Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.

Bild:
<< vorherige Seite

Aas.
begierd/ wird zerrissen/ zerschleifft/ zergliedert. Jst
ein Scheusal/ ein Greuel deß Geruchs und auch
deß Angesichts/ mit schwartzen Blut betrieft.
3. Bleibt das graue Beingerippe/ der Schedel
ohne Haut/ das Fette von den Wangen erfault
im Nebel Tau. Die Krippen und Gebeine ligen
zerstuckt/ die Knochen ausgestreut/ die Schun-
ken ohne Fleisch/ begraben ohne Grab/ verödet
auf den Rangen. Anmerkung. Wann nicht
der Jnhalt deß Gedichtes/ nohtwendig
dergleichen abscheuliche Sachen zu be-
schreiben| er fordert// sol sie der Po
et ver-
meiden: Massen solche einen Ekel verur-
sachen können/ er aber seine Erfindungen
beliebt zumachen bemühet seyn sol. Deß
Aases nach und nach gestalte Beschaffen-
heit ist mit 1/2/3 unterschieden.

3. Abend.

Vor der Sonnen Untergang längert (grös-
sert) sich der Schattenstreiff/ wann sie stürtzet in
das Meer. Weist den halben Purpurrock/ wann
die übermüden Pferde vor der Sonnen guldnen
Wagen Seewarts eilen in die Flut. Deß Mon-
des Anbeginn/ so der Sterne Vorwacht hält.
Der Tag entschleicht/ verschwindet/ verflüsset/
die Nacht dringt/ schleicht heran/ nahet/ spätet/
verkündigt die Ruhe/ der Arbeitende den süssen
Schlaf. Der rechte flammenfuß der Sonn' ist

in
H ij

Aas.
begierd/ wird zerriſſen/ zerſchleifft/ zergliedert. Jſt
ein Scheuſal/ ein Greuel deß Geruchs und auch
deß Angeſichts/ mit ſchwartzen Blut betrieft.
3. Bleibt das graue Beingerippe/ der Schedel
ohne Haut/ das Fette von den Wangen erfault
im Nebel Tau. Die Krippen und Gebeine ligen
zerſtuckt/ die Knochen ausgeſtreut/ die Schun-
ken ohne Fleiſch/ begraben ohne Grab/ veroͤdet
auf den Rangen. Anmerkung. Wann nicht
der Jnhalt deß Gedichtes/ nohtwendig
dergleichen abſcheuliche Sachen zu be-
ſchreiben| er fordert// ſol ſie der Po
ët ver-
meiden: Maſſen ſolche einen Ekel verur-
ſachen koͤnnen/ er aber ſeine Erfindungen
beliebt zumachen bemuͤhet ſeyn ſol. Deß
Aaſes nach und nach geſtalte Beſchaffen-
heit iſt mit 1/2/3 unterſchieden.

3. Abend.

Vor der Sonnen Untergang laͤngert (groͤſ-
ſert) ſich der Schattenſtreiff/ wann ſie ſtuͤrtzet in
das Meer. Weiſt den halben Purpurrock/ wann
die uͤbermuͤden Pferde vor der Sonnen guldnen
Wagen Seewarts eilen in die Flut. Deß Mon-
des Anbeginn/ ſo der Sterne Vorwacht haͤlt.
Der Tag entſchleicht/ verſchwindet/ verfluͤſſet/
die Nacht dringt/ ſchleicht heran/ nahet/ ſpaͤtet/
verkuͤndigt die Ruhe/ der Arbeitende den ſuͤſſen
Schlaf. Der rechte flammenfuß der Sonn’ iſt

in
H ij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0147" n="115"/><fw place="top" type="header">Aas.</fw><lb/>
begierd/ wird zerri&#x017F;&#x017F;en/ zer&#x017F;chleifft/ zergliedert. J&#x017F;t<lb/>
ein Scheu&#x017F;al/ ein Greuel deß Geruchs und auch<lb/>
deß Ange&#x017F;ichts/ mit &#x017F;chwartzen Blut betrieft.<lb/>
3. Bleibt das graue Beingerippe/ der Schedel<lb/>
ohne Haut/ das Fette von den Wangen erfault<lb/>
im Nebel Tau. Die Krippen und Gebeine ligen<lb/>
zer&#x017F;tuckt/ die Knochen ausge&#x017F;treut/ die Schun-<lb/>
ken ohne Flei&#x017F;ch/ begraben ohne Grab/ vero&#x0364;det<lb/>
auf den Rangen. <hi rendition="#fr">Anmerkung. Wann nicht<lb/>
der Jnhalt deß Gedichtes/ nohtwendig<lb/>
dergleichen ab&#x017F;cheuliche Sachen zu be-<lb/>
&#x017F;chreiben| er fordert// &#x017F;ol &#x017F;ie der Po</hi><hi rendition="#aq">ë</hi><hi rendition="#fr">t ver-<lb/>
meiden: Ma&#x017F;&#x017F;en &#x017F;olche einen Ekel verur-<lb/>
&#x017F;achen ko&#x0364;nnen/ er aber &#x017F;eine Erfindungen<lb/>
beliebt zumachen bemu&#x0364;het &#x017F;eyn &#x017F;ol. Deß<lb/>
Aa&#x017F;es nach und nach ge&#x017F;talte Be&#x017F;chaffen-<lb/>
heit i&#x017F;t mit 1/2/3 unter&#x017F;chieden.</hi></p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">3. Abend.</hi> </hi> </head><lb/>
            <p>Vor der Sonnen <hi rendition="#fr">U</hi>ntergang la&#x0364;ngert (gro&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ert) &#x017F;ich der Schatten&#x017F;treiff/ wann &#x017F;ie &#x017F;tu&#x0364;rtzet in<lb/>
das Meer. Wei&#x017F;t den halben Purpurrock/ wann<lb/>
die u&#x0364;bermu&#x0364;den Pferde vor der Sonnen guldnen<lb/>
Wagen Seewarts eilen in die Flut. Deß Mon-<lb/>
des Anbeginn/ &#x017F;o der Sterne Vorwacht ha&#x0364;lt.<lb/>
Der Tag ent&#x017F;chleicht/ ver&#x017F;chwindet/ verflu&#x0364;&#x017F;&#x017F;et/<lb/>
die Nacht dringt/ &#x017F;chleicht heran/ nahet/ &#x017F;pa&#x0364;tet/<lb/>
verku&#x0364;ndigt die Ruhe/ der Arbeitende den &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Schlaf. Der rechte flammenfuß der Sonn&#x2019; i&#x017F;t<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">H ij</fw><fw place="bottom" type="catch">in</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[115/0147] Aas. begierd/ wird zerriſſen/ zerſchleifft/ zergliedert. Jſt ein Scheuſal/ ein Greuel deß Geruchs und auch deß Angeſichts/ mit ſchwartzen Blut betrieft. 3. Bleibt das graue Beingerippe/ der Schedel ohne Haut/ das Fette von den Wangen erfault im Nebel Tau. Die Krippen und Gebeine ligen zerſtuckt/ die Knochen ausgeſtreut/ die Schun- ken ohne Fleiſch/ begraben ohne Grab/ veroͤdet auf den Rangen. Anmerkung. Wann nicht der Jnhalt deß Gedichtes/ nohtwendig dergleichen abſcheuliche Sachen zu be- ſchreiben| er fordert// ſol ſie der Poët ver- meiden: Maſſen ſolche einen Ekel verur- ſachen koͤnnen/ er aber ſeine Erfindungen beliebt zumachen bemuͤhet ſeyn ſol. Deß Aaſes nach und nach geſtalte Beſchaffen- heit iſt mit 1/2/3 unterſchieden. 3. Abend. Vor der Sonnen Untergang laͤngert (groͤſ- ſert) ſich der Schattenſtreiff/ wann ſie ſtuͤrtzet in das Meer. Weiſt den halben Purpurrock/ wann die uͤbermuͤden Pferde vor der Sonnen guldnen Wagen Seewarts eilen in die Flut. Deß Mon- des Anbeginn/ ſo der Sterne Vorwacht haͤlt. Der Tag entſchleicht/ verſchwindet/ verfluͤſſet/ die Nacht dringt/ ſchleicht heran/ nahet/ ſpaͤtet/ verkuͤndigt die Ruhe/ der Arbeitende den ſuͤſſen Schlaf. Der rechte flammenfuß der Sonn’ iſt in H ij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/147
Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/147>, abgerufen am 20.11.2024.