Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775.

Bild:
<< vorherige Seite

III. Abschn. Beweg. des Saamens.
Blute ab. Ein gesunder und keuscher Mensch aber läßt
keinen Saamen von sich; und dennoch können sich die
Saamengefässe, oder Saamenbehälter, nicht ins Un-
endliche ausdehnen. Folglich muß der Saame resorbirt
werden. Man mag denselben so langsam, als man im-
mer will, entstehen lassen, oder ein Quentchen in sieben
Tagen werden lassen, so würde man doch auf ein Jahr
zwei und funfzig Quentchen, und im folgenden Jahre
hundert und vier bekommen, und diese würde unsre Or-
ganen nicht fassen können.

Nun giebt es unzähliche Sterbliche, welche sich lange
Zeit des Beischlafs enthalten; entweder weil sie den Ge-
sezzen der Tugend getreu sind; oder weil sie wider ihren
Willen in Gefängnissen, Zuchthäufern, oder auf der
Galeere leben müssen: und man weiß sonderlich von
männlichen Thieren mit der größten Zuverläßigkeit, daß
sie keinen Saamen von sich lassen; dergleichen sind die
kostbaren Reitpferde, die vor aller Begattung sorgfältig
bewahret werden, die fremden Thiere, welche in ihren
Behältern keine Weibchen ihrer Art habhaft werden
können.

§. 3.
Die Folgen dieser Wiedereinsaugung.

Man kann diese Folgen an Thieren, welche sich sel-
ten begatten, mit desto mehr Genauigkeit betrachten.

Wenn sich also männliche Thiere der weiblichen lange
enthalten, und sich nunmehr dazu anschikken, so wird
ihr ganzes Fleisch(a) von einem besondern Gestanke
durchdrungen, sie werden für die Küche untauglich, und
ihr Athem wird von andern Thieren derselben Art, mit

Gefahr
(a) [Spaltenumbruch] Der Hirsch BUEFON. VI.
p.
81. Dammhirsch RUSSEL. aecon.
of natur. pag.
93. wilde Schwein
HUMAULD. rage pag. 289. 290.
[Spaltenumbruch] Rennthier SCHAEFFER. Lapon. p.
328. und überhaupt WITHOF. de
castrat. p. 47. BOREL. II. Petrop.

171.

III. Abſchn. Beweg. des Saamens.
Blute ab. Ein geſunder und keuſcher Menſch aber laͤßt
keinen Saamen von ſich; und dennoch koͤnnen ſich die
Saamengefaͤſſe, oder Saamenbehaͤlter, nicht ins Un-
endliche ausdehnen. Folglich muß der Saame reſorbirt
werden. Man mag denſelben ſo langſam, als man im-
mer will, entſtehen laſſen, oder ein Quentchen in ſieben
Tagen werden laſſen, ſo wuͤrde man doch auf ein Jahr
zwei und funfzig Quentchen, und im folgenden Jahre
hundert und vier bekommen, und dieſe wuͤrde unſre Or-
ganen nicht faſſen koͤnnen.

Nun giebt es unzaͤhliche Sterbliche, welche ſich lange
Zeit des Beiſchlafs enthalten; entweder weil ſie den Ge-
ſezzen der Tugend getreu ſind; oder weil ſie wider ihren
Willen in Gefaͤngniſſen, Zuchthaͤufern, oder auf der
Galeere leben muͤſſen: und man weiß ſonderlich von
maͤnnlichen Thieren mit der groͤßten Zuverlaͤßigkeit, daß
ſie keinen Saamen von ſich laſſen; dergleichen ſind die
koſtbaren Reitpferde, die vor aller Begattung ſorgfaͤltig
bewahret werden, die fremden Thiere, welche in ihren
Behaͤltern keine Weibchen ihrer Art habhaft werden
koͤnnen.

§. 3.
Die Folgen dieſer Wiedereinſaugung.

Man kann dieſe Folgen an Thieren, welche ſich ſel-
ten begatten, mit deſto mehr Genauigkeit betrachten.

Wenn ſich alſo maͤnnliche Thiere der weiblichen lange
enthalten, und ſich nunmehr dazu anſchikken, ſo wird
ihr ganzes Fleiſch(a) von einem beſondern Geſtanke
durchdrungen, ſie werden fuͤr die Kuͤche untauglich, und
ihr Athem wird von andern Thieren derſelben Art, mit

Gefahr
(a) [Spaltenumbruch] Der Hirſch BUEFON. VI.
p.
81. Dammhirſch RUSSEL. æcon.
of natur. pag.
93. wilde Schwein
HUMAULD. rage pag. 289. 290.
[Spaltenumbruch] Rennthier SCHAEFFER. Lapon. p.
328. und uͤberhaupt WITHOF. de
caſtrat. p. 47. BOREL. II. Petrop.

171.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0833" n="797"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">III.</hi> Ab&#x017F;chn. Beweg. des Saamens.</hi></fw><lb/>
Blute ab. Ein ge&#x017F;under und keu&#x017F;cher Men&#x017F;ch aber la&#x0364;ßt<lb/>
keinen Saamen von &#x017F;ich; und dennoch ko&#x0364;nnen &#x017F;ich die<lb/>
Saamengefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, oder Saamenbeha&#x0364;lter, nicht ins Un-<lb/>
endliche ausdehnen. Folglich muß der Saame re&#x017F;orbirt<lb/>
werden. Man mag den&#x017F;elben &#x017F;o lang&#x017F;am, als man im-<lb/>
mer will, ent&#x017F;tehen la&#x017F;&#x017F;en, oder ein Quentchen in &#x017F;ieben<lb/>
Tagen werden la&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;o wu&#x0364;rde man doch auf ein Jahr<lb/>
zwei und funfzig Quentchen, und im folgenden Jahre<lb/>
hundert und vier bekommen, und die&#x017F;e wu&#x0364;rde un&#x017F;re Or-<lb/>
ganen nicht fa&#x017F;&#x017F;en ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
              <p>Nun giebt es unza&#x0364;hliche Sterbliche, welche &#x017F;ich lange<lb/>
Zeit des Bei&#x017F;chlafs enthalten; entweder weil &#x017F;ie den Ge-<lb/>
&#x017F;ezzen der Tugend getreu &#x017F;ind; oder weil &#x017F;ie wider ihren<lb/>
Willen in Gefa&#x0364;ngni&#x017F;&#x017F;en, Zuchtha&#x0364;ufern, oder auf der<lb/>
Galeere leben mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en: und man weiß &#x017F;onderlich von<lb/>
ma&#x0364;nnlichen Thieren mit der gro&#x0364;ßten Zuverla&#x0364;ßigkeit, daß<lb/>
&#x017F;ie keinen Saamen von &#x017F;ich la&#x017F;&#x017F;en; dergleichen &#x017F;ind die<lb/>
ko&#x017F;tbaren Reitpferde, die vor aller Begattung &#x017F;orgfa&#x0364;ltig<lb/>
bewahret werden, die fremden Thiere, welche in ihren<lb/>
Beha&#x0364;ltern keine Weibchen ihrer Art habhaft werden<lb/>
ko&#x0364;nnen.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 3.<lb/><hi rendition="#b">Die Folgen die&#x017F;er Wiederein&#x017F;augung.</hi></head><lb/>
              <p>Man kann die&#x017F;e Folgen an Thieren, welche &#x017F;ich &#x017F;el-<lb/>
ten begatten, mit de&#x017F;to mehr Genauigkeit betrachten.</p><lb/>
              <p>Wenn &#x017F;ich al&#x017F;o ma&#x0364;nnliche Thiere der weiblichen lange<lb/>
enthalten, und &#x017F;ich nunmehr dazu an&#x017F;chikken, &#x017F;o wird<lb/>
ihr ganzes Flei&#x017F;ch<note place="foot" n="(a)"><cb/>
Der Hir&#x017F;ch <hi rendition="#aq">BUEFON. VI.<lb/>
p.</hi> 81. Dammhir&#x017F;ch <hi rendition="#aq">RUSSEL. æcon.<lb/>
of natur. pag.</hi> 93. wilde Schwein<lb/><hi rendition="#aq">HUMAULD. rage pag.</hi> 289. 290.<lb/><cb/>
Rennthier <hi rendition="#aq">SCHAEFFER. Lapon. p.</hi><lb/>
328. und u&#x0364;berhaupt <hi rendition="#aq">WITHOF. de<lb/>
ca&#x017F;trat. p. 47. BOREL. II. Petrop.</hi><lb/>
171.</note> von einem be&#x017F;ondern Ge&#x017F;tanke<lb/>
durchdrungen, &#x017F;ie werden fu&#x0364;r die Ku&#x0364;che untauglich, und<lb/>
ihr Athem wird von andern Thieren der&#x017F;elben Art, mit<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Gefahr</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[797/0833] III. Abſchn. Beweg. des Saamens. Blute ab. Ein geſunder und keuſcher Menſch aber laͤßt keinen Saamen von ſich; und dennoch koͤnnen ſich die Saamengefaͤſſe, oder Saamenbehaͤlter, nicht ins Un- endliche ausdehnen. Folglich muß der Saame reſorbirt werden. Man mag denſelben ſo langſam, als man im- mer will, entſtehen laſſen, oder ein Quentchen in ſieben Tagen werden laſſen, ſo wuͤrde man doch auf ein Jahr zwei und funfzig Quentchen, und im folgenden Jahre hundert und vier bekommen, und dieſe wuͤrde unſre Or- ganen nicht faſſen koͤnnen. Nun giebt es unzaͤhliche Sterbliche, welche ſich lange Zeit des Beiſchlafs enthalten; entweder weil ſie den Ge- ſezzen der Tugend getreu ſind; oder weil ſie wider ihren Willen in Gefaͤngniſſen, Zuchthaͤufern, oder auf der Galeere leben muͤſſen: und man weiß ſonderlich von maͤnnlichen Thieren mit der groͤßten Zuverlaͤßigkeit, daß ſie keinen Saamen von ſich laſſen; dergleichen ſind die koſtbaren Reitpferde, die vor aller Begattung ſorgfaͤltig bewahret werden, die fremden Thiere, welche in ihren Behaͤltern keine Weibchen ihrer Art habhaft werden koͤnnen. §. 3. Die Folgen dieſer Wiedereinſaugung. Man kann dieſe Folgen an Thieren, welche ſich ſel- ten begatten, mit deſto mehr Genauigkeit betrachten. Wenn ſich alſo maͤnnliche Thiere der weiblichen lange enthalten, und ſich nunmehr dazu anſchikken, ſo wird ihr ganzes Fleiſch (a) von einem beſondern Geſtanke durchdrungen, ſie werden fuͤr die Kuͤche untauglich, und ihr Athem wird von andern Thieren derſelben Art, mit Gefahr (a) Der Hirſch BUEFON. VI. p. 81. Dammhirſch RUSSEL. æcon. of natur. pag. 93. wilde Schwein HUMAULD. rage pag. 289. 290. Rennthier SCHAEFFER. Lapon. p. 328. und uͤberhaupt WITHOF. de caſtrat. p. 47. BOREL. II. Petrop. 171.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/833
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775, S. 797. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/833>, abgerufen am 21.11.2024.