Harenberg, Johann Christoph: Vernünftige und Christliche Gedancken Uber die VAMPIRS Oder Bluhtsaugende Todten. Wolfenbüttel, 1733.den Bluhtsaugern, und der übereilte Verstand, den man mit gründlicher Untersuchung des Ubels nicht bemühet, nimt lieber eine erdichtete Uhrsache der Kranckheit an, als daß er seine Unwissenheit gestehen will. Unsere tumme Mädgens schliessen nicht anders. Denn wenn sie der Alp drückt, welches eine beschwerliche Phantasey ist, die aus der Hemmung des Bluhts entstehet; so glauben sie so fort, daß ihnen ein dicker und schwerer Geist auf den Leibe liege, und ihnen ein lamento mache. Die alten Jüdischen Aertzte brauchten gleichfals diese abgekürtzte Art zu philiosophiren. Wenn einem das Hertze wehe that, so saß der Geist Levavi oder Cardiacus drinnen, und muste alsdenn ausgetrieben werden. Und auf gleiche Weise urtheilen sie von den übrigen Kranckheiten. §. XXXII. Ich bedaure die guten Leute, deren Cörper ausgegraben, und zur Asche verbrannt worden sind. Sollte der Teufel etwa sonst nichts würcken können, als wenn er gantze todten Cörper, darinn annoch Bluht ist, in den nächsten Gräbern hat? Sollte das Bild eines Verstorbenen der Phantasey eines Krancken nicht mehr vorkommen können, ohngeachtet der Verstorbene in Puder verwandelt und zerstäubet worden? Es fällt mir bey, daß D. Arminius Lohenstein in Hildesheim geprediget haben solle, welcher gestalt die Teufels mit den Schweinen der Gergesener ersoffen den Bluhtsaugern, und der übereilte Verstand, den man mit gründlicher Untersuchung des Ubels nicht bemühet, nimt lieber eine erdichtete Uhrsache der Kranckheit an, als daß er seine Unwissenheit gestehen will. Unsere tumme Mädgens schliessen nicht anders. Denn wenn sie der Alp drückt, welches eine beschwerliche Phantasey ist, die aus der Hemmung des Bluhts entstehet; so glauben sie so fort, daß ihnen ein dicker und schwerer Geist auf den Leibe liege, und ihnen ein lamento mache. Die alten Jüdischen Aertzte brauchten gleichfals diese abgekürtzte Art zu philiosophiren. Wenn einem das Hertze wehe that, so saß der Geist Levavi oder Cardiacus drinnen, und muste alsdenn ausgetrieben werden. Und auf gleiche Weise urtheilen sie von den übrigen Kranckheiten. §. XXXII. Ich bedaure die guten Leute, deren Cörper ausgegraben, und zur Asche verbrannt worden sind. Sollte der Teufel etwa sonst nichts würcken können, als wenn er gantze todten Cörper, darinn annoch Bluht ist, in den nächsten Gräbern hat? Sollte das Bild eines Verstorbenen der Phantasey eines Krancken nicht mehr vorkommen können, ohngeachtet der Verstorbene in Puder verwandelt und zerstäubet worden? Es fällt mir bey, daß D. Arminius Lohenstein in Hildesheim geprediget haben solle, welcher gestalt die Teufels mit den Schweinen der Gergesener ersoffen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0111" n="113"/> den Bluhtsaugern, und der übereilte Verstand, den man mit gründlicher Untersuchung des Ubels nicht bemühet, nimt lieber eine erdichtete Uhrsache der Kranckheit an, als daß er seine Unwissenheit gestehen will. Unsere tumme Mädgens schliessen nicht anders. Denn wenn sie der Alp drückt, welches eine beschwerliche Phantasey ist, die aus der Hemmung des Bluhts entstehet; so glauben sie so fort, daß ihnen ein dicker und schwerer Geist auf den Leibe liege, und ihnen ein <hi rendition="#aq">lamento</hi> mache. Die alten Jüdischen Aertzte brauchten gleichfals diese abgekürtzte Art zu philiosophiren. Wenn einem das Hertze wehe that, so saß der Geist <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Levavi</hi></hi> oder <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Cardiacus</hi></hi> drinnen, und muste alsdenn ausgetrieben werden. Und auf gleiche Weise urtheilen sie von den übrigen Kranckheiten.</p> </div> <div n="2"> <head>§. XXXII.</head><lb/> <p>Ich bedaure die guten Leute, deren Cörper ausgegraben, und zur Asche verbrannt worden sind. Sollte der Teufel etwa sonst nichts würcken können, als wenn er gantze todten Cörper, darinn annoch Bluht ist, in den nächsten Gräbern hat? Sollte das Bild eines Verstorbenen der Phantasey eines Krancken nicht mehr vorkommen können, ohngeachtet der Verstorbene in Puder verwandelt und zerstäubet worden? Es fällt mir bey, daß <hi rendition="#aq">D. Arminius</hi> Lohenstein in Hildesheim geprediget haben solle, welcher gestalt die Teufels mit den Schweinen der Gergesener ersoffen </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [113/0111]
den Bluhtsaugern, und der übereilte Verstand, den man mit gründlicher Untersuchung des Ubels nicht bemühet, nimt lieber eine erdichtete Uhrsache der Kranckheit an, als daß er seine Unwissenheit gestehen will. Unsere tumme Mädgens schliessen nicht anders. Denn wenn sie der Alp drückt, welches eine beschwerliche Phantasey ist, die aus der Hemmung des Bluhts entstehet; so glauben sie so fort, daß ihnen ein dicker und schwerer Geist auf den Leibe liege, und ihnen ein lamento mache. Die alten Jüdischen Aertzte brauchten gleichfals diese abgekürtzte Art zu philiosophiren. Wenn einem das Hertze wehe that, so saß der Geist Levavi oder Cardiacus drinnen, und muste alsdenn ausgetrieben werden. Und auf gleiche Weise urtheilen sie von den übrigen Kranckheiten.
§. XXXII.
Ich bedaure die guten Leute, deren Cörper ausgegraben, und zur Asche verbrannt worden sind. Sollte der Teufel etwa sonst nichts würcken können, als wenn er gantze todten Cörper, darinn annoch Bluht ist, in den nächsten Gräbern hat? Sollte das Bild eines Verstorbenen der Phantasey eines Krancken nicht mehr vorkommen können, ohngeachtet der Verstorbene in Puder verwandelt und zerstäubet worden? Es fällt mir bey, daß D. Arminius Lohenstein in Hildesheim geprediget haben solle, welcher gestalt die Teufels mit den Schweinen der Gergesener ersoffen
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