Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

Bild:
<< vorherige Seite

Deß Academischen
mehro wol weiß/ bey welcher Frauen ich mich jenes
mahls hatte lustig gemacht.

Das XLIII. Capitul/

Man discurriret allhier über die Frage/ ob man besser durch
grossen Verstand/ als durch beständige Arbeit/ zu guten Wissenschaff-
ten gelangen könne? Venereus hat eine seltzame Courtoisie zu
Trento.

UBer diese Erzehlung deß Venerei musten sie
sich allerseits verwundern/ sie kamen aber un-
terdessen zu einer Herberge in einem Dorff/
darinn sie das Mittags-Mahl hielten/ und funden
darinn etliche ansehnliche Männer auß Teutschland/
die nach Venedig zu gehen resolviret waren. Mit
diesen hatten sie verschiedene schöne Discurse, inson-
derheit Klingenfeld/ der nach seinen Angehörigen in
Teutschland fragete/ darvon er guten Bescheid er-
hielte. Man merckete wol/ daß 2. von diesen Teut-
schen gelehrte Leute wären/ und sich auf die freye
Künste eine gute Zeit müsten geleget haben/ dann sie
gaben solches durch ihre Discurse gnugsam zu erken-
nen. Einer darvon kam auf die Frage/ welches am
nöthigsten sey/ zu guten Künsten und Wissenschaff-
ten zu gelangen/ ein grosser Verstand/ oder aber eine
grosse Arbeit? Dem Klingenfeld seine Frage folgen-
der Gestalt beantwortete:

WAs uns am meisten kostet/ das achten wir am höchsten/ dann
der Menschliche Verstand/ welcher allen Dingen seinen
Werth und Preiß gibt/ vermehret und vermindert denselben/
nachdem er urtheilet/ daß man viel oder wenig Mühe habe/ ein
Ding zu überkommen. Welches uns auch der König David
zum Theil erwiesen/ da er einmahl lüstern war/ auß einem
Brunnen zu trincken/ welchen die Philister in ihren Händen hat-
ten/ und etliche seiner Helden in der Feinde Läger drungen/ und
deß Wassers brachten/ hielt er es viel zu werth/ daß er es selber
trincken solte/ sondern schüttete es auß vor dem HErrn/ und opf-
ferte es ihm/ als ein Blut der Männer/ die es auf Lebens-Gefahr

geholet

Deß Academiſchen
mehro wol weiß/ bey welcher Frauen ich mich jenes
mahls hatte luſtig gemacht.

Das XLIII. Capitul/

Man diſcurriret allhier uͤber die Frage/ ob man beſſer durch
groſſen Verſtand/ als durch beſtaͤndige Arbeit/ zu guten Wiſſenſchaff-
ten gelangen koͤnne? Venereus hat eine ſeltzame Courtoiſie zu
Trento.

UBer dieſe Erzehlung deß Venerei muſten ſie
ſich allerſeits verwundern/ ſie kamen aber un-
terdeſſen zu einer Herberge in einem Dorff/
darinn ſie das Mittags-Mahl hielten/ und funden
darinn etliche anſehnliche Maͤnner auß Teutſchland/
die nach Venedig zu gehen reſolviret waren. Mit
dieſen hatten ſie verſchiedene ſchoͤne Diſcurſe, inſon-
derheit Klingenfeld/ der nach ſeinen Angehoͤrigen in
Teutſchland fragete/ darvon er guten Beſcheid er-
hielte. Man merckete wol/ daß 2. von dieſen Teut-
ſchen gelehrte Leute waͤren/ und ſich auf die freye
Kuͤnſte eine gute Zeit muͤſten geleget haben/ dann ſie
gaben ſolches durch ihre Diſcurſe gnugſam zu erken-
nen. Einer darvon kam auf die Frage/ welches am
noͤthigſten ſey/ zu guten Kuͤnſten und Wiſſenſchaff-
ten zu gelangen/ ein groſſer Verſtand/ oder aber eine
groſſe Arbeit? Dem Klingenfeld ſeine Frage folgen-
der Geſtalt beantwortete:

WAs uns am meiſten koſtet/ das achten wir am hoͤchſten/ dann
der Menſchliche Verſtand/ welcher allen Dingen ſeinen
Werth und Preiß gibt/ vermehret und vermindert denſelben/
nachdem er urtheilet/ daß man viel oder wenig Muͤhe habe/ ein
Ding zu uͤberkommen. Welches uns auch der Koͤnig David
zum Theil erwieſen/ da er einmahl luͤſtern war/ auß einem
Brunnen zu trincken/ welchen die Philiſter in ihren Haͤnden hat-
ten/ und etliche ſeiner Helden in der Feinde Laͤger drungen/ und
deß Waſſers brachten/ hielt er es viel zu werth/ daß er es ſelber
trincken ſolte/ ſondern ſchuͤttete es auß vor dem HErꝛn/ und opf-
ferte es ihm/ als ein Blut der Maͤnner/ die es auf Lebens-Gefahr

geholet
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0526" n="510"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Deß <hi rendition="#aq">Academi</hi>&#x017F;chen</hi></fw><lb/>
mehro wol weiß/ bey welcher Frauen ich mich jenes<lb/>
mahls hatte lu&#x017F;tig gemacht.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Das <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">XLIII</hi>.</hi> Capitul/</hi> </head><lb/>
          <argument>
            <p>Man <hi rendition="#aq">di&#x017F;curri</hi>ret allhier u&#x0364;ber die Frage/ ob man be&#x017F;&#x017F;er durch<lb/><hi rendition="#et">gro&#x017F;&#x017F;en Ver&#x017F;tand/ als durch be&#x017F;ta&#x0364;ndige Arbeit/ zu guten Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaff-<lb/>
ten gelangen ko&#x0364;nne? <hi rendition="#aq">Venereus</hi> hat eine &#x017F;eltzame <hi rendition="#aq">Courtoi&#x017F;ie</hi> zu<lb/><hi rendition="#aq">Trento.</hi></hi></p>
          </argument><lb/>
          <p><hi rendition="#in">U</hi>Ber die&#x017F;e Erzehlung deß <hi rendition="#aq">Venerei</hi> mu&#x017F;ten &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich aller&#x017F;eits verwundern/ &#x017F;ie kamen aber un-<lb/>
terde&#x017F;&#x017F;en zu einer Herberge in einem Dorff/<lb/>
darinn &#x017F;ie das Mittags-Mahl hielten/ und funden<lb/>
darinn etliche an&#x017F;ehnliche Ma&#x0364;nner auß Teut&#x017F;chland/<lb/>
die nach Venedig zu gehen <hi rendition="#aq">re&#x017F;olvi</hi>ret waren. Mit<lb/>
die&#x017F;en hatten &#x017F;ie ver&#x017F;chiedene &#x017F;cho&#x0364;ne <hi rendition="#aq">Di&#x017F;cur&#x017F;e,</hi> in&#x017F;on-<lb/>
derheit Klingenfeld/ der nach &#x017F;einen Angeho&#x0364;rigen in<lb/>
Teut&#x017F;chland fragete/ darvon er guten Be&#x017F;cheid er-<lb/>
hielte. Man merckete wol/ daß 2. von die&#x017F;en Teut-<lb/>
&#x017F;chen gelehrte Leute wa&#x0364;ren/ und &#x017F;ich auf die freye<lb/>
Ku&#x0364;n&#x017F;te eine gute Zeit mu&#x0364;&#x017F;ten geleget haben/ dann &#x017F;ie<lb/>
gaben &#x017F;olches durch ihre <hi rendition="#aq">Di&#x017F;cur&#x017F;e</hi> gnug&#x017F;am zu erken-<lb/>
nen. Einer darvon kam auf die Frage/ welches am<lb/>
no&#x0364;thig&#x017F;ten &#x017F;ey/ zu guten Ku&#x0364;n&#x017F;ten und Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaff-<lb/>
ten zu gelangen/ ein gro&#x017F;&#x017F;er Ver&#x017F;tand/ oder aber eine<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;e Arbeit? Dem Klingenfeld &#x017F;eine Frage folgen-<lb/>
der Ge&#x017F;talt beantwortete:</p><lb/>
          <p><hi rendition="#in">W</hi>As uns am mei&#x017F;ten ko&#x017F;tet/ das achten wir am ho&#x0364;ch&#x017F;ten/ dann<lb/>
der Men&#x017F;chliche Ver&#x017F;tand/ welcher allen Dingen &#x017F;einen<lb/>
Werth und Preiß gibt/ vermehret und vermindert den&#x017F;elben/<lb/>
nachdem er urtheilet/ daß man viel oder wenig Mu&#x0364;he habe/ ein<lb/>
Ding zu u&#x0364;berkommen. Welches uns auch der Ko&#x0364;nig David<lb/>
zum Theil erwie&#x017F;en/ da er einmahl lu&#x0364;&#x017F;tern war/ auß einem<lb/>
Brunnen zu trincken/ welchen die Phili&#x017F;ter in ihren Ha&#x0364;nden hat-<lb/>
ten/ und etliche &#x017F;einer Helden in der Feinde La&#x0364;ger drungen/ und<lb/>
deß Wa&#x017F;&#x017F;ers brachten/ hielt er es viel zu werth/ daß er es &#x017F;elber<lb/>
trincken &#x017F;olte/ &#x017F;ondern &#x017F;chu&#x0364;ttete es auß vor dem HEr&#xA75B;n/ und opf-<lb/>
ferte es ihm/ als ein Blut der Ma&#x0364;nner/ die es auf Lebens-Gefahr<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">geholet</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[510/0526] Deß Academiſchen mehro wol weiß/ bey welcher Frauen ich mich jenes mahls hatte luſtig gemacht. Das XLIII. Capitul/ Man diſcurriret allhier uͤber die Frage/ ob man beſſer durch groſſen Verſtand/ als durch beſtaͤndige Arbeit/ zu guten Wiſſenſchaff- ten gelangen koͤnne? Venereus hat eine ſeltzame Courtoiſie zu Trento. UBer dieſe Erzehlung deß Venerei muſten ſie ſich allerſeits verwundern/ ſie kamen aber un- terdeſſen zu einer Herberge in einem Dorff/ darinn ſie das Mittags-Mahl hielten/ und funden darinn etliche anſehnliche Maͤnner auß Teutſchland/ die nach Venedig zu gehen reſolviret waren. Mit dieſen hatten ſie verſchiedene ſchoͤne Diſcurſe, inſon- derheit Klingenfeld/ der nach ſeinen Angehoͤrigen in Teutſchland fragete/ darvon er guten Beſcheid er- hielte. Man merckete wol/ daß 2. von dieſen Teut- ſchen gelehrte Leute waͤren/ und ſich auf die freye Kuͤnſte eine gute Zeit muͤſten geleget haben/ dann ſie gaben ſolches durch ihre Diſcurſe gnugſam zu erken- nen. Einer darvon kam auf die Frage/ welches am noͤthigſten ſey/ zu guten Kuͤnſten und Wiſſenſchaff- ten zu gelangen/ ein groſſer Verſtand/ oder aber eine groſſe Arbeit? Dem Klingenfeld ſeine Frage folgen- der Geſtalt beantwortete: WAs uns am meiſten koſtet/ das achten wir am hoͤchſten/ dann der Menſchliche Verſtand/ welcher allen Dingen ſeinen Werth und Preiß gibt/ vermehret und vermindert denſelben/ nachdem er urtheilet/ daß man viel oder wenig Muͤhe habe/ ein Ding zu uͤberkommen. Welches uns auch der Koͤnig David zum Theil erwieſen/ da er einmahl luͤſtern war/ auß einem Brunnen zu trincken/ welchen die Philiſter in ihren Haͤnden hat- ten/ und etliche ſeiner Helden in der Feinde Laͤger drungen/ und deß Waſſers brachten/ hielt er es viel zu werth/ daß er es ſelber trincken ſolte/ ſondern ſchuͤttete es auß vor dem HErꝛn/ und opf- ferte es ihm/ als ein Blut der Maͤnner/ die es auf Lebens-Gefahr geholet

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/526
Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 510. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/526>, abgerufen am 18.12.2024.