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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

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III. Abschnitt. Ursachen.
§. 21.
Noch andre Hipotesen.

Jch berüre die übrige Muthmassungen, wodurch man
versucht hat, den Bau der Muskelfaser ausfündig zu ma-
chen, um die Erscheinungen an dem Muskel desto gemäch-
licher zu zergliedern, nur ganz obenhin.

Robert Hooke, dessen Wizz in Erfindung dergleichen
Hipotesen, sehr fruchtbar war, stellte die wechselweise
Bewegung und Ruhe einer Muskelfaser, durch einen
Darm vor, welchen er wie eine Schnekke zog, und einen
geraden Faden daran anbrachte. Blies man den Darm
auf, so ward derselbe kürzer, und schnekkenförmig. War
er leer, so ward der Faden gerade, und der Darm wälzete
sich wieder in eine Schnekke zurükke (t).

Vor kurzem verglich der berümte Krusius die Faser
mit einer Schnekke, in deren Gruben Nervenfäden be-
findlich wären, die die Schnekke verengern, und ein Ge-
wichte aufheben (u).

Vor kurzem trug auch der berümte junge Mann, J.
Friedrich Kühn (x), eine andere Mutmassung vor, welche
nicht nur von der wechselweisen Ruhe eines Muskels, son-
dern auch von dem Unterscheide zwischen den Muskeln,
die dem Willen unterworfen sind, und zwischen den Mus-
keln, die von der blossen Nothwendigkeit regiert werden,
und ausserdem beständig wirken, Rechenschaft gibt. Es
bilden sich daher die Fasern in den willkürlichen Muskeln
zu wechselweisen und geschlängelten Windungen, welche
doch alle einander parallel sind, zwischen welchen die Ner-
venfasern frei durchlaufen. Dahingegen haben die Mus-
keln, welche blos der Notwendigkeit des Reizes gehorchen,

zwar
(t) [Spaltenumbruch] BIRCH T. III. pag. 401.
Dergleichen sagt fast KüHN mot.
musc. momenta praec. p.
28.
(u) [Spaltenumbruch] in phys. germ. pag. 1100.
(x) loc. cit. pag. 32. seqq.
III. Abſchnitt. Urſachen.
§. 21.
Noch andre Hipoteſen.

Jch beruͤre die uͤbrige Muthmaſſungen, wodurch man
verſucht hat, den Bau der Muſkelfaſer ausfuͤndig zu ma-
chen, um die Erſcheinungen an dem Muſkel deſto gemaͤch-
licher zu zergliedern, nur ganz obenhin.

Robert Hooke, deſſen Wizz in Erfindung dergleichen
Hipoteſen, ſehr fruchtbar war, ſtellte die wechſelweiſe
Bewegung und Ruhe einer Muſkelfaſer, durch einen
Darm vor, welchen er wie eine Schnekke zog, und einen
geraden Faden daran anbrachte. Blies man den Darm
auf, ſo ward derſelbe kuͤrzer, und ſchnekkenfoͤrmig. War
er leer, ſo ward der Faden gerade, und der Darm waͤlzete
ſich wieder in eine Schnekke zuruͤkke (t).

Vor kurzem verglich der beruͤmte Kruſius die Faſer
mit einer Schnekke, in deren Gruben Nervenfaͤden be-
findlich waͤren, die die Schnekke verengern, und ein Ge-
wichte aufheben (u).

Vor kurzem trug auch der beruͤmte junge Mann, J.
Friedrich Kuͤhn (x), eine andere Mutmaſſung vor, welche
nicht nur von der wechſelweiſen Ruhe eines Muſkels, ſon-
dern auch von dem Unterſcheide zwiſchen den Muſkeln,
die dem Willen unterworfen ſind, und zwiſchen den Muſ-
keln, die von der bloſſen Nothwendigkeit regiert werden,
und auſſerdem beſtaͤndig wirken, Rechenſchaft gibt. Es
bilden ſich daher die Faſern in den willkuͤrlichen Muſkeln
zu wechſelweiſen und geſchlaͤngelten Windungen, welche
doch alle einander parallel ſind, zwiſchen welchen die Ner-
venfaſern frei durchlaufen. Dahingegen haben die Muſ-
keln, welche blos der Notwendigkeit des Reizes gehorchen,

zwar
(t) [Spaltenumbruch] BIRCH T. III. pag. 401.
Dergleichen ſagt faſt KüHN mot.
muſc. momenta præc. p.
28.
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[175/0193] III. Abſchnitt. Urſachen. §. 21. Noch andre Hipoteſen. Jch beruͤre die uͤbrige Muthmaſſungen, wodurch man verſucht hat, den Bau der Muſkelfaſer ausfuͤndig zu ma- chen, um die Erſcheinungen an dem Muſkel deſto gemaͤch- licher zu zergliedern, nur ganz obenhin. Robert Hooke, deſſen Wizz in Erfindung dergleichen Hipoteſen, ſehr fruchtbar war, ſtellte die wechſelweiſe Bewegung und Ruhe einer Muſkelfaſer, durch einen Darm vor, welchen er wie eine Schnekke zog, und einen geraden Faden daran anbrachte. Blies man den Darm auf, ſo ward derſelbe kuͤrzer, und ſchnekkenfoͤrmig. War er leer, ſo ward der Faden gerade, und der Darm waͤlzete ſich wieder in eine Schnekke zuruͤkke (t). Vor kurzem verglich der beruͤmte Kruſius die Faſer mit einer Schnekke, in deren Gruben Nervenfaͤden be- findlich waͤren, die die Schnekke verengern, und ein Ge- wichte aufheben (u). Vor kurzem trug auch der beruͤmte junge Mann, J. Friedrich Kuͤhn (x), eine andere Mutmaſſung vor, welche nicht nur von der wechſelweiſen Ruhe eines Muſkels, ſon- dern auch von dem Unterſcheide zwiſchen den Muſkeln, die dem Willen unterworfen ſind, und zwiſchen den Muſ- keln, die von der bloſſen Nothwendigkeit regiert werden, und auſſerdem beſtaͤndig wirken, Rechenſchaft gibt. Es bilden ſich daher die Faſern in den willkuͤrlichen Muſkeln zu wechſelweiſen und geſchlaͤngelten Windungen, welche doch alle einander parallel ſind, zwiſchen welchen die Ner- venfaſern frei durchlaufen. Dahingegen haben die Muſ- keln, welche blos der Notwendigkeit des Reizes gehorchen, zwar (t) BIRCH T. III. pag. 401. Dergleichen ſagt faſt KüHN mot. muſc. momenta præc. p. 28. (u) in phyſ. germ. pag. 1100. (x) loc. cit. pag. 32. ſeqq.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/193>, abgerufen am 30.12.2024.