Endlich unterliegt das Herz, welches die Reihe am allernächsten traf, zu unterliegen, entweder früher oder später, der Last der Jahre. Blos dieser Termin seiner Ruhe ist ein ungewisser Augenblikk, und es wird weder unnüzze, noch unangenehm, über die Festsezzung dieses Termins, und über die Ursachen Betrachtungen anzu- stellen, warum derselbe bald diese, bald jene Grenze be- kommen, nach dem Thiere, Völkerschaften und Men- schen von einander verschieden sind.
Jn dem Reiche der Vegetabilien haben die Bäume die allerlängste Dauer. Und ob ich gleich denen Lobsprü- chen auf gewisse Bäume wenig zutraue, so ist es dennoch gewiß, und man ersiehet es auch aus den Holzringen, daß Fichtenbäume und Tannen zwei Jahrhunderte und darüber, und Eichenbäume noch länger dauren.
Man kann die lange Lebensdauer aus derjenigen Langsamkeit abnehmen, mit der sie ihr völliges Wachs- thum erreichen. Noch Niemand hat Eichenbäume ge- säet, und (a) sie erwachsen gesehen. Unter denen Wal- dungen, welche ich unter meiner Aufsicht habe, befinden sich welche, die man vor vierzig Jahren, oder vor funf- zig ausgehauen, und die seit der Zeit wieder gewachsen, indem dieses der glükkliche Vorzug der Alpenthäler und Hügel ist, daß Tannenbäume ungemein leicht wieder wachsen. Tannen, die funfzig Jahre alt sind, haben noch lange nicht ihre rechte Proportion, und ihr Durch- messer ist nicht über einen Fuß groß.
Der
(a)[Spaltenumbruch]
Wächset 150 Jahre, und bleibt gesund, nach dem dritten Seculo. aecon. Abhandl. T. VIII. [Spaltenumbruch]
p. 150. Bäume von 800 Jahren führet an VERULAMIES p. 36. 37.
H. Phisiol. 8. B. N n n
III. Abſ. Der Zuſtand des Menſchen.
§. 13. Das lange Leben. 1) Bei Thieren.
Endlich unterliegt das Herz, welches die Reihe am allernaͤchſten traf, zu unterliegen, entweder fruͤher oder ſpaͤter, der Laſt der Jahre. Blos dieſer Termin ſeiner Ruhe iſt ein ungewiſſer Augenblikk, und es wird weder unnuͤzze, noch unangenehm, uͤber die Feſtſezzung dieſes Termins, und uͤber die Urſachen Betrachtungen anzu- ſtellen, warum derſelbe bald dieſe, bald jene Grenze be- kommen, nach dem Thiere, Voͤlkerſchaften und Men- ſchen von einander verſchieden ſind.
Jn dem Reiche der Vegetabilien haben die Baͤume die allerlaͤngſte Dauer. Und ob ich gleich denen Lobſpruͤ- chen auf gewiſſe Baͤume wenig zutraue, ſo iſt es dennoch gewiß, und man erſiehet es auch aus den Holzringen, daß Fichtenbaͤume und Tannen zwei Jahrhunderte und daruͤber, und Eichenbaͤume noch laͤnger dauren.
Man kann die lange Lebensdauer aus derjenigen Langſamkeit abnehmen, mit der ſie ihr voͤlliges Wachs- thum erreichen. Noch Niemand hat Eichenbaͤume ge- ſaͤet, und (a) ſie erwachſen geſehen. Unter denen Wal- dungen, welche ich unter meiner Aufſicht habe, befinden ſich welche, die man vor vierzig Jahren, oder vor funf- zig ausgehauen, und die ſeit der Zeit wieder gewachſen, indem dieſes der gluͤkkliche Vorzug der Alpenthaͤler und Huͤgel iſt, daß Tannenbaͤume ungemein leicht wieder wachſen. Tannen, die funfzig Jahre alt ſind, haben noch lange nicht ihre rechte Proportion, und ihr Durch- meſſer iſt nicht uͤber einen Fuß groß.
Der
(a)[Spaltenumbruch]
Waͤchſet 150 Jahre, und bleibt geſund, nach dem dritten Seculo. aecon. Abhandl. T. VIII. [Spaltenumbruch]
p. 150. Baͤume von 800 Jahren fuͤhret an VERULAMIES p. 36. 37.
H. Phiſiol. 8. B. N n n
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[927[929]/0981]
III. Abſ. Der Zuſtand des Menſchen.
§. 13.
Das lange Leben.
1) Bei Thieren.
Endlich unterliegt das Herz, welches die Reihe am
allernaͤchſten traf, zu unterliegen, entweder fruͤher oder
ſpaͤter, der Laſt der Jahre. Blos dieſer Termin ſeiner
Ruhe iſt ein ungewiſſer Augenblikk, und es wird weder
unnuͤzze, noch unangenehm, uͤber die Feſtſezzung dieſes
Termins, und uͤber die Urſachen Betrachtungen anzu-
ſtellen, warum derſelbe bald dieſe, bald jene Grenze be-
kommen, nach dem Thiere, Voͤlkerſchaften und Men-
ſchen von einander verſchieden ſind.
Jn dem Reiche der Vegetabilien haben die Baͤume
die allerlaͤngſte Dauer. Und ob ich gleich denen Lobſpruͤ-
chen auf gewiſſe Baͤume wenig zutraue, ſo iſt es dennoch
gewiß, und man erſiehet es auch aus den Holzringen,
daß Fichtenbaͤume und Tannen zwei Jahrhunderte und
daruͤber, und Eichenbaͤume noch laͤnger dauren.
Man kann die lange Lebensdauer aus derjenigen
Langſamkeit abnehmen, mit der ſie ihr voͤlliges Wachs-
thum erreichen. Noch Niemand hat Eichenbaͤume ge-
ſaͤet, und (a) ſie erwachſen geſehen. Unter denen Wal-
dungen, welche ich unter meiner Aufſicht habe, befinden
ſich welche, die man vor vierzig Jahren, oder vor funf-
zig ausgehauen, und die ſeit der Zeit wieder gewachſen,
indem dieſes der gluͤkkliche Vorzug der Alpenthaͤler und
Huͤgel iſt, daß Tannenbaͤume ungemein leicht wieder
wachſen. Tannen, die funfzig Jahre alt ſind, haben
noch lange nicht ihre rechte Proportion, und ihr Durch-
meſſer iſt nicht uͤber einen Fuß groß.
Der
(a)
Waͤchſet 150 Jahre, und
bleibt geſund, nach dem dritten
Seculo. aecon. Abhandl. T. VIII.
p. 150. Baͤume von 800 Jahren
fuͤhret an VERULAMIES p. 36. 37.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 927[929]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/981>, abgerufen am 21.12.2024.
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