Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775.

Bild:
<< vorherige Seite
I. Abschn. Die Brüste.
§. 23.
Der Nuzzen der Milch.

Es ist dieses die natürlichste Art von Nahrung; die
Natur bestimmt sie, ein Thier zu ernähren, welches auf
die Welt gesezzt wird(a), und davon sind auch dessen
Eltern ernähret worden (b), weil die Milch in sehr we-
nigen Stükken von dem Chilus unterschieden ist (c).
Man muß auch nicht die erste Milch als verwerflich be-
trachten (d), indem sie weder dem Kinde noch der
Frucht anderer Thiere (e) schadet, ob sie gleich offenen
Leib macht (f), und diesen muß die Natur fliessend er-
halten, um das Gedärme von dem mitgebrachten Un-
rathe zu befreyen. Ungemein stark aber werden diejeni-
gen Kinder, welche lange von der Mutter gesäuget wer-
den. So genoß Ludwig der XIV. (g) dieselbe sechzehn
Monathe lang, und dieser Monarch erreichte ein hohes
Alter. So befand sich derjenige bei einer vollkommenen
Gesundheit, welcher drei Jahre lang die Muttermilch
genossen (h): Dergleichen Exempel sind mir mehrere be-
kannt.

Es ist aber auch der Mutter allezeit vortheilhafter (i)
ihre Frucht selbst zu säugen; denn auf solche Art beugt
man nicht nur dem gefährlichen Rükkflusse der Milch ins

Blut,
(a) [Spaltenumbruch] VANDENESSE ergo recens
nato lac. maternum. Paris 1741.
BARON. Elactare matri saluberri-
mum. Paris
1741.
(b) BAYLE diss. III.
(c) p. 24.
(d) Richtig mit dem BOERH.
PUZON. posth. p. 283. CRANZ.

Hebammenkunst p. 56.
(e) Sey Lämmern schädlich
BUFFON. T. V. p. 8. und den
Kälbern LISLE II. p. 144. oecon.
nachr. T. IV. p.
42 doch macht es
[Spaltenumbruch] den Lämmern nüzzlich LINNAEUS
for. p.
10.
(f) LISLE. die erste Kuhmilch
errege, wie ich glaube, beim Men-
schen, nicht bei Kälbern, ein Er-
brechen BIKKER.
(g) DIONIS. accouchem. p. 364.
(h) MATANI aneurypn. p. 136.
(i) Die Mutter ist nicht die
zeugende, sondern nur die näh-
rende Person der eben gezeugten
Frucht. Wer ernährt, erzeugt AE-
SCHYLUS in Eumenid.
H. Phisiol. 7. B. 2. Th. M m m
I. Abſchn. Die Bruͤſte.
§. 23.
Der Nuzzen der Milch.

Es iſt dieſes die natuͤrlichſte Art von Nahrung; die
Natur beſtimmt ſie, ein Thier zu ernaͤhren, welches auf
die Welt geſezzt wird(a), und davon ſind auch deſſen
Eltern ernaͤhret worden (b), weil die Milch in ſehr we-
nigen Stuͤkken von dem Chilus unterſchieden iſt (c).
Man muß auch nicht die erſte Milch als verwerflich be-
trachten (d), indem ſie weder dem Kinde noch der
Frucht anderer Thiere (e) ſchadet, ob ſie gleich offenen
Leib macht (f), und dieſen muß die Natur flieſſend er-
halten, um das Gedaͤrme von dem mitgebrachten Un-
rathe zu befreyen. Ungemein ſtark aber werden diejeni-
gen Kinder, welche lange von der Mutter geſaͤuget wer-
den. So genoß Ludwig der XIV. (g) dieſelbe ſechzehn
Monathe lang, und dieſer Monarch erreichte ein hohes
Alter. So befand ſich derjenige bei einer vollkommenen
Geſundheit, welcher drei Jahre lang die Muttermilch
genoſſen (h): Dergleichen Exempel ſind mir mehrere be-
kannt.

Es iſt aber auch der Mutter allezeit vortheilhafter (i)
ihre Frucht ſelbſt zu ſaͤugen; denn auf ſolche Art beugt
man nicht nur dem gefaͤhrlichen Ruͤkkfluſſe der Milch ins

Blut,
(a) [Spaltenumbruch] VANDENESSE ergo recens
nato lac. maternum. Paris 1741.
BARON. Elactare matri ſaluberri-
mum. Paris
1741.
(b) BAYLE diſſ. III.
(c) p. 24.
(d) Richtig mit dem BOERH.
PUZON. poſth. p. 283. CRANZ.

Hebammenkunſt p. 56.
(e) Sey Laͤmmern ſchaͤdlich
BUFFON. T. V. p. 8. und den
Kaͤlbern LISLE II. p. 144. oecon.
nachr. T. IV. p.
42 doch macht es
[Spaltenumbruch] den Laͤmmern nuͤzzlich LINNAEUS
for. p.
10.
(f) LISLE. die erſte Kuhmilch
errege, wie ich glaube, beim Men-
ſchen, nicht bei Kaͤlbern, ein Er-
brechen BIKKER.
(g) DIONIS. accouchem. p. 364.
(h) MATANI aneurypn. p. 136.
(i) Die Mutter iſt nicht die
zeugende, ſondern nur die naͤh-
rende Perſon der eben gezeugten
Frucht. Wer ernaͤhrt, erzeugt AE-
SCHYLUS in Eumenid.
H. Phiſiol. 7. B. 2. Th. M m m
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0949" n="913"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi> Ab&#x017F;chn. Die Bru&#x0364;&#x017F;te.</hi> </fw><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 23.<lb/><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Der Nuzzen der Milch.</hi></hi></head><lb/>
              <p>Es i&#x017F;t die&#x017F;es die natu&#x0364;rlich&#x017F;te Art von Nahrung; die<lb/>
Natur be&#x017F;timmt &#x017F;ie, ein Thier zu erna&#x0364;hren, welches auf<lb/>
die Welt ge&#x017F;ezzt wird<note place="foot" n="(a)"><cb/><hi rendition="#aq">VANDENESSE ergo recens<lb/>
nato lac. maternum. Paris 1741.<lb/>
BARON. Elactare matri &#x017F;aluberri-<lb/>
mum. Paris</hi> 1741.</note>, und davon &#x017F;ind auch de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Eltern erna&#x0364;hret worden <note place="foot" n="(b)"><hi rendition="#aq">BAYLE di&#x017F;&#x017F;. III.</hi></note>, weil die Milch in &#x017F;ehr we-<lb/>
nigen Stu&#x0364;kken von dem Chilus unter&#x017F;chieden i&#x017F;t <note place="foot" n="(c)"><hi rendition="#aq">p.</hi> 24.</note>.<lb/>
Man muß auch nicht die er&#x017F;te Milch als verwerflich be-<lb/>
trachten <note place="foot" n="(d)">Richtig mit dem <hi rendition="#aq">BOERH.<lb/>
PUZON. po&#x017F;th. p. 283. CRANZ.</hi><lb/>
Hebammenkun&#x017F;t <hi rendition="#aq">p.</hi> 56.</note>, indem &#x017F;ie weder dem Kinde noch der<lb/>
Frucht anderer Thiere <note place="foot" n="(e)">Sey La&#x0364;mmern &#x017F;cha&#x0364;dlich<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">BUFFON.</hi> T. V. p.</hi> 8. und den<lb/>
Ka&#x0364;lbern <hi rendition="#aq">LISLE II. p. 144. oecon.<lb/>
nachr. T. IV. p.</hi> 42 doch macht es<lb/><cb/>
den La&#x0364;mmern nu&#x0364;zzlich <hi rendition="#aq">LINNAEUS<lb/>
for. p.</hi> 10.</note> &#x017F;chadet, ob &#x017F;ie gleich offenen<lb/>
Leib macht <note place="foot" n="(f)"><hi rendition="#aq">LISLE.</hi> die er&#x017F;te Kuhmilch<lb/>
errege, wie ich glaube, beim Men-<lb/>
&#x017F;chen, nicht bei Ka&#x0364;lbern, ein Er-<lb/>
brechen <hi rendition="#aq">BIKKER.</hi></note>, und die&#x017F;en muß die Natur flie&#x017F;&#x017F;end er-<lb/>
halten, um das Geda&#x0364;rme von dem mitgebrachten Un-<lb/>
rathe zu befreyen. Ungemein &#x017F;tark aber werden diejeni-<lb/>
gen Kinder, welche lange von der Mutter ge&#x017F;a&#x0364;uget wer-<lb/>
den. So genoß Ludwig der <hi rendition="#aq">XIV.</hi> <note place="foot" n="(g)"><hi rendition="#aq">DIONIS. accouchem. p.</hi> 364.</note> die&#x017F;elbe &#x017F;echzehn<lb/>
Monathe lang, und die&#x017F;er Monarch erreichte ein hohes<lb/>
Alter. So befand &#x017F;ich derjenige bei einer vollkommenen<lb/>
Ge&#x017F;undheit, welcher drei Jahre lang die Muttermilch<lb/>
geno&#x017F;&#x017F;en <note place="foot" n="(h)"><hi rendition="#aq">MATANI aneurypn. p.</hi> 136.</note>: Dergleichen Exempel &#x017F;ind mir mehrere be-<lb/>
kannt.</p><lb/>
              <p>Es i&#x017F;t aber auch der Mutter allezeit vortheilhafter <note place="foot" n="(i)">Die Mutter i&#x017F;t nicht die<lb/>
zeugende, &#x017F;ondern nur die na&#x0364;h-<lb/>
rende Per&#x017F;on der eben gezeugten<lb/>
Frucht. Wer erna&#x0364;hrt, erzeugt <hi rendition="#aq">AE-<lb/>
SCHYLUS in Eumenid.</hi></note><lb/>
ihre Frucht &#x017F;elb&#x017F;t zu &#x017F;a&#x0364;ugen; denn auf &#x017F;olche Art beugt<lb/>
man nicht nur dem gefa&#x0364;hrlichen Ru&#x0364;kkflu&#x017F;&#x017F;e der Milch ins<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Blut,</fw><lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">H. Phi&#x017F;iol. 7. B. 2. Th.</hi> M m m</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[913/0949] I. Abſchn. Die Bruͤſte. §. 23. Der Nuzzen der Milch. Es iſt dieſes die natuͤrlichſte Art von Nahrung; die Natur beſtimmt ſie, ein Thier zu ernaͤhren, welches auf die Welt geſezzt wird (a), und davon ſind auch deſſen Eltern ernaͤhret worden (b), weil die Milch in ſehr we- nigen Stuͤkken von dem Chilus unterſchieden iſt (c). Man muß auch nicht die erſte Milch als verwerflich be- trachten (d), indem ſie weder dem Kinde noch der Frucht anderer Thiere (e) ſchadet, ob ſie gleich offenen Leib macht (f), und dieſen muß die Natur flieſſend er- halten, um das Gedaͤrme von dem mitgebrachten Un- rathe zu befreyen. Ungemein ſtark aber werden diejeni- gen Kinder, welche lange von der Mutter geſaͤuget wer- den. So genoß Ludwig der XIV. (g) dieſelbe ſechzehn Monathe lang, und dieſer Monarch erreichte ein hohes Alter. So befand ſich derjenige bei einer vollkommenen Geſundheit, welcher drei Jahre lang die Muttermilch genoſſen (h): Dergleichen Exempel ſind mir mehrere be- kannt. Es iſt aber auch der Mutter allezeit vortheilhafter (i) ihre Frucht ſelbſt zu ſaͤugen; denn auf ſolche Art beugt man nicht nur dem gefaͤhrlichen Ruͤkkfluſſe der Milch ins Blut, (a) VANDENESSE ergo recens nato lac. maternum. Paris 1741. BARON. Elactare matri ſaluberri- mum. Paris 1741. (b) BAYLE diſſ. III. (c) p. 24. (d) Richtig mit dem BOERH. PUZON. poſth. p. 283. CRANZ. Hebammenkunſt p. 56. (e) Sey Laͤmmern ſchaͤdlich BUFFON. T. V. p. 8. und den Kaͤlbern LISLE II. p. 144. oecon. nachr. T. IV. p. 42 doch macht es den Laͤmmern nuͤzzlich LINNAEUS for. p. 10. (f) LISLE. die erſte Kuhmilch errege, wie ich glaube, beim Men- ſchen, nicht bei Kaͤlbern, ein Er- brechen BIKKER. (g) DIONIS. accouchem. p. 364. (h) MATANI aneurypn. p. 136. (i) Die Mutter iſt nicht die zeugende, ſondern nur die naͤh- rende Perſon der eben gezeugten Frucht. Wer ernaͤhrt, erzeugt AE- SCHYLUS in Eumenid. H. Phiſiol. 7. B. 2. Th. M m m

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/949
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775, S. 913. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/949>, abgerufen am 30.12.2024.