Vierter Abschnitt. Der Nuzzen von der Bewegung der Muskeln.
§. 1. Das Fortschreiten.
Es ist der erste Nuzzen, den die Muskeln verschaffen, die- ser, daß sie, nach dem Willen der Seele, entweder den ganzen Leib, oder doch einige Theile desselben, von einem Orte zum andern versezzen. Es bewegen diejenigen Thiere, welche gleichsam mit einer unbeweglichen Wurzel in dem Jnwendigen einer Meerpflanze stekken, und in so fern unbeweglich sind, dennoch ihre Hörner (f), und Werkzeuge, womit sie ihre Nahrung suchen, sehr geschwin- de, und es gibt kein so träges Pflanzenthier, das sich nicht beim Berühren zusammenzöge, und sich wieder ausdehnen, und schmäler machen könnte (g). Folglich ist die willkürliche Bewegung überhaupt das Merkmal eines thierischen Lebens, wodurch es sich von dem Pflanzenleben unterscheiden lässet. Daher hält man die Saamenthiergen für wirkliche Thiere, weil sie dergleichen Bewegung zu haben scheinen, und weder eine gewisse Richtung halten, noch untüchtig sind, sich in Acht zu nehmen, noch auf die vorstehende Gegen- stände anstossen. Da nun Pflanzen nichts willkürliches an sich haben, so haben sie auch keine Muskeln.
Wir können uns nicht in alle thierische Bewegungen hier einlassen. Die Phisiologie hat blos einige, als das Käuen, Hinabschlukken, Reden, Atemholen, Auswerfen des Saamens, Ausleeren des Kotes, und die Bewegung
der
(f)[Spaltenumbruch]
Siehe an den meresten Orten pulcherr. ELLISIANAM Coralli- narum historiam. TREMBLEY pag. 27.
(g)[Spaltenumbruch]Conf. DONATI historiae maris adriatici prodromum.
Vierter Abſchnitt. Der Nuzzen von der Bewegung der Muſkeln.
§. 1. Das Fortſchreiten.
Es iſt der erſte Nuzzen, den die Muſkeln verſchaffen, die- ſer, daß ſie, nach dem Willen der Seele, entweder den ganzen Leib, oder doch einige Theile deſſelben, von einem Orte zum andern verſezzen. Es bewegen diejenigen Thiere, welche gleichſam mit einer unbeweglichen Wurzel in dem Jnwendigen einer Meerpflanze ſtekken, und in ſo fern unbeweglich ſind, dennoch ihre Hoͤrner (f), und Werkzeuge, womit ſie ihre Nahrung ſuchen, ſehr geſchwin- de, und es gibt kein ſo traͤges Pflanzenthier, das ſich nicht beim Beruͤhren zuſammenzoͤge, und ſich wieder ausdehnen, und ſchmaͤler machen koͤnnte (g). Folglich iſt die willkuͤrliche Bewegung uͤberhaupt das Merkmal eines thieriſchen Lebens, wodurch es ſich von dem Pflanzenleben unterſcheiden laͤſſet. Daher haͤlt man die Saamenthiergen fuͤr wirkliche Thiere, weil ſie dergleichen Bewegung zu haben ſcheinen, und weder eine gewiſſe Richtung halten, noch untuͤchtig ſind, ſich in Acht zu nehmen, noch auf die vorſtehende Gegen- ſtaͤnde anſtoſſen. Da nun Pflanzen nichts willkuͤrliches an ſich haben, ſo haben ſie auch keine Muſkeln.
Wir koͤnnen uns nicht in alle thieriſche Bewegungen hier einlaſſen. Die Phiſiologie hat blos einige, als das Kaͤuen, Hinabſchlukken, Reden, Atemholen, Auswerfen des Saamens, Ausleeren des Kotes, und die Bewegung
der
(f)[Spaltenumbruch]
Siehe an den mereſten Orten pulcherr. ELLISIANAM Coralli- narum hiſtoriam. TREMBLEY pag. 27.
(g)[Spaltenumbruch]Conf. DONATI hiſtoriæ maris adriatici prodromum.
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Vierter Abſchnitt.
Der Nuzzen von der Bewegung
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§. 1.
Das Fortſchreiten.
Es iſt der erſte Nuzzen, den die Muſkeln verſchaffen, die-
ſer, daß ſie, nach dem Willen der Seele, entweder
den ganzen Leib, oder doch einige Theile deſſelben, von
einem Orte zum andern verſezzen. Es bewegen diejenigen
Thiere, welche gleichſam mit einer unbeweglichen Wurzel
in dem Jnwendigen einer Meerpflanze ſtekken, und in ſo
fern unbeweglich ſind, dennoch ihre Hoͤrner (f), und
Werkzeuge, womit ſie ihre Nahrung ſuchen, ſehr geſchwin-
de, und es gibt kein ſo traͤges Pflanzenthier, das ſich nicht
beim Beruͤhren zuſammenzoͤge, und ſich wieder ausdehnen,
und ſchmaͤler machen koͤnnte (g). Folglich iſt die willkuͤrliche
Bewegung uͤberhaupt das Merkmal eines thieriſchen Lebens,
wodurch es ſich von dem Pflanzenleben unterſcheiden laͤſſet.
Daher haͤlt man die Saamenthiergen fuͤr wirkliche Thiere,
weil ſie dergleichen Bewegung zu haben ſcheinen, und
weder eine gewiſſe Richtung halten, noch untuͤchtig ſind,
ſich in Acht zu nehmen, noch auf die vorſtehende Gegen-
ſtaͤnde anſtoſſen. Da nun Pflanzen nichts willkuͤrliches an
ſich haben, ſo haben ſie auch keine Muſkeln.
Wir koͤnnen uns nicht in alle thieriſche Bewegungen
hier einlaſſen. Die Phiſiologie hat blos einige, als das
Kaͤuen, Hinabſchlukken, Reden, Atemholen, Auswerfen
des Saamens, Ausleeren des Kotes, und die Bewegung
der
(f)
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(g)
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/218>, abgerufen am 20.11.2024.
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