Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hanssen, Petrus: Achtzig erläuterte Grund-Fragen. Lübeck u. a., 1731.

Bild:
<< vorherige Seite



was er zu thun schuldig? Und wo wird von den
Unsrigen gelehrt/ daß die Seligkeit durch den Glau-
ben zurechnungs-weise gegenwärtig sey? Wir
lehren/ daß wir durch den Glauben an Christum
empfangen Vergebung der Sünden/ Frieden mit
GOtt/ Ruhe des Gewissens/ Hoffnung der zu-
künftigen Herrlichkeit. Diese Güter sind nicht
zurechnungs-weise gegenwärtig/ sondern sie werden
würcklich empfunden und genossen. Welche Be-
griffe geben oder nehmen wir also der Seelen/ wel-
che er giftige und Seelen-verderbliche Jrrthümer
nennen könne/ so die sichern Gemühter von dem ei-
nigen nohtwendigen und vorgesteckten wahren
Ziel der wahren Seligkeit unaufhörlich abkehren?
Thut es der Begriff von der Gnade oder der Ge-
rechtigkeit Gottes? Seelen/ in welchen durch die
Begriffe von dem göttlichen Vorsatz/ die Men-
schen selig zu machen/ wie unsere H. Religion die-
selben in der Vollendung des Wercks der Erlö-
sung darstellt/ kein Gefühl der Verbindlichkeit/ ihn
über alles zu lieben/ entspringt; werden sich durch
andere Vorstellungen/ sie mögen seyn/ von welcher
Gattung sie wollen/ noch vielweniger gewinnen
lassen. (Erläut. quaest. 68.)

LXXII.
Ob nicht also der Glaube an
Christum oder die Empfindung
von der Kraft seines Mittler-Amts

auch



was er zu thun ſchuldig? Und wo wird von den
Unſrigen gelehrt/ daß die Seligkeit durch den Glau-
ben zurechnungs-weiſe gegenwaͤrtig ſey? Wir
lehren/ daß wir durch den Glauben an Chriſtum
empfangen Vergebung der Suͤnden/ Frieden mit
GOtt/ Ruhe des Gewiſſens/ Hoffnung der zu-
kuͤnftigen Herrlichkeit. Dieſe Guͤter ſind nicht
zurechnungs-weiſe gegenwaͤrtig/ ſondern ſie werden
wuͤrcklich empfunden und genoſſen. Welche Be-
griffe geben oder nehmen wir alſo der Seelen/ wel-
che er giftige und Seelen-verderbliche Jrrthuͤmer
nennen koͤnne/ ſo die ſichern Gemuͤhter von dem ei-
nigen nohtwendigen und vorgeſteckten wahren
Ziel der wahren Seligkeit unaufhoͤrlich abkehren?
Thut es der Begriff von der Gnade oder der Ge-
rechtigkeit Gottes? Seelen/ in welchen durch die
Begriffe von dem goͤttlichen Vorſatz/ die Men-
ſchen ſelig zu machen/ wie unſere H. Religion die-
ſelben in der Vollendung des Wercks der Erloͤ-
ſung darſtellt/ kein Gefuͤhl der Verbindlichkeit/ ihn
uͤber alles zu lieben/ entſpringt; werden ſich durch
andere Vorſtellungen/ ſie moͤgen ſeyn/ von welcher
Gattung ſie wollen/ noch vielweniger gewinnen
laſſen. (Erlaͤut. quæſt. 68.)

LXXII.
Ob nicht alſo der Glaube an
Chriſtum oder die Empfindung
von der Kraft ſeines Mittler-Amts

auch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0224" n="172"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
was er zu thun &#x017F;chuldig? Und wo wird von den<lb/>
Un&#x017F;rigen gelehrt/ daß die Seligkeit durch den Glau-<lb/>
ben zurechnungs-wei&#x017F;e gegenwa&#x0364;rtig &#x017F;ey? Wir<lb/>
lehren/ daß wir durch den Glauben an Chri&#x017F;tum<lb/>
empfangen Vergebung der Su&#x0364;nden/ Frieden mit<lb/>
GOtt/ Ruhe des Gewi&#x017F;&#x017F;ens/ Hoffnung der zu-<lb/>
ku&#x0364;nftigen Herrlichkeit. Die&#x017F;e Gu&#x0364;ter &#x017F;ind nicht<lb/>
zurechnungs-wei&#x017F;e gegenwa&#x0364;rtig/ &#x017F;ondern &#x017F;ie werden<lb/>
wu&#x0364;rcklich empfunden und geno&#x017F;&#x017F;en. Welche Be-<lb/>
griffe geben oder nehmen wir al&#x017F;o der Seelen/ wel-<lb/>
che er giftige und Seelen-verderbliche Jrrthu&#x0364;mer<lb/>
nennen ko&#x0364;nne/ &#x017F;o die &#x017F;ichern Gemu&#x0364;hter von dem ei-<lb/>
nigen nohtwendigen und vorge&#x017F;teckten wahren<lb/>
Ziel der wahren Seligkeit unaufho&#x0364;rlich abkehren?<lb/>
Thut es der Begriff von der Gnade oder der Ge-<lb/>
rechtigkeit Gottes? Seelen/ in welchen durch die<lb/>
Begriffe von dem go&#x0364;ttlichen Vor&#x017F;atz/ die Men-<lb/>
&#x017F;chen &#x017F;elig zu machen/ wie un&#x017F;ere H. Religion die-<lb/>
&#x017F;elben in der Vollendung des Wercks der Erlo&#x0364;-<lb/>
&#x017F;ung dar&#x017F;tellt/ kein Gefu&#x0364;hl der Verbindlichkeit/ ihn<lb/>
u&#x0364;ber alles zu lieben/ ent&#x017F;pringt; werden &#x017F;ich durch<lb/>
andere Vor&#x017F;tellungen/ &#x017F;ie mo&#x0364;gen &#x017F;eyn/ von welcher<lb/>
Gattung &#x017F;ie wollen/ noch vielweniger gewinnen<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en. (Erla&#x0364;ut. <hi rendition="#aq">quæ&#x017F;t.</hi> 68.)</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq">LXXII.</hi><lb/> <hi rendition="#b">Ob nicht al&#x017F;o der Glaube an<lb/>
Chri&#x017F;tum oder die Empfindung<lb/>
von der Kraft &#x017F;eines Mittler-Amts</hi><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">auch</hi> </fw><lb/>
          </head>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[172/0224] was er zu thun ſchuldig? Und wo wird von den Unſrigen gelehrt/ daß die Seligkeit durch den Glau- ben zurechnungs-weiſe gegenwaͤrtig ſey? Wir lehren/ daß wir durch den Glauben an Chriſtum empfangen Vergebung der Suͤnden/ Frieden mit GOtt/ Ruhe des Gewiſſens/ Hoffnung der zu- kuͤnftigen Herrlichkeit. Dieſe Guͤter ſind nicht zurechnungs-weiſe gegenwaͤrtig/ ſondern ſie werden wuͤrcklich empfunden und genoſſen. Welche Be- griffe geben oder nehmen wir alſo der Seelen/ wel- che er giftige und Seelen-verderbliche Jrrthuͤmer nennen koͤnne/ ſo die ſichern Gemuͤhter von dem ei- nigen nohtwendigen und vorgeſteckten wahren Ziel der wahren Seligkeit unaufhoͤrlich abkehren? Thut es der Begriff von der Gnade oder der Ge- rechtigkeit Gottes? Seelen/ in welchen durch die Begriffe von dem goͤttlichen Vorſatz/ die Men- ſchen ſelig zu machen/ wie unſere H. Religion die- ſelben in der Vollendung des Wercks der Erloͤ- ſung darſtellt/ kein Gefuͤhl der Verbindlichkeit/ ihn uͤber alles zu lieben/ entſpringt; werden ſich durch andere Vorſtellungen/ ſie moͤgen ſeyn/ von welcher Gattung ſie wollen/ noch vielweniger gewinnen laſſen. (Erlaͤut. quæſt. 68.) LXXII. Ob nicht alſo der Glaube an Chriſtum oder die Empfindung von der Kraft ſeines Mittler-Amts auch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hanssen_grundfragen_1731
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hanssen_grundfragen_1731/224
Zitationshilfe: Hanssen, Petrus: Achtzig erläuterte Grund-Fragen. Lübeck u. a., 1731, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hanssen_grundfragen_1731/224>, abgerufen am 21.11.2024.