Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

Bild:
<< vorherige Seite

Romans I. Buch.
fete sie zusammen/ nahm die Flaschen unter den Arm/
und kehrete wieder nach der Vorstadt/ allwo er in ei-
ner kleinen Herberge einkehrete/ und etwas Speise
foderte; Aber die Leute sagten/ daß sie keine gare
Speise jetzo hätten/ dahero könten sie ihm nichts an-
ders vorsetzen/ als ein wenig Butter und Käse/ samt
einem Trunck Milch/ sintemahl bey ihnen selten Leute
einzukehren pflegeten. Hier hatte nun Venereus Fug
und Macht/ seine eigene Tractamenten herfür zu lan-
gen/ welche er auftischete/ und den Wirth zu Gast nö-
thigte/ der solches mit Freuden annahm/ und sich zu
ihm setzete. Jndem sie aber zulangen wolten/ klopffete
Jemand an die Thüre/ und als man solche eröffnete/
tratt eine feine junge Dirne hinein/ und foderte etwas
Speise. Die Wirthin sprach: Gehet in die Stube/
da sitzet ein Fremder/ der seine eigene Tractamenten
hat/ weil wir ihm nichts aufschaffen können. Er möch-
te euch etwa vergönnen/ mit ihm zu speisen. Also tratt
die Dirne herein/ grüssete den Venereum gantz freund-
lich/ und bathe ihn/ daß er ihr um St. Rocchus Willen
etwas Speise mittheilen wolle.

Das XLIV. Capitul/

Venereus ist abermahl lustig. Condado und seine Gesell-
schafft räysen fort. Venereus passiret für einen Sternseher. Sie
haben ein Gespräch/ warum der Mensch allemahl nach verbottene[n]
Dingen strebe?

DIeser/ der alles junge Frauenzimmer gerne ley-
den mochte/ führete sie bey der Hand herbey/
und ließ sie mit ihm essen/ er legete ihr das
Beste vor/ was er hatte/ und reichete ihr so viel Weins/
als sie trincken mochte; Fragete darauf: Woher sie so
spät komme? Jch bin eines Kauffmanns Tochter auß
Bormio, sprach sie/ und habe ein Gelübde gethan/
in ein Jungfern-Kloster zu gehen; Nun aber die

Zeit

Romans I. Buch.
fete ſie zuſammen/ nahm die Flaſchen unter den Arm/
und kehrete wieder nach der Vorſtadt/ allwo er in ei-
ner kleinen Herberge einkehrete/ und etwas Speiſe
foderte; Aber die Leute ſagten/ daß ſie keine gare
Speiſe jetzo haͤtten/ dahero koͤnten ſie ihm nichts an-
ders vorſetzen/ als ein wenig Butter und Kaͤſe/ ſamt
einem Trunck Milch/ ſintemahl bey ihnen ſelten Leute
einzukehren pflegeten. Hier hatte nun Venereus Fug
und Macht/ ſeine eigene Tractamenten herfuͤr zu lan-
gen/ welche er auftiſchete/ und den Wirth zu Gaſt noͤ-
thigte/ der ſolches mit Freuden annahm/ und ſich zu
ihm ſetzete. Jndem ſie aber zulangen wolten/ klopffete
Jemand an die Thuͤre/ und als man ſolche eroͤffnete/
tratt eine feine junge Dirne hinein/ und foderte etwas
Speiſe. Die Wirthin ſprach: Gehet in die Stube/
da ſitzet ein Fremder/ der ſeine eigene Tractamenten
hat/ weil wir ihm nichts aufſchaffen koͤnnen. Er moͤch-
te euch etwa vergoͤnnen/ mit ihm zu ſpeiſen. Alſo tratt
die Dirne herein/ gruͤſſete den Venereum gantz freund-
lich/ und bathe ihn/ daß er ihr um St. Rocchus Willen
etwas Speiſe mittheilen wolle.

Das XLIV. Capitul/

Venereus iſt abermahl luſtig. Condado und ſeine Geſell-
ſchafft raͤyſen fort. Venereus paſſiret fuͤr einen Sternſeher. Sie
haben ein Geſpraͤch/ warum der Menſch allemahl nach verbottene[n]
Dingen ſtrebe?

DIeſer/ der alles junge Frauenzimmer gerne ley-
den mochte/ fuͤhrete ſie bey der Hand herbey/
und ließ ſie mit ihm eſſen/ er legete ihr das
Beſte vor/ was er hatte/ uñ reichete ihr ſo viel Weins/
als ſie trincken mochte; Fragete darauf: Woher ſie ſo
ſpaͤt komme? Jch bin eines Kauffmanns Tochter auß
Bormio, ſprach ſie/ und habe ein Geluͤbde gethan/
in ein Jungfern-Kloſter zu gehen; Nun aber die

Zeit
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0537" n="521"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Romans <hi rendition="#aq">I.</hi> Buch.</hi></fw><lb/>
fete &#x017F;ie zu&#x017F;ammen/ nahm die Fla&#x017F;chen unter den Arm/<lb/>
und kehrete wieder nach der Vor&#x017F;tadt/ allwo er in ei-<lb/>
ner kleinen Herberge einkehrete/ und etwas Spei&#x017F;e<lb/>
foderte; Aber die Leute &#x017F;agten/ daß &#x017F;ie keine gare<lb/>
Spei&#x017F;e jetzo ha&#x0364;tten/ dahero ko&#x0364;nten &#x017F;ie ihm nichts an-<lb/>
ders vor&#x017F;etzen/ als ein wenig Butter und Ka&#x0364;&#x017F;e/ &#x017F;amt<lb/>
einem Trunck Milch/ &#x017F;intemahl bey ihnen &#x017F;elten Leute<lb/>
einzukehren pflegeten. Hier hatte nun <hi rendition="#aq">Venereus</hi> Fug<lb/>
und Macht/ &#x017F;eine eigene <hi rendition="#aq">Tractament</hi>en herfu&#x0364;r zu lan-<lb/>
gen/ welche er aufti&#x017F;chete/ und den Wirth zu Ga&#x017F;t no&#x0364;-<lb/>
thigte/ der &#x017F;olches mit Freuden annahm/ und &#x017F;ich zu<lb/>
ihm &#x017F;etzete. Jndem &#x017F;ie aber zulangen wolten/ klopffete<lb/>
Jemand an die Thu&#x0364;re/ und als man &#x017F;olche ero&#x0364;ffnete/<lb/>
tratt eine feine junge Dirne hinein/ und foderte etwas<lb/>
Spei&#x017F;e. Die Wirthin &#x017F;prach: Gehet in die Stube/<lb/>
da &#x017F;itzet ein Fremder/ der &#x017F;eine eigene <hi rendition="#aq">Tractament</hi>en<lb/>
hat/ weil wir ihm nichts auf&#x017F;chaffen ko&#x0364;nnen. Er mo&#x0364;ch-<lb/>
te euch etwa vergo&#x0364;nnen/ mit ihm zu &#x017F;pei&#x017F;en. Al&#x017F;o tratt<lb/>
die Dirne herein/ gru&#x0364;&#x017F;&#x017F;ete den <hi rendition="#aq">Venereum</hi> gantz freund-<lb/>
lich/ und bathe ihn/ daß er ihr um <hi rendition="#aq">St. Rocchus</hi> Willen<lb/>
etwas Spei&#x017F;e mittheilen wolle.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Das <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">XLIV.</hi></hi> Capitul/</hi> </head><lb/>
          <argument>
            <p><hi rendition="#aq">Venereus</hi> i&#x017F;t abermahl lu&#x017F;tig. <hi rendition="#aq">Condado</hi> und &#x017F;eine Ge&#x017F;ell-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chafft ra&#x0364;y&#x017F;en fort. <hi rendition="#aq">Venereus pa&#x017F;&#x017F;i</hi>ret fu&#x0364;r einen Stern&#x017F;eher. Sie<lb/>
haben ein Ge&#x017F;pra&#x0364;ch/ warum der Men&#x017F;ch allemahl nach verbottene<supplied>n</supplied><lb/>
Dingen &#x017F;trebe?</hi></p>
          </argument><lb/>
          <p><hi rendition="#in">D</hi>Ie&#x017F;er/ der alles junge Frauenzimmer gerne ley-<lb/>
den mochte/ fu&#x0364;hrete &#x017F;ie bey der Hand herbey/<lb/>
und ließ &#x017F;ie mit ihm e&#x017F;&#x017F;en/ er legete ihr das<lb/>
Be&#x017F;te vor/ was er hatte/ uñ reichete ihr &#x017F;o viel Weins/<lb/>
als &#x017F;ie trincken mochte; Fragete darauf: Woher &#x017F;ie &#x017F;o<lb/>
&#x017F;pa&#x0364;t komme? Jch bin eines Kauffmanns Tochter auß<lb/><hi rendition="#aq">Bormio,</hi> &#x017F;prach &#x017F;ie/ und habe ein Gelu&#x0364;bde gethan/<lb/>
in ein Jungfern-Klo&#x017F;ter zu gehen; Nun aber die<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Zeit</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[521/0537] Romans I. Buch. fete ſie zuſammen/ nahm die Flaſchen unter den Arm/ und kehrete wieder nach der Vorſtadt/ allwo er in ei- ner kleinen Herberge einkehrete/ und etwas Speiſe foderte; Aber die Leute ſagten/ daß ſie keine gare Speiſe jetzo haͤtten/ dahero koͤnten ſie ihm nichts an- ders vorſetzen/ als ein wenig Butter und Kaͤſe/ ſamt einem Trunck Milch/ ſintemahl bey ihnen ſelten Leute einzukehren pflegeten. Hier hatte nun Venereus Fug und Macht/ ſeine eigene Tractamenten herfuͤr zu lan- gen/ welche er auftiſchete/ und den Wirth zu Gaſt noͤ- thigte/ der ſolches mit Freuden annahm/ und ſich zu ihm ſetzete. Jndem ſie aber zulangen wolten/ klopffete Jemand an die Thuͤre/ und als man ſolche eroͤffnete/ tratt eine feine junge Dirne hinein/ und foderte etwas Speiſe. Die Wirthin ſprach: Gehet in die Stube/ da ſitzet ein Fremder/ der ſeine eigene Tractamenten hat/ weil wir ihm nichts aufſchaffen koͤnnen. Er moͤch- te euch etwa vergoͤnnen/ mit ihm zu ſpeiſen. Alſo tratt die Dirne herein/ gruͤſſete den Venereum gantz freund- lich/ und bathe ihn/ daß er ihr um St. Rocchus Willen etwas Speiſe mittheilen wolle. Das XLIV. Capitul/ Venereus iſt abermahl luſtig. Condado und ſeine Geſell- ſchafft raͤyſen fort. Venereus paſſiret fuͤr einen Sternſeher. Sie haben ein Geſpraͤch/ warum der Menſch allemahl nach verbottenen Dingen ſtrebe? DIeſer/ der alles junge Frauenzimmer gerne ley- den mochte/ fuͤhrete ſie bey der Hand herbey/ und ließ ſie mit ihm eſſen/ er legete ihr das Beſte vor/ was er hatte/ uñ reichete ihr ſo viel Weins/ als ſie trincken mochte; Fragete darauf: Woher ſie ſo ſpaͤt komme? Jch bin eines Kauffmanns Tochter auß Bormio, ſprach ſie/ und habe ein Geluͤbde gethan/ in ein Jungfern-Kloſter zu gehen; Nun aber die Zeit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/537
Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 521. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/537>, abgerufen am 17.11.2024.