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Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 1. 2. Aufl. Nürnberg, 1650.

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Die dritte Stund.
lich verfahren/ wann man betrachtet/ daß der
Buchstaben Ambt ist/ den Ton vnd den Klang der
Wörter zu bilden/ und ist vielleicht der Mangel
an einer und der andern Mundart/ da es doch
eine Sprache ist/ und hochteutsch verbleibet/ ob-
gleich die Ausrede ändert. Herr Opitz reimet
brüllt und schillt:

Wann die schwartze Kuhe brüllt/
daß im Thale wiederschillt.

Nach der Schlesier Mundart ist es recht/ nach
der Meisnischen aber mißlautend/ und sol schal-
let
heissen.

IV.

13. Wie die Lateiner/ * die unterschiedliche
Versarten mit dem Ein- und Ausrucken der
Zeilen bemerken; also ist solches auch bey den
Teutschen Reimgebänden nicht ausser Obacht
zu lassen/ daß nemlich die gleichschltessenden Reim-
zeile in unterschiedlichen Reimgebänden gleich-
ständig gesetzet werden sollen. Zum Exempel:

Es bleibet stets/ mit der begrauten Zeit/
der Freudenlentz/ zu mahlen dieses Feld/
mit buntem Schmuck/ die Auen zu
beschönen:
Das
* In Elegiacis, Alcaicis, Sapphicis & aliis
carminibus.

Die dritte Stund.
lich verfahren/ wann man betrachtet/ daß der
Buchſtaben Ambt iſt/ den Ton vñ den Klang der
Woͤrter zu bilden/ und iſt vielleicht der Mangel
an einer und der andern Mundart/ da es doch
eine Sprache iſt/ und hochteutſch verbleibet/ ob-
gleich die Ausrede aͤndert. Herr Opitz reimet
bruͤllt und ſchillt:

Wann die ſchwartze Kuhe bruͤllt/
daß im Thale wiederſchillt.

Nach der Schleſier Mundart iſt es recht/ nach
der Meiſniſchen aber mißlautend/ und ſol ſchal-
let
heiſſen.

IV.

13. Wie die Lateiner/ * die unterſchiedliche
Versarten mit dem Ein- und Ausrucken der
Zeilen bemerken; alſo iſt ſolches auch bey den
Teutſchen Reimgebaͤnden nicht auſſer Obacht
zu laſſen/ daß nemlich die gleichſchlteſſendẽ Reim-
zeile in unterſchiedlichen Reimgebaͤnden gleich-
ſtaͤndig geſetzet werden ſollen. Zum Exempel:

Es bleibet ſtets/ mit der begrauten Zeit/
der Freudenlentz/ zu mahlẽ dieſes Feld/
mit buntem Schmuck/ die Auen zu
beſchoͤnen:
Das
* In Elegiacis, Alcaicis, Sapphicis & aliis
carminibus.
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[40/0058] Die dritte Stund. lich verfahren/ wann man betrachtet/ daß der Buchſtaben Ambt iſt/ den Ton vñ den Klang der Woͤrter zu bilden/ und iſt vielleicht der Mangel an einer und der andern Mundart/ da es doch eine Sprache iſt/ und hochteutſch verbleibet/ ob- gleich die Ausrede aͤndert. Herr Opitz reimet bruͤllt und ſchillt: Wann die ſchwartze Kuhe bruͤllt/ daß im Thale wiederſchillt. Nach der Schleſier Mundart iſt es recht/ nach der Meiſniſchen aber mißlautend/ und ſol ſchal- let heiſſen. IV. 13. Wie die Lateiner/ * die unterſchiedliche Versarten mit dem Ein- und Ausrucken der Zeilen bemerken; alſo iſt ſolches auch bey den Teutſchen Reimgebaͤnden nicht auſſer Obacht zu laſſen/ daß nemlich die gleichſchlteſſendẽ Reim- zeile in unterſchiedlichen Reimgebaͤnden gleich- ſtaͤndig geſetzet werden ſollen. Zum Exempel: Es bleibet ſtets/ mit der begrauten Zeit/ der Freudenlentz/ zu mahlẽ dieſes Feld/ mit buntem Schmuck/ die Auen zu beſchoͤnen: Das * In Elegiacis, Alcaicis, Sapphicis & aliis carminibus.

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Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 1. 2. Aufl. Nürnberg, 1650, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter01_1650/58>, abgerufen am 20.11.2024.