Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hanssen, Petrus: Achtzig erläuterte Grund-Fragen. Lübeck u. a., 1731.

Bild:
<< vorherige Seite



quidem solus Deus est, esse potest, idipsum etiam est.
Est enim Deus purus actus, in quo nulla potentia ad
intra &c.
Was gar nicht ist/ kan keine Vollen-
kommenheit haben/ und die Existentz ist der Ord-
nung nach die erste unter den Realitaeten. Wer
solchemnach die Gottheit leugnen wil/ muß zeigen/
daß diese Beschreibung etwas Widersprechendes
in sich fasse/ das ist: daß ein solches Wesen un-
müglich sey/ welches nimmermehr wird gesche-
hen können. Der Begriff von der vollenkom-
mensten Art der Existence ist in dem Begriff von
der Existentz der Dinge gegründet. Eben daher/
daß Dinge existiren/ folget unwidertreiblich/ daß
etwas auf die vollenkommenste Art existiren müs-
se. Ein Atheist muß also darthun/ daß gar nichts
existire oder daß er und/ was um ihn ist/ auf die
vollenkommenste Art existire und schon eine Gott-
heit sey: in beeden Fällen aber wird seine Mühe
vergeblich seyn und von der Grösse seiner Thor-
heit zeugen.

IV.
Ob nicht solchemnach Gott noht-
wendig müsse
existiren; in höchster
Seligkeit leben; alles mögliche er-
kennen; das Beste immerdar wol-
len; alles/ was er will/ können;
und endlich ohne Aufhören nach

der



quidem ſolus Deus eſt, eſſe poteſt, idipſum etiam eſt.
Eſt enim Deus purus actus, in quo nulla potentia ad
intra &c.
Was gar nicht iſt/ kan keine Vollen-
kommenheit haben/ und die Exiſtentz iſt der Ord-
nung nach die erſte unter den Realitæten. Wer
ſolchemnach die Gottheit leugnen wil/ muß zeigen/
daß dieſe Beſchreibung etwas Widerſprechendes
in ſich faſſe/ das iſt: daß ein ſolches Weſen un-
muͤglich ſey/ welches nimmermehr wird geſche-
hen koͤnnen. Der Begriff von der vollenkom-
menſten Art der Exiſtence iſt in dem Begriff von
der Exiſtentz der Dinge gegruͤndet. Eben daher/
daß Dinge exiſtiren/ folget unwidertreiblich/ daß
etwas auf die vollenkommenſte Art exiſtiren muͤſ-
ſe. Ein Atheiſt muß alſo darthun/ daß gar nichts
exiſtire oder daß er und/ was um ihn iſt/ auf die
vollenkommenſte Art exiſtire und ſchon eine Gott-
heit ſey: in beeden Faͤllen aber wird ſeine Muͤhe
vergeblich ſeyn und von der Groͤſſe ſeiner Thor-
heit zeugen.

IV.
Ob nicht ſolchemnach Gott noht-
wendig muͤſſe
exiſtiren; in hoͤchſter
Seligkeit leben; alles moͤgliche er-
kennen; das Beſte immerdar wol-
len; alles/ was er will/ koͤnnen;
und endlich ohne Aufhoͤren nach

der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0056" n="4"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><hi rendition="#aq">quidem &#x017F;olus Deus e&#x017F;t, e&#x017F;&#x017F;e pote&#x017F;t, idip&#x017F;um etiam e&#x017F;t.<lb/>
E&#x017F;t enim Deus purus actus, in quo nulla potentia ad<lb/>
intra &amp;c.</hi> Was gar nicht i&#x017F;t/ kan keine Vollen-<lb/>
kommenheit haben/ und die <hi rendition="#aq">Exi&#x017F;ten</hi>tz i&#x017F;t der Ord-<lb/>
nung nach die er&#x017F;te unter den <hi rendition="#aq">Realitæ</hi>ten. Wer<lb/>
&#x017F;olchemnach die Gottheit leugnen wil/ muß zeigen/<lb/>
daß die&#x017F;e Be&#x017F;chreibung etwas Wider&#x017F;prechendes<lb/>
in &#x017F;ich fa&#x017F;&#x017F;e/ das i&#x017F;t: daß ein &#x017F;olches We&#x017F;en un-<lb/>
mu&#x0364;glich &#x017F;ey/ welches nimmermehr wird ge&#x017F;che-<lb/>
hen ko&#x0364;nnen. Der Begriff von der vollenkom-<lb/>
men&#x017F;ten Art der <hi rendition="#aq">Exi&#x017F;tence</hi> i&#x017F;t in dem Begriff von<lb/>
der <hi rendition="#aq">Exi&#x017F;ten</hi>tz der Dinge gegru&#x0364;ndet. Eben daher/<lb/>
daß Dinge <hi rendition="#aq">exi&#x017F;ti</hi>ren/ folget unwidertreiblich/ daß<lb/>
etwas auf die vollenkommen&#x017F;te Art <hi rendition="#aq">exi&#x017F;ti</hi>ren mu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;e. Ein Athei&#x017F;t muß al&#x017F;o darthun/ daß gar nichts<lb/><hi rendition="#aq">exi&#x017F;ti</hi>re oder daß er und/ was um ihn i&#x017F;t/ auf die<lb/>
vollenkommen&#x017F;te Art <hi rendition="#aq">exi&#x017F;ti</hi>re und &#x017F;chon eine Gott-<lb/>
heit &#x017F;ey: in beeden Fa&#x0364;llen aber wird &#x017F;eine Mu&#x0364;he<lb/>
vergeblich &#x017F;eyn und von der Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e &#x017F;einer Thor-<lb/>
heit zeugen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq">IV.</hi><lb/> <hi rendition="#b">Ob nicht &#x017F;olchemnach Gott noht-<lb/>
wendig mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e</hi> <hi rendition="#aq">exi&#x017F;ti</hi> <hi rendition="#b">ren; in ho&#x0364;ch&#x017F;ter<lb/>
Seligkeit leben; alles mo&#x0364;gliche er-<lb/>
kennen; das Be&#x017F;te immerdar wol-<lb/>
len; alles/ was er will/ ko&#x0364;nnen;<lb/>
und endlich ohne Aufho&#x0364;ren nach</hi><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">der</hi> </fw><lb/>
          </head>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[4/0056] quidem ſolus Deus eſt, eſſe poteſt, idipſum etiam eſt. Eſt enim Deus purus actus, in quo nulla potentia ad intra &c. Was gar nicht iſt/ kan keine Vollen- kommenheit haben/ und die Exiſtentz iſt der Ord- nung nach die erſte unter den Realitæten. Wer ſolchemnach die Gottheit leugnen wil/ muß zeigen/ daß dieſe Beſchreibung etwas Widerſprechendes in ſich faſſe/ das iſt: daß ein ſolches Weſen un- muͤglich ſey/ welches nimmermehr wird geſche- hen koͤnnen. Der Begriff von der vollenkom- menſten Art der Exiſtence iſt in dem Begriff von der Exiſtentz der Dinge gegruͤndet. Eben daher/ daß Dinge exiſtiren/ folget unwidertreiblich/ daß etwas auf die vollenkommenſte Art exiſtiren muͤſ- ſe. Ein Atheiſt muß alſo darthun/ daß gar nichts exiſtire oder daß er und/ was um ihn iſt/ auf die vollenkommenſte Art exiſtire und ſchon eine Gott- heit ſey: in beeden Faͤllen aber wird ſeine Muͤhe vergeblich ſeyn und von der Groͤſſe ſeiner Thor- heit zeugen. IV. Ob nicht ſolchemnach Gott noht- wendig muͤſſe exiſtiren; in hoͤchſter Seligkeit leben; alles moͤgliche er- kennen; das Beſte immerdar wol- len; alles/ was er will/ koͤnnen; und endlich ohne Aufhoͤren nach der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hanssen_grundfragen_1731
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hanssen_grundfragen_1731/56
Zitationshilfe: Hanssen, Petrus: Achtzig erläuterte Grund-Fragen. Lübeck u. a., 1731, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hanssen_grundfragen_1731/56>, abgerufen am 21.12.2024.