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Hanssen, Petrus: Achtzig erläuterte Grund-Fragen. Lübeck u. a., 1731.

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in der Seelen/ die sich inskünftige nicht mehr da-
mit wil beflecken/ ihre Wirckung von selbst ver-
liere. Es folget eben so/ als wenn man wolte be-
haupten/ daß darum/ weil einer anfängt/ ordent-
lich zu leben/ die vorige Unordnung nicht mehr wer-
de schaden/ ob er sich gleich Gicht und Schwindsucht
bereits auf den Halß gebracht. Jch hoffe/ es werde
derjenige/ so diesen Gedancken recht nachsinnet/ und
solche mit dem vorhergehenden zusammen hält/ die
Betrieglichkeit der Dippelschen Grundsätze bald
einsehen und beurtheilen.

XLI.
Ob ein anderer Fall möglich sey/
einen Begriff von der Gnade Got-
tes zu erlangen/ als daß er sich selbst
erkläre/ er wolle die begangene
Sünden als nicht geschehen ansehen/
die dadurch verwirckte Straffen
aufheben/ und die verlohrne Ruhe
der Seelen wieder herstellen?

Erläuterung.

Die Vernunft kan nichts wissen/ als was die
Erfahrung lehret und durch einen nohtwendigen
Zusammenhang der Dinge folgen und in einan-
der gegründet seyn muß. Auf solche Art erkennet
sie/ daß die Schmertzen des Geistes eine Folge der

Uber-
G 4



in der Seelen/ die ſich inskuͤnftige nicht mehr da-
mit wil beflecken/ ihre Wirckung von ſelbſt ver-
liere. Es folget eben ſo/ als wenn man wolte be-
haupten/ daß darum/ weil einer anfaͤngt/ ordent-
lich zu leben/ die vorige Unordnung nicht mehr wer-
de ſchaden/ ob er ſich gleich Gicht und Schwindſucht
bereits auf den Halß gebracht. Jch hoffe/ es werde
derjenige/ ſo dieſen Gedancken recht nachſinnet/ und
ſolche mit dem vorhergehenden zuſammen haͤlt/ die
Betrieglichkeit der Dippelſchen Grundſaͤtze bald
einſehen und beurtheilen.

XLI.
Ob ein anderer Fall moͤglich ſey/
einen Begriff von der Gnade Got-
tes zu erlangen/ als daß er ſich ſelbſt
erklaͤre/ er wolle die begangene
Suͤnden als nicht geſchehen anſehẽ/
die dadurch verwirckte Straffen
aufheben/ und die verlohrne Ruhe
der Seelen wieder herſtellen?

Erlaͤuterung.

Die Vernunft kan nichts wiſſen/ als was die
Erfahrung lehret und durch einen nohtwendigen
Zuſammenhang der Dinge folgen und in einan-
der gegruͤndet ſeyn muß. Auf ſolche Art erkennet
ſie/ daß die Schmertzen des Geiſtes eine Folge der

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G 4
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[103/0155] in der Seelen/ die ſich inskuͤnftige nicht mehr da- mit wil beflecken/ ihre Wirckung von ſelbſt ver- liere. Es folget eben ſo/ als wenn man wolte be- haupten/ daß darum/ weil einer anfaͤngt/ ordent- lich zu leben/ die vorige Unordnung nicht mehr wer- de ſchaden/ ob er ſich gleich Gicht und Schwindſucht bereits auf den Halß gebracht. Jch hoffe/ es werde derjenige/ ſo dieſen Gedancken recht nachſinnet/ und ſolche mit dem vorhergehenden zuſammen haͤlt/ die Betrieglichkeit der Dippelſchen Grundſaͤtze bald einſehen und beurtheilen. XLI. Ob ein anderer Fall moͤglich ſey/ einen Begriff von der Gnade Got- tes zu erlangen/ als daß er ſich ſelbſt erklaͤre/ er wolle die begangene Suͤnden als nicht geſchehen anſehẽ/ die dadurch verwirckte Straffen aufheben/ und die verlohrne Ruhe der Seelen wieder herſtellen? Erlaͤuterung. Die Vernunft kan nichts wiſſen/ als was die Erfahrung lehret und durch einen nohtwendigen Zuſammenhang der Dinge folgen und in einan- der gegruͤndet ſeyn muß. Auf ſolche Art erkennet ſie/ daß die Schmertzen des Geiſtes eine Folge der Uber- G 4

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Zitationshilfe: Hanssen, Petrus: Achtzig erläuterte Grund-Fragen. Lübeck u. a., 1731, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hanssen_grundfragen_1731/155>, abgerufen am 21.11.2024.