel<lb/> zum weiſſen Leichen Kuͤttel/ wann die verdamm-<lb/> te Seelleid Qual in jener Hoͤll. Die Leiche beerd-<lb/> nen iſt begraben/ das luſtige Miethaus der See-<lb/> len iſt der Leib ohn Suͤnden quaͤlen. Daman<lb/> lang bemantelt/ langeſchleirt und kohlſchwartz<lb/> auffziehet.</p><lb/> <p>Der <hi rendition="#fr">Leichen</hi> Kennzeichen iſt vor Alters der<lb/> Cypreß geweſen ☞in C.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">268. Leid/ Leiden.</hi> </hi> </head><lb/> <p>Zum Leid reimt ſich der Neid/ und Freud zu<lb/> ſeiner Zeit. Deß Leides Trauerlied iſt Seufftzen/<lb/> Weh und Ach. Das ſchwartze Trauer Kleid zeigt<lb/> ſeines Hertzens Schmertz. Das uͤberhaͤuffte Leid<lb/> leidt keine leichte Wort/ man iſt an allem Ort zu<lb/> ſchweigen baß bereit.</p><lb/> <p><hi rendition="#fr">Leider</hi> das bewegwort: <hi rendition="#fr">Leiter</hi> <hi rendition="#aq">ſcala.</hi></p><lb/> <p>Nach dem das Leid beſchaffen/ nachdem wird es<lb/> gebildet/ ſonderlich aber nach deſſelben <hi rendition="#fr">U</hi>rſach.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">269. Lerch.</hi> </hi> </head><lb/> <p>Die Lerch ſchwingt ſich empor/ beſtimmt der<lb/> Fittig Chor/ ſingt andren Voͤglen vor/ ſie tirelili-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">liret/</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [314[312]/0344]
Leiche.
ſchwere/ unempfindliche/ bald verwesliche/ Er-
den-und Sandfaͤrbige/ verſchiedne/ abgeleibte/
entgeiſterte Leichnam. Der Wuͤrmer fette Koſt/
ein Grabmahl fuͤr die Erdenwuͤrmer/ die bald
durchlochen Haut und Duͤrmer (oder die Ge-
daͤrmer) was genommen von der Erden; muß zur
Erden wieder werden. Was hilfft der groſſe Titel
zum weiſſen Leichen Kuͤttel/ wann die verdamm-
te Seelleid Qual in jener Hoͤll. Die Leiche beerd-
nen iſt begraben/ das luſtige Miethaus der See-
len iſt der Leib ohn Suͤnden quaͤlen. Daman
lang bemantelt/ langeſchleirt und kohlſchwartz
auffziehet.
Der Leichen Kennzeichen iſt vor Alters der
Cypreß geweſen ☞in C.
268. Leid/ Leiden.
Zum Leid reimt ſich der Neid/ und Freud zu
ſeiner Zeit. Deß Leides Trauerlied iſt Seufftzen/
Weh und Ach. Das ſchwartze Trauer Kleid zeigt
ſeines Hertzens Schmertz. Das uͤberhaͤuffte Leid
leidt keine leichte Wort/ man iſt an allem Ort zu
ſchweigen baß bereit.
Leider das bewegwort: Leiter ſcala.
Nach dem das Leid beſchaffen/ nachdem wird es
gebildet/ ſonderlich aber nach deſſelben Urſach.
269. Lerch.
Die Lerch ſchwingt ſich empor/ beſtimmt der
Fittig Chor/ ſingt andren Voͤglen vor/ ſie tirelili-
liret/
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |