§. 22. Der zurükkführende Saamengang (ductus deferens).
Man versteht am Menschen, und an den vierfüßi- gen Thieren, unter diesem Namen, den von der Ober- hode bis zur Harnröhre fortgesezzten Saamengang. Jn den Vögeln und vierfüßigen Thieren, von kaltem Blute, bekömmt er von der Hode selbst den Saamen her.
Beim Aristoteles(a), und dem Verfasser (b) der isagoge, wie auch beim Herophilus und Galen, geschieht ferner Erwähnung.
Er ist bei dem Menschen und den meisten Thieren stark, er besteht aus einem besondern Fleische, und die- ses fängt auch an den Gefässen der Hode, und der Ober- hode an, von der Natur der übrigen Gänge abzugehen. Es gehet nämlich eine kleine Borste (c) in den Hoden- gang hinein, ob der ganze Gang gleich gegen eine Linie breit ist. Und davon rührt es her, daß einige der Al- ten bei den Frauenspersonen Saamengänge behaupten, welche dem Gesichte nach nicht hohl seyn sollten(d).
Die Materie, woraus der zurükkführende Saamen- gang besteht, hat etwas dichtes an sich, sie ist eine Art von zähem Fadengewebe, und es ist seine äusere Mem- bran ungemein feste (e): es sinket auch dieses Röhrchen nicht zusammen (e*). Ob er Muskelfasern enthalte, daran zweifele ich noch, und ich habe wenigstens keine mit Augen gesehen. Anton van Leeuwenhök zeichnet
sie
(a)[Spaltenumbruch]
Dikke pori vom capite test. zu der Schaam hist. anim. L. III. c. 1. Parastata POLLUCI p. 239.
(b)c. 26.
(c)WINSLOW. n. 511. LEEU- WENHOECK. Epist. Physiol. XLI. f. 2. p. 390.
(d)[Spaltenumbruch]VESAL. p. 648. GELEE p. 318.
(e) Knorplig im Menschen MORGAGN. Caus. et fet. morb. II. p. 210.
(e*)WINSLOW. p. 511.
T t 2
I. Abſchn. und deren Saamen.
§. 22. Der zuruͤkkfuͤhrende Saamengang (ductus deferens).
Man verſteht am Menſchen, und an den vierfuͤßi- gen Thieren, unter dieſem Namen, den von der Ober- hode bis zur Harnroͤhre fortgeſezzten Saamengang. Jn den Voͤgeln und vierfuͤßigen Thieren, von kaltem Blute, bekoͤmmt er von der Hode ſelbſt den Saamen her.
Beim Ariſtoteles(a), und dem Verfaſſer (b) der iſagoge, wie auch beim Herophilus und Galen, geſchieht ferner Erwaͤhnung.
Er iſt bei dem Menſchen und den meiſten Thieren ſtark, er beſteht aus einem beſondern Fleiſche, und die- ſes faͤngt auch an den Gefaͤſſen der Hode, und der Ober- hode an, von der Natur der uͤbrigen Gaͤnge abzugehen. Es gehet naͤmlich eine kleine Borſte (c) in den Hoden- gang hinein, ob der ganze Gang gleich gegen eine Linie breit iſt. Und davon ruͤhrt es her, daß einige der Al- ten bei den Frauensperſonen Saamengaͤnge behaupten, welche dem Geſichte nach nicht hohl ſeyn ſollten(d).
Die Materie, woraus der zuruͤkkfuͤhrende Saamen- gang beſteht, hat etwas dichtes an ſich, ſie iſt eine Art von zaͤhem Fadengewebe, und es iſt ſeine aͤuſere Mem- bran ungemein feſte (e): es ſinket auch dieſes Roͤhrchen nicht zuſammen (e*). Ob er Muſkelfaſern enthalte, daran zweifele ich noch, und ich habe wenigſtens keine mit Augen geſehen. Anton van Leeuwenhoͤk zeichnet
ſie
(a)[Spaltenumbruch]
Dikke pori vom capite teſt. zu der Schaam hiſt. anim. L. III. c. 1. Paraſtata POLLUCI p. 239.
(b)c. 26.
(c)WINSLOW. n. 511. LEEU- WENHOECK. Epiſt. Phyſiol. XLI. f. 2. p. 390.
(d)[Spaltenumbruch]VESAL. p. 648. GELEE p. 318.
(e) Knorplig im Menſchen MORGAGN. Cauſ. et fet. morb. II. p. 210.
(e*)WINSLOW. p. 511.
T t 2
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I. Abſchn. und deren Saamen.
§. 22.
Der zuruͤkkfuͤhrende Saamengang (ductus
deferens).
Man verſteht am Menſchen, und an den vierfuͤßi-
gen Thieren, unter dieſem Namen, den von der Ober-
hode bis zur Harnroͤhre fortgeſezzten Saamengang. Jn
den Voͤgeln und vierfuͤßigen Thieren, von kaltem Blute,
bekoͤmmt er von der Hode ſelbſt den Saamen her.
Beim Ariſtoteles (a), und dem Verfaſſer (b)
der iſagoge, wie auch beim Herophilus und Galen,
geſchieht ferner Erwaͤhnung.
Er iſt bei dem Menſchen und den meiſten Thieren
ſtark, er beſteht aus einem beſondern Fleiſche, und die-
ſes faͤngt auch an den Gefaͤſſen der Hode, und der Ober-
hode an, von der Natur der uͤbrigen Gaͤnge abzugehen.
Es gehet naͤmlich eine kleine Borſte (c) in den Hoden-
gang hinein, ob der ganze Gang gleich gegen eine Linie
breit iſt. Und davon ruͤhrt es her, daß einige der Al-
ten bei den Frauensperſonen Saamengaͤnge behaupten,
welche dem Geſichte nach nicht hohl ſeyn ſollten (d).
Die Materie, woraus der zuruͤkkfuͤhrende Saamen-
gang beſteht, hat etwas dichtes an ſich, ſie iſt eine Art
von zaͤhem Fadengewebe, und es iſt ſeine aͤuſere Mem-
bran ungemein feſte (e): es ſinket auch dieſes Roͤhrchen
nicht zuſammen (e*). Ob er Muſkelfaſern enthalte,
daran zweifele ich noch, und ich habe wenigſtens keine
mit Augen geſehen. Anton van Leeuwenhoͤk zeichnet
ſie
(a)
Dikke pori vom capite teſt.
zu der Schaam hiſt. anim. L. III.
c. 1. Paraſtata POLLUCI p. 239.
(b) c. 26.
(c) WINSLOW. n. 511. LEEU-
WENHOECK. Epiſt. Phyſiol. XLI.
f. 2. p. 390.
(d)
VESAL. p. 648. GELEE
p. 318.
(e) Knorplig im Menſchen
MORGAGN. Cauſ. et fet. morb.
II. p. 210.
(e*) WINSLOW. p. 511.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775, S. 659. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/695>, abgerufen am 21.11.2024.
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