Harenberg, Johann Christoph: Vernünftige und Christliche Gedancken Uber die VAMPIRS Oder Bluhtsaugende Todten. Wolfenbüttel, 1733.haben. Und wozu gebraucht der Satan das Bluht? Warum nimt er das Bluht der enthaupteten Menschen, oder der abgestorbenen Thiere nicht zu sich? Wer über das Bluht des Menschen, so annoch im Leibe ist, Macht hat, der hat auch über das Leben selbst Macht, denn das Leben des Leibes bestehet in circulirendem Bluhte. Leben wir, so leben wir dem HErrn. Der Heyland hat den Schlüssel des Lebens und des Todes. Wer will diesen Schlüssel dem Satan zuspielen? Darf auch der Satan den Menschen tödten ohne Zuthun der Creatur und der Menschen? Hat man denn nicht frisches Bluht in todten Cörpern sonst angetroffen, wo man von keinen Vampyrs weiß? Warum läst man sonst in dergleichen Fällen den natürlichen Ursachen den Ausschlag? Sollte denn der Satan die Cörper viele Wochen ausser der Verwesung erhalten können, da es ein so grosses Wunderwerck ist, daß der Heyland bis in den dritten Tag die Verwesung nicht gesehen oder empfunden? Ist etwa der Satan mächtiger? Oder wollen wir Christen etwa selbst die Gründe der Christlichen Religion baufällig machen, damit wir eine nicht gnugsam beschriebene Historie von den Bluhtsaugern in Servien vernünftig erklähren können? §. X. Vielleicht dürfen wir auf die Meynung gerahten, daß die Seele des Verstorbenen Bluht sauge. Allein es läst sich auch dieses nicht reimen. Denn ist die Seele ohne einem subtilen Leibe, so sehe ich nicht, wie sie saugen könne. Durch einen allmächtigen haben. Und wozu gebraucht der Satan das Bluht? Warum nimt er das Bluht der enthaupteten Menschen, oder der abgestorbenen Thiere nicht zu sich? Wer über das Bluht des Menschen, so annoch im Leibe ist, Macht hat, der hat auch über das Leben selbst Macht, denn das Leben des Leibes bestehet in circulirendem Bluhte. Leben wir, so leben wir dem HErrn. Der Heyland hat den Schlüssel des Lebens und des Todes. Wer will diesen Schlüssel dem Satan zuspielen? Darf auch der Satan den Menschen tödten ohne Zuthun der Creatur und der Menschen? Hat man denn nicht frisches Bluht in todten Cörpern sonst angetroffen, wo man von keinen Vampyrs weiß? Warum läst man sonst in dergleichen Fällen den natürlichen Ursachen den Ausschlag? Sollte denn der Satan die Cörper viele Wochen ausser der Verwesung erhalten können, da es ein so grosses Wunderwerck ist, daß der Heyland bis in den dritten Tag die Verwesung nicht gesehen oder empfunden? Ist etwa der Satan mächtiger? Oder wollen wir Christen etwa selbst die Gründe der Christlichen Religion baufällig machen, damit wir eine nicht gnugsam beschriebene Historie von den Bluhtsaugern in Servien vernünftig erklähren können? §. X. Vielleicht dürfen wir auf die Meynung gerahten, daß die Seele des Verstorbenen Bluht sauge. Allein es läst sich auch dieses nicht reimen. Denn ist die Seele ohne einem subtilen Leibe, so sehe ich nicht, wie sie saugen könne. Durch einen allmächtigen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0051" n="53"/> haben. Und wozu gebraucht der Satan das Bluht? Warum nimt er das Bluht der enthaupteten Menschen, oder der abgestorbenen Thiere nicht zu sich? Wer über das Bluht des Menschen, so annoch im Leibe ist, Macht hat, der hat auch über das Leben selbst Macht, denn das Leben des Leibes bestehet in circulirendem Bluhte. Leben wir, so leben wir dem HErrn. Der Heyland hat den Schlüssel des Lebens und des Todes. Wer will diesen Schlüssel dem Satan zuspielen? Darf auch der Satan den Menschen tödten ohne Zuthun der Creatur und der Menschen? Hat man denn nicht frisches Bluht in todten Cörpern sonst angetroffen, wo man von keinen Vampyrs weiß? Warum läst man sonst in dergleichen Fällen den natürlichen Ursachen den Ausschlag? Sollte denn der Satan die Cörper viele Wochen ausser der Verwesung erhalten können, da es ein so grosses Wunderwerck ist, daß der Heyland bis in den dritten Tag die Verwesung nicht gesehen oder empfunden? Ist etwa der Satan mächtiger? Oder wollen wir Christen etwa selbst die Gründe der Christlichen Religion baufällig machen, damit wir eine nicht gnugsam beschriebene Historie von den Bluhtsaugern in Servien vernünftig erklähren können?</p> </div> <div n="2"> <head>§. X.</head><lb/> <p>Vielleicht dürfen wir auf die <choice><sic>Meynuug</sic><corr>Meynung</corr></choice> gerahten, daß die Seele des Verstorbenen Bluht sauge. Allein es läst sich auch dieses nicht reimen. Denn ist die Seele ohne einem subtilen Leibe, so sehe ich nicht, wie sie saugen könne. Durch einen allmächtigen </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [53/0051]
haben. Und wozu gebraucht der Satan das Bluht? Warum nimt er das Bluht der enthaupteten Menschen, oder der abgestorbenen Thiere nicht zu sich? Wer über das Bluht des Menschen, so annoch im Leibe ist, Macht hat, der hat auch über das Leben selbst Macht, denn das Leben des Leibes bestehet in circulirendem Bluhte. Leben wir, so leben wir dem HErrn. Der Heyland hat den Schlüssel des Lebens und des Todes. Wer will diesen Schlüssel dem Satan zuspielen? Darf auch der Satan den Menschen tödten ohne Zuthun der Creatur und der Menschen? Hat man denn nicht frisches Bluht in todten Cörpern sonst angetroffen, wo man von keinen Vampyrs weiß? Warum läst man sonst in dergleichen Fällen den natürlichen Ursachen den Ausschlag? Sollte denn der Satan die Cörper viele Wochen ausser der Verwesung erhalten können, da es ein so grosses Wunderwerck ist, daß der Heyland bis in den dritten Tag die Verwesung nicht gesehen oder empfunden? Ist etwa der Satan mächtiger? Oder wollen wir Christen etwa selbst die Gründe der Christlichen Religion baufällig machen, damit wir eine nicht gnugsam beschriebene Historie von den Bluhtsaugern in Servien vernünftig erklähren können?
§. X.
Vielleicht dürfen wir auf die Meynung gerahten, daß die Seele des Verstorbenen Bluht sauge. Allein es läst sich auch dieses nicht reimen. Denn ist die Seele ohne einem subtilen Leibe, so sehe ich nicht, wie sie saugen könne. Durch einen allmächtigen
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Zitationshilfe: | Harenberg, Johann Christoph: Vernünftige und Christliche Gedancken Uber die VAMPIRS Oder Bluhtsaugende Todten. Wolfenbüttel, 1733, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harenberg_vampirs_1733/51>, abgerufen am 22.02.2025. |