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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

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Der Geruch. XIV. Buch.
Waldweizen (melampyrum) und beinahe der ganzen
Klasse der didynamiae diangiae in der Kräutereinthei-
lung.

Heftiger ist das Gift in der Afrikanischen Sammet-
blume (tagetes) in den Liebesäpfeln (lycopersicum) in den
Sennesblättern, in der stinkenden cassia, in der roten
aufgeworfenen Lilie, in der Kiebizblume (fritillaria) und
der Kaiserkrone. Auch dieser Geruch deutet eine giftige
Natur an.

Einen unangenemen Pökelgeruch (muria) haben die
Schwämme, viele frische Meerfische, und ihm ist die
Heeringslake verwandt; dergleichen dünstet auch das Kraut
Gänsefuß aus (chenopodium foetidum).

Narkotisch ist der Geruch der Hundezunge (cyno-
glossum
) des lithospermi in den Apotheken, der Alraun-
wurzel (mandragora) und noch beschwerlicher ist er im
Bilsenkraute und Tabake.

Der Opiumsgeruch kömmt im Opio und stachlichen
Laktuk vor.

Harzig ist er im Harze, in der in sandige Steine
eingedrungnen Naphta, wovon die fabelhafte Felsen um
Chavornay voll sind. An einigen Arten der passiflora,
des Klees, der Wallwurz (solidago) des Hauhechts
(anonis) bemerkt man etwas änliches, so wie am Biber-
geil. Es misfällt uns auch der modrige Geruch des fuci,
des Meergrases (alga) der Sumpfgewächse, des Meerkal-
bes (phoca).

Scharf ist er an der Raute, den Schwämmen, des
schleimigen Erdmoosses (mucor) an frischen Leichen, an
mancher Menschen Athem, und im giftigen Geruche der
Berggruben.

§. 8.
Die Ursachen dieser Gerüche.

Wir verstehen von dieser Ursache sehr wenig, und es
hat sich Niemand gefunden, welcher dem fleißigen Robert

Boyle

Der Geruch. XIV. Buch.
Waldweizen (melampyrum) und beinahe der ganzen
Klaſſe der didynamiae diangiae in der Kraͤutereinthei-
lung.

Heftiger iſt das Gift in der Afrikaniſchen Sammet-
blume (tagetes) in den Liebesaͤpfeln (lycoperſicum) in den
Sennesblaͤttern, in der ſtinkenden caſſia, in der roten
aufgeworfenen Lilie, in der Kiebizblume (fritillaria) und
der Kaiſerkrone. Auch dieſer Geruch deutet eine giftige
Natur an.

Einen unangenemen Poͤkelgeruch (muria) haben die
Schwaͤmme, viele friſche Meerfiſche, und ihm iſt die
Heeringslake verwandt; dergleichen duͤnſtet auch das Kraut
Gaͤnſefuß aus (chenopodium fœtidum).

Narkotiſch iſt der Geruch der Hundezunge (cyno-
gloſſum
) des lithoſpermi in den Apotheken, der Alraun-
wurzel (mandragora) und noch beſchwerlicher iſt er im
Bilſenkraute und Tabake.

Der Opiumsgeruch koͤmmt im Opio und ſtachlichen
Laktuk vor.

Harzig iſt er im Harze, in der in ſandige Steine
eingedrungnen Naphta, wovon die fabelhafte Felſen um
Chavornay voll ſind. An einigen Arten der paſſiflora,
des Klees, der Wallwurz (ſolidago) des Hauhechts
(anonis) bemerkt man etwas aͤnliches, ſo wie am Biber-
geil. Es misfaͤllt uns auch der modrige Geruch des fuci,
des Meergraſes (alga) der Sumpfgewaͤchſe, des Meerkal-
bes (phoca).

Scharf iſt er an der Raute, den Schwaͤmmen, des
ſchleimigen Erdmooſſes (mucor) an friſchen Leichen, an
mancher Menſchen Athem, und im giftigen Geruche der
Berggruben.

§. 8.
Die Urſachen dieſer Geruͤche.

Wir verſtehen von dieſer Urſache ſehr wenig, und es
hat ſich Niemand gefunden, welcher dem fleißigen Robert

Boyle
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[494/0512] Der Geruch. XIV. Buch. Waldweizen (melampyrum) und beinahe der ganzen Klaſſe der didynamiae diangiae in der Kraͤutereinthei- lung. Heftiger iſt das Gift in der Afrikaniſchen Sammet- blume (tagetes) in den Liebesaͤpfeln (lycoperſicum) in den Sennesblaͤttern, in der ſtinkenden caſſia, in der roten aufgeworfenen Lilie, in der Kiebizblume (fritillaria) und der Kaiſerkrone. Auch dieſer Geruch deutet eine giftige Natur an. Einen unangenemen Poͤkelgeruch (muria) haben die Schwaͤmme, viele friſche Meerfiſche, und ihm iſt die Heeringslake verwandt; dergleichen duͤnſtet auch das Kraut Gaͤnſefuß aus (chenopodium fœtidum). Narkotiſch iſt der Geruch der Hundezunge (cyno- gloſſum) des lithoſpermi in den Apotheken, der Alraun- wurzel (mandragora) und noch beſchwerlicher iſt er im Bilſenkraute und Tabake. Der Opiumsgeruch koͤmmt im Opio und ſtachlichen Laktuk vor. Harzig iſt er im Harze, in der in ſandige Steine eingedrungnen Naphta, wovon die fabelhafte Felſen um Chavornay voll ſind. An einigen Arten der paſſiflora, des Klees, der Wallwurz (ſolidago) des Hauhechts (anonis) bemerkt man etwas aͤnliches, ſo wie am Biber- geil. Es misfaͤllt uns auch der modrige Geruch des fuci, des Meergraſes (alga) der Sumpfgewaͤchſe, des Meerkal- bes (phoca). Scharf iſt er an der Raute, den Schwaͤmmen, des ſchleimigen Erdmooſſes (mucor) an friſchen Leichen, an mancher Menſchen Athem, und im giftigen Geruche der Berggruben. §. 8. Die Urſachen dieſer Geruͤche. Wir verſtehen von dieſer Urſache ſehr wenig, und es hat ſich Niemand gefunden, welcher dem fleißigen Robert Boyle

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 494. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/512>, abgerufen am 20.11.2024.