Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

Bild:
<< vorherige Seite

Deß Academischen
sich bey ihm aufhalten/ weil er annoch unverehelichet/
und könte sich deß unglückseeligen Rectoris Wittib
der Schul-Wohnung inzwischen bedienen. Man
wolte ihn aber über 4. Tage allererst vorstellen/ weil
es eben in den Hunds-Tagen/ da man die Jugend
nicht zu sehr zum Lernen antreiben wolte. Jnzwischen
beschrieb der Pastor unserm Troll deß verstorbenen
Weinschencken Lebens-Lauff/ gab ihm auch Bücher
zu einem Aufsatz/ dann weil er dem Burgermeister
nicht sonders gewogen/ wolte er ihm einen Possen
dardurch thun. Was aber das Epitaphium anlanget/
ward solches von Trollen folgender Massen einge-
richtet:

Dem allzeit durstigen Weinschencken
zu Stachelfeld.
Wanderer!
Gehe trockenes Fusses dieses Grab vorbey/
in welchem ein nasser Bruder liget/
welcher/
als er im Leben sein Leben in den Reben gesuchet/
solches darinntn verlohren hat.
Siehe diese Stätte nicht mit thränenden Augen an/
der hier verscharrete
ist nicht werth/ daß er bethränet werde.
Weil er auf Erden mit thränenden Augen so getruncken
daß er endlich auf dem Trockenen vertruncken ist.
Trage weg die Blumen von diesem Leich-Stein:
der darunter begraben/
hat schon seine Frucht getragen.
Geuß keinen Wein hieher:
der Verstorbene trincket schon den Häfen.
Der Toll- und Vollsäuffer säufft ewiges Weh.
Er ist früh gestorben/ weil er früh getruncken.
Sein Vollsauffen ist ihm übel
und dem Artzt wol bekommen.
Durch viel Bescheid-thun hat er die Bescheidenheit/
durch fremdes Gesundheit-trincken
seine eigene Gesundheit/
und

Deß Academiſchen
ſich bey ihm aufhalten/ weil er annoch unverehelichet/
und koͤnte ſich deß ungluͤckſeeligen Rectoris Wittib
der Schul-Wohnung inzwiſchen bedienen. Man
wolte ihn aber uͤber 4. Tage allererſt vorſtellen/ weil
es eben in den Hunds-Tagen/ da man die Jugend
nicht zu ſehr zum Lernen antreiben wolte. Jnzwiſchen
beſchrieb der Paſtor unſerm Troll deß verſtorbenen
Weinſchencken Lebens-Lauff/ gab ihm auch Buͤcher
zu einem Aufſatz/ dann weil er dem Burgermeiſter
nicht ſonders gewogen/ wolte er ihm einen Poſſen
dardurch thun. Was aber das Epitaphium anlanget/
ward ſolches von Trollen folgender Maſſen einge-
richtet:

Dem allzeit durſtigen Weinſchencken
zu Stachelfeld.
Wanderer!
Gehe trockenes Fuſſes dieſes Grab vorbey/
in welchem ein naſſer Bruder liget/
welcher/
als er im Leben ſein Leben in den Reben geſuchet/
ſolches darinntn verlohren hat.
Siehe dieſe Staͤtte nicht mit thraͤnenden Augen an/
der hier verſcharrete
iſt nicht werth/ daß er bethraͤnet werde.
Weil er auf Erden mit thraͤnenden Augen ſo getruncken
daß er endlich auf dem Trockenen vertruncken iſt.
Trage weg die Blumen von dieſem Leich-Stein:
der darunter begraben/
hat ſchon ſeine Frucht getragen.
Geuß keinen Wein hieher:
der Verſtorbene trincket ſchon den Haͤfen.
Der Toll- und Vollſaͤuffer ſaͤufft ewiges Weh.
Er iſt fruͤh geſtorben/ weil er fruͤh getruncken.
Sein Vollſauffen iſt ihm uͤbel
und dem Artzt wol bekom̃en.
Durch viel Beſcheid-thun hat er die Beſcheidenheit/
durch fremdes Geſundheit-trincken
ſeine eigene Geſundheit/
und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0792" n="772"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Deß <hi rendition="#aq">Academi</hi>&#x017F;chen</hi></fw><lb/>
&#x017F;ich bey ihm aufhalten/ weil er annoch unverehelichet/<lb/>
und ko&#x0364;nte &#x017F;ich deß unglu&#x0364;ck&#x017F;eeligen <hi rendition="#aq">Rectoris</hi> Wittib<lb/>
der Schul-Wohnung inzwi&#x017F;chen bedienen. Man<lb/>
wolte ihn aber u&#x0364;ber 4. Tage allerer&#x017F;t vor&#x017F;tellen/ weil<lb/>
es eben in den Hunds-Tagen/ da man die Jugend<lb/>
nicht zu &#x017F;ehr zum Lernen antreiben wolte. Jnzwi&#x017F;chen<lb/>
be&#x017F;chrieb der <hi rendition="#aq">Pa&#x017F;tor</hi> un&#x017F;erm Troll deß ver&#x017F;torbenen<lb/>
Wein&#x017F;chencken Lebens-Lauff/ gab ihm auch Bu&#x0364;cher<lb/>
zu einem Auf&#x017F;atz/ dann weil er dem Burgermei&#x017F;ter<lb/>
nicht &#x017F;onders gewogen/ wolte er ihm einen Po&#x017F;&#x017F;en<lb/>
dardurch thun. Was aber das <hi rendition="#aq">Epitaphium</hi> anlanget/<lb/>
ward &#x017F;olches von Trollen folgender Ma&#x017F;&#x017F;en einge-<lb/>
richtet:</p>
        </div>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">Dem allzeit dur&#x017F;tigen Wein&#x017F;chencken</hi><lb/>
zu Stachelfeld.</hi> </head><lb/>
        <lg type="poem">
          <l> <hi rendition="#c">Wanderer!</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#c">Gehe trockenes Fu&#x017F;&#x017F;es die&#x017F;es Grab vorbey/</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#c">in welchem ein na&#x017F;&#x017F;er Bruder liget/</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#c">welcher/</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#c">als er im Leben &#x017F;ein Leben in den Reben ge&#x017F;uchet/</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#c">&#x017F;olches darinntn verlohren hat.</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#c">Siehe die&#x017F;e Sta&#x0364;tte nicht mit thra&#x0364;nenden Augen an/</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#c">der hier ver&#x017F;charrete</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#c">i&#x017F;t nicht werth/ daß er bethra&#x0364;net werde.</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#c">Weil er auf Erden mit thra&#x0364;nenden Augen &#x017F;o getruncken</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#c">daß er endlich auf dem Trockenen vertruncken i&#x017F;t.</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#c">Trage weg die Blumen von die&#x017F;em Leich-Stein:</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#c">der darunter begraben/</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#c">hat &#x017F;chon &#x017F;eine Frucht getragen.</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#c">Geuß keinen Wein hieher:</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#c">der Ver&#x017F;torbene trincket &#x017F;chon den Ha&#x0364;fen.</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#c">Der Toll- und Voll&#x017F;a&#x0364;uffer &#x017F;a&#x0364;ufft ewiges Weh.</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#c">Er i&#x017F;t fru&#x0364;h ge&#x017F;torben/ weil er fru&#x0364;h getruncken.</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#c">Sein Voll&#x017F;auffen i&#x017F;t ihm u&#x0364;bel</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#c">und dem Artzt wol bekom&#x0303;en.</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#c">Durch viel Be&#x017F;cheid-thun hat er die Be&#x017F;cheidenheit/</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#c">durch fremdes Ge&#x017F;undheit-trincken</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#c">&#x017F;eine eigene Ge&#x017F;undheit/</hi> </l><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[772/0792] Deß Academiſchen ſich bey ihm aufhalten/ weil er annoch unverehelichet/ und koͤnte ſich deß ungluͤckſeeligen Rectoris Wittib der Schul-Wohnung inzwiſchen bedienen. Man wolte ihn aber uͤber 4. Tage allererſt vorſtellen/ weil es eben in den Hunds-Tagen/ da man die Jugend nicht zu ſehr zum Lernen antreiben wolte. Jnzwiſchen beſchrieb der Paſtor unſerm Troll deß verſtorbenen Weinſchencken Lebens-Lauff/ gab ihm auch Buͤcher zu einem Aufſatz/ dann weil er dem Burgermeiſter nicht ſonders gewogen/ wolte er ihm einen Poſſen dardurch thun. Was aber das Epitaphium anlanget/ ward ſolches von Trollen folgender Maſſen einge- richtet: Dem allzeit durſtigen Weinſchencken zu Stachelfeld. Wanderer! Gehe trockenes Fuſſes dieſes Grab vorbey/ in welchem ein naſſer Bruder liget/ welcher/ als er im Leben ſein Leben in den Reben geſuchet/ ſolches darinntn verlohren hat. Siehe dieſe Staͤtte nicht mit thraͤnenden Augen an/ der hier verſcharrete iſt nicht werth/ daß er bethraͤnet werde. Weil er auf Erden mit thraͤnenden Augen ſo getruncken daß er endlich auf dem Trockenen vertruncken iſt. Trage weg die Blumen von dieſem Leich-Stein: der darunter begraben/ hat ſchon ſeine Frucht getragen. Geuß keinen Wein hieher: der Verſtorbene trincket ſchon den Haͤfen. Der Toll- und Vollſaͤuffer ſaͤufft ewiges Weh. Er iſt fruͤh geſtorben/ weil er fruͤh getruncken. Sein Vollſauffen iſt ihm uͤbel und dem Artzt wol bekom̃en. Durch viel Beſcheid-thun hat er die Beſcheidenheit/ durch fremdes Geſundheit-trincken ſeine eigene Geſundheit/ und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/792
Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 772. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/792>, abgerufen am 18.12.2024.