Hanssen, Petrus: Achtzig erläuterte Grund-Fragen. Lübeck u. a., 1731.stellen. Nach der ersten Betrachtung hat ihm GOtt alles gegeben/ was zur Menschlichkeit ge- höret/ dahin man nebst andern die Kraft zu erken- nen und zu wollen/ die Freyheit des Willens/ die Fähigkeit nach einer Richtschnur zu leben/ die Möglichkeit zu sündigen/ und dergl. rechnen kan. GOtt konte ihm von diesen nichs vorenthalten/ ohne die Menschlichkeit zu zernichten/ welches die- jenige nicht einsehen/ welche meinen/ es wäre eine grössere Güte gewesen/ wenn GOtt den Menschen also gemacht hätte/ daß er überall nicht hätte sün- digen können. Was die Menschen/ wie wir sie in der Welt finden/ betrift; so werden wir gantz unterschiedliche Grade der Eigenschafften an de- nenselben gewahr. Einer hat für dem andern an innerlichen und äuserlichen Gütern vieles voraus. Diese unterschiedene Stuffen bestimmet freylich GOtt/ und er kan sie auch mindern und mehren/ doch braucht er dazu niemals eine unumgeschrenck- te Macht. Er handelt allezeit nach gerechten und zulänglichen Ursachen und Bewegungs-Gründen: und darum kan man nicht zweifeln/ daß er in al- lem/ was er mit denen Menschen zur Vermehrung ihres Wolstandes fürnimmt/ es sey ordentlich o- der ausserordentlich/ Natur oder Gnade/ sich nach derselben Fähigkeit/ wie auch nach der Gelegenheit/ die sie ihm geben/ um das Gute von seiner Hand zu empfangen/ richte. XIII. Ob nicht aus der Erfahrung deut- B 3
ſtellen. Nach der erſten Betrachtung hat ihm GOtt alles gegeben/ was zur Menſchlichkeit ge- hoͤret/ dahin man nebſt andern die Kraft zu erken- nen und zu wollen/ die Freyheit des Willens/ die Faͤhigkeit nach einer Richtſchnur zu leben/ die Moͤglichkeit zu ſuͤndigen/ und dergl. rechnen kan. GOtt konte ihm von dieſen nichs vorenthalten/ ohne die Menſchlichkeit zu zernichten/ welches die- jenige nicht einſehen/ welche meinen/ es waͤre eine groͤſſere Guͤte geweſen/ wenn GOtt den Menſchen alſo gemacht haͤtte/ daß er uͤberall nicht haͤtte ſuͤn- digen koͤnnen. Was die Menſchen/ wie wir ſie in der Welt finden/ betrift; ſo werden wir gantz unterſchiedliche Grade der Eigenſchafften an de- nenſelben gewahr. Einer hat fuͤr dem andern an innerlichen und aͤuſerlichen Guͤtern vieles voraus. Dieſe unterſchiedene Stuffen beſtimmet freylich GOtt/ und er kan ſie auch mindern und mehren/ doch braucht er dazu niemals eine unumgeſchrenck- te Macht. Er handelt allezeit nach gerechten und zulaͤnglichen Urſachen und Bewegungs-Gruͤnden: und darum kan man nicht zweifeln/ daß er in al- lem/ was er mit denen Menſchen zur Vermehrung ihres Wolſtandes fuͤrnimmt/ es ſey ordentlich o- der auſſerordentlich/ Natur oder Gnade/ ſich nach derſelben Faͤhigkeit/ wie auch nach der Gelegenheit/ die ſie ihm geben/ um das Gute von ſeiner Hand zu empfangen/ richte. XIII. Ob nicht aus der Erfahrung deut- B 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0073" n="21"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> ſtellen. Nach der erſten Betrachtung hat ihm<lb/> GOtt alles gegeben/ was zur Menſchlichkeit ge-<lb/> hoͤret/ dahin man nebſt andern die Kraft zu erken-<lb/> nen und zu wollen/ die Freyheit des Willens/ die<lb/> Faͤhigkeit nach einer Richtſchnur zu leben/ die<lb/> Moͤglichkeit zu ſuͤndigen/ und dergl. rechnen kan.<lb/> GOtt konte ihm von dieſen nichs vorenthalten/<lb/> ohne die Menſchlichkeit zu zernichten/ welches die-<lb/> jenige nicht einſehen/ welche meinen/ es waͤre eine<lb/> groͤſſere Guͤte geweſen/ wenn GOtt den Menſchen<lb/> alſo gemacht haͤtte/ daß er uͤberall nicht haͤtte ſuͤn-<lb/> digen koͤnnen. Was die Menſchen/ wie wir ſie<lb/> in der Welt finden/ betrift; ſo werden wir gantz<lb/> unterſchiedliche <hi rendition="#aq">Grade</hi> der Eigenſchafften an de-<lb/> nenſelben gewahr. Einer hat fuͤr dem andern an<lb/> innerlichen und aͤuſerlichen Guͤtern vieles voraus.<lb/> Dieſe unterſchiedene Stuffen beſtimmet freylich<lb/> GOtt/ und er kan ſie auch mindern und mehren/<lb/> doch braucht er dazu niemals eine unumgeſchrenck-<lb/> te Macht. Er handelt allezeit nach gerechten und<lb/> zulaͤnglichen Urſachen und Bewegungs-Gruͤnden:<lb/> und darum kan man nicht zweifeln/ daß er in al-<lb/> lem/ was er mit denen Menſchen zur Vermehrung<lb/> ihres Wolſtandes fuͤrnimmt/ es ſey ordentlich o-<lb/> der auſſerordentlich/ Natur oder Gnade/ ſich nach<lb/> derſelben Faͤhigkeit/ wie auch nach der Gelegenheit/<lb/> die ſie ihm geben/ um das Gute von ſeiner Hand<lb/> zu empfangen/ richte.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#aq">XIII.</hi><lb/> <hi rendition="#b">Ob nicht aus der Erfahrung</hi><lb/> <fw place="bottom" type="sig">B 3</fw> <fw place="bottom" type="catch">deut-</fw><lb/> </head> </div> </div> </body> </text> </TEI> [21/0073]
ſtellen. Nach der erſten Betrachtung hat ihm
GOtt alles gegeben/ was zur Menſchlichkeit ge-
hoͤret/ dahin man nebſt andern die Kraft zu erken-
nen und zu wollen/ die Freyheit des Willens/ die
Faͤhigkeit nach einer Richtſchnur zu leben/ die
Moͤglichkeit zu ſuͤndigen/ und dergl. rechnen kan.
GOtt konte ihm von dieſen nichs vorenthalten/
ohne die Menſchlichkeit zu zernichten/ welches die-
jenige nicht einſehen/ welche meinen/ es waͤre eine
groͤſſere Guͤte geweſen/ wenn GOtt den Menſchen
alſo gemacht haͤtte/ daß er uͤberall nicht haͤtte ſuͤn-
digen koͤnnen. Was die Menſchen/ wie wir ſie
in der Welt finden/ betrift; ſo werden wir gantz
unterſchiedliche Grade der Eigenſchafften an de-
nenſelben gewahr. Einer hat fuͤr dem andern an
innerlichen und aͤuſerlichen Guͤtern vieles voraus.
Dieſe unterſchiedene Stuffen beſtimmet freylich
GOtt/ und er kan ſie auch mindern und mehren/
doch braucht er dazu niemals eine unumgeſchrenck-
te Macht. Er handelt allezeit nach gerechten und
zulaͤnglichen Urſachen und Bewegungs-Gruͤnden:
und darum kan man nicht zweifeln/ daß er in al-
lem/ was er mit denen Menſchen zur Vermehrung
ihres Wolſtandes fuͤrnimmt/ es ſey ordentlich o-
der auſſerordentlich/ Natur oder Gnade/ ſich nach
derſelben Faͤhigkeit/ wie auch nach der Gelegenheit/
die ſie ihm geben/ um das Gute von ſeiner Hand
zu empfangen/ richte.
XIII.
Ob nicht aus der Erfahrung
deut-
B 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |