Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.Aas. begierd/ wird zerrissen/ zerschleifft/ zergliedert. Jstein Scheusal/ ein Greuel deß Geruchs und auch deß Angesichts/ mit schwartzen Blut betrieft. 3. Bleibt das graue Beingerippe/ der Schedel ohne Haut/ das Fette von den Wangen erfault im Nebel Tau. Die Krippen und Gebeine ligen zerstuckt/ die Knochen ausgestreut/ die Schun- ken ohne Fleisch/ begraben ohne Grab/ verödet auf den Rangen. Anmerkung. Wann nicht der Jnhalt deß Gedichtes/ nohtwendig dergleichen abscheuliche Sachen zu be- schreiben| er fordert// sol sie der Poet ver- meiden: Massen solche einen Ekel verur- sachen können/ er aber seine Erfindungen beliebt zumachen bemühet seyn sol. Deß Aases nach und nach gestalte Beschaffen- heit ist mit 1/2/3 unterschieden. 3. Abend. Vor der Sonnen Untergang längert (grös- in H ij
Aas. begierd/ wird zerriſſen/ zerſchleifft/ zergliedert. Jſtein Scheuſal/ ein Greuel deß Geruchs und auch deß Angeſichts/ mit ſchwartzen Blut betrieft. 3. Bleibt das graue Beingerippe/ der Schedel ohne Haut/ das Fette von den Wangen erfault im Nebel Tau. Die Krippen und Gebeine ligen zerſtuckt/ die Knochen ausgeſtreut/ die Schun- ken ohne Fleiſch/ begraben ohne Grab/ veroͤdet auf den Rangen. Anmerkung. Wann nicht der Jnhalt deß Gedichtes/ nohtwendig dergleichen abſcheuliche Sachen zu be- ſchreiben| er fordert// ſol ſie der Poët ver- meiden: Maſſen ſolche einen Ekel verur- ſachen koͤnnen/ er aber ſeine Erfindungen beliebt zumachen bemuͤhet ſeyn ſol. Deß Aaſes nach und nach geſtalte Beſchaffen- heit iſt mit 1/2/3 unterſchieden. 3. Abend. Vor der Sonnen Untergang laͤngert (groͤſ- in H ij
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Aas.
begierd/ wird zerriſſen/ zerſchleifft/ zergliedert. Jſt
ein Scheuſal/ ein Greuel deß Geruchs und auch
deß Angeſichts/ mit ſchwartzen Blut betrieft.
3. Bleibt das graue Beingerippe/ der Schedel
ohne Haut/ das Fette von den Wangen erfault
im Nebel Tau. Die Krippen und Gebeine ligen
zerſtuckt/ die Knochen ausgeſtreut/ die Schun-
ken ohne Fleiſch/ begraben ohne Grab/ veroͤdet
auf den Rangen. Anmerkung. Wann nicht
der Jnhalt deß Gedichtes/ nohtwendig
dergleichen abſcheuliche Sachen zu be-
ſchreiben| er fordert// ſol ſie der Poët ver-
meiden: Maſſen ſolche einen Ekel verur-
ſachen koͤnnen/ er aber ſeine Erfindungen
beliebt zumachen bemuͤhet ſeyn ſol. Deß
Aaſes nach und nach geſtalte Beſchaffen-
heit iſt mit 1/2/3 unterſchieden.
3. Abend.
Vor der Sonnen Untergang laͤngert (groͤſ-
ſert) ſich der Schattenſtreiff/ wann ſie ſtuͤrtzet in
das Meer. Weiſt den halben Purpurrock/ wann
die uͤbermuͤden Pferde vor der Sonnen guldnen
Wagen Seewarts eilen in die Flut. Deß Mon-
des Anbeginn/ ſo der Sterne Vorwacht haͤlt.
Der Tag entſchleicht/ verſchwindet/ verfluͤſſet/
die Nacht dringt/ ſchleicht heran/ nahet/ ſpaͤtet/
verkuͤndigt die Ruhe/ der Arbeitende den ſuͤſſen
Schlaf. Der rechte flammenfuß der Sonn’ iſt
in
H ij
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Zitationshilfe: | Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/147>, abgerufen am 22.02.2025. |